Millionen-Investitionen und Gewerbesteuer Wechselhaftes Jahr 2024 für die Wirtschaft in Unna

Millionen-Neubauten und Gewerbesteuer: Wechselhaftes Wirtschaftsjahr
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Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie – bundesweit muss die Wirtschaft den großen Herausforderungen unserer Zeit entgegentreten. Dabei scheint sie auf der Stelle zu treten: Das Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) erwartet ein leicht sinkendes Bruttoinlandsprodukt (0,1 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr. „Zukunftsfähig und attraktiv“ soll der Wirtschaftsstandort laut der Stadt Unna sein. Mit Erfolg? Ein Rückblick auf die Entwicklungen des Jahres 2024.

Unternehmen investieren Millionen in Unna

Rund 44 Millionen Euro nimmt der Logistikriese Dachser für einen neuen Standort in Unna in die Hand. Im Oktober feierte das Unternehmen den Spatenstich für eine „topmoderne Logistikanlage“ auf der ehemaligen Fläche des VW-Tochterunternehmens Zenda Dienstleistungen an der Max-Planck-Straße im Indupark.

Mit mehr als 70 Millionen Euro dürfte allerdings der Neubau des Stahlspezialisten Zapp an der Hansastraße die größte Investition der jüngeren Vergangenheit sein. In den vergangenen Monaten ist der neue Komplex mächtig gewachsen. Im Frühling 2025 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. In Unna soll unter anderem die Produktion extrem dünner Folien für die Herstellung von OLED-Displays ausgeweitet werden.

Die Luftaufnahme zeigt vor allem die Zapp AG an der Hochstraße in Unna. Im Fokus steht der 70 Millionen schwere Neubau an der Hansastraße.
Die Luftaufnahme aus dem August zeigt die Dimensionen des Neubaus bei der Zapp AG. Die Gewerbeeinheiten mit dem hellgrauen Dach sollen im Frühling in den Betrieb gehen. © Andreas Buck (Archiv)

Darüber hinaus haben weitere Unternehmen in Unna kräftig investiert: Beispielsweise hat Steden Logistics am Hauptsitz an der Max-Planck-Straße für 3,8 Millionen Euro die Lagerkapazitäten erhöht. Auch die Car GmbH und ihr Tochterunternehmen FZT Automotive haben im Indupark neu gebaut. „Wir versuchen die Vertriebsstruktur zu optimieren, das heißt, die Produkte, die von FZT produziert werden, sollen besser an den Kunden gebracht werden“, hatte Car-Geschäftsführer Ulrich Gura erläutert.

Mit Brillux hat sich zudem der nach eigenen Angaben größte Anbieter im Lack- und Farbbereich in Deutschland in Unna erweitert. Und an der Hans-Böckler-Straße stellt sich der Großhändler WM Fahrzeugteile neu auf: Bis zu fünf Millionen Euro fließen aktuell in einen Neubau und die Sanierung des Altstandorts.

Hin und Her beim Möbelriesen

Dem Möbelhaus Höffner wurde nach langem Hin und Her die Ansiedlung in Unna allerdings verwehrt. Politische Gremien hatten sich dabei gegenseitig widersprochen. Es entbrannte ein Streit, in dem es auch um Zuständigkeiten und um rechtliche Feinheiten ging. Am Ende wurde sogar der Kreis Unna als Kommunalaufsicht eingeschaltet.

Am endgültigen „Nein“ zu den Höffner-Planungen änderte das aber nichts mehr. Die Krieger-Gruppe, zu der die Möbelkette gehört, wollte an der Ecke Provinzialstraße/Massener Heide einen Service-Standort mit einem 44 Meter hohen Hochregallager errichten.

Lesertour im April 2024 durch das Amazon-Verteilzentrum in Unna: Mitarbeiter Mohamed Maach erklärt die Abläufe.
Bei der Lesertour im Verteilzentrum Unna hat Amazon-Mitarbeiter Mohamed Maach die Abläufe erklärt. Die Hallen in Alte Heide sind einer von rund 100 deutschen Standorten des wachsenden Onlinehändlers. © Thomas Raulf (Archiv)

Einen spannenden Einblick konnte unsere Zeitung bei einem Branchenführer ermöglichen: Gemeinsam mit Lesern war unser Reporter im Amazon-Zentrum Unna unterwegs. Der Standort ist einer von 60 deutschlandweit. Wie organisiert man bis zu 30.000 Pakete am Tag? Wie werden Mitarbeiter und Fahrer behandelt? Die Tour durch das Amazon-Zentrum lieferte Antworten.


Rund 145 Angestellte arbeiten bei Amazon an der Formerstraße in drei Schichten. Den Standort verlassen täglich 20.000 bis 30.000 Auslieferungen. In mehreren Wellen starten an einem Vormittag bis zu 240 Liefertouren aus dem Verteilzentrum.

Aluwerk erstreitet Rolls-Royce

Das Aluminiumwerk konnte im Sommer aus dem Geschäftsjahr 2023 einen Gewinn von 13,9 Millionen Euro vermelden – Rekord. Dennoch sah sich das Unternehmen vor stürmischen Zeiten: Mit einer eigenen „Akademie“ wollte das Unternehmen Mitarbeiter aus- und weiterbilden und Entwicklungen in Transformation, digitaler Wandel und Klimaschutz begleiten. Doch die chinesischen Eigentümer versagten dem Fünf-Millionen-Projekt die Genehmigung.

Vor Gericht erzielte das Unternehmen allerdings einen Erfolg gegen die Finanzverwaltung des Landes NRW. Diese hatte einen Rolls-Royce Wraith (Neupreis: rund 300.000 Euro) beim früheren Aluwerk-Vorstand Thomas Wiese beschlagnahmt, um eine angebliche Steuerschuld des Unternehmers einzutreiben. Das Aluwerk meldete Ansprüche am Fahrzeug an, das Luxusfahrzeug sei Eigentum des Unternehmens. Das Land NRW verweigerte die Herausgabe. Bis das Landgericht Dortmund urteilte.

Ein dunkelblauer Rolls-Royce wird von einem Abschleppwagen aufgeladen. Das Luxusauto hat ein Unnaer Kennzeichen.
Dieses Foto vom Abtransport des Aluwerk-Rolls-Royce dokumentiert, dass der frühere Dienstwagen von Thomas Wiese wieder im Besitz des Unternehmens ist. © Privat (Archiv)

Gewerbesteuererhöhung fällt moderater aus

In Aufregung versetzte die Wirtschaft in Unna die Planung einer höheren Gewerbesteuer für 2025. Im Frühjahr wollte die Stadt ihren Hebesatz von 481 auf 595 Punkte anheben – und bekam das „Go“ von der Politik. Die Stadt hatte die Erhöhung der Gewerbesteuer mit Erleichterungen bei der Grundsteuer für Unternehmen gerechtfertigt.

Doch so stark wie zunächst befürchtet, wird die Gewerbesteuer im kommenden Jahr nicht steigen. Bereits im April hatte die Stadt dann angekündigt, den Steuersatz auf Firmengewinne nur in geringerem Umfang anzuheben auf 570 Punkte. Hintergrund war ein besonders gutes Finanzergebnis aus dem Jahr 2023 mit einem Rekord bei den Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von insgesamt 50 Millionen Euro. Im November sah die Stadtverwaltung dann noch mehr Anlass für Optimismus, begründete das mit einer guten Wirtschaftslage. Bürgermeister Dirk Wigant kündigte schlussendlich einen Gewerbesteuersatz von 528 Punkten an.