Mehr 30 auf Straßen, dafür Tempo an Unnas Bahnhöfen Grüne fordern Maßnahmen für Verkehrswende

Mehr 30 auf Straßen, dafür Tempo an Unnas Bahnhöfen
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Unabhängig von der jüngsten Auto-Kampagne der Bundes-FDP melden sich Unnas Bündnisgrüne, um vor dem Ende der politischen Sommerpause Tempo in Sachen Verkehrswende einzufordern. Nicht zum ersten Mal lassen sie Ungeduld erkennen, was die Umsetzungsgeschwindigkeit der Unnaer Verwaltung angeht.

Claudia Keuchel, Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat, greift rhetorisch die kürzlich von den Liberalen veröffentlichten Vorschläge für eine autofreundlichere Politik auf und entgegnet: „Freiheit bedeutet für uns auch, dass all jene, die nicht im Auto sitzen, unversehrt ankommen.“

Mehr Sicherheit für schwächere Verkehrsteilnehmer könne an einigen Stellen dadurch erreicht werden, dass der motorisierte Verkehr zum Langsamfahren gezwungen wird. Nach den Sommerferien wolle ihre Fraktion Tempolimits beantragen, kündigt Keuchel an.

Immer wieder müssen Schüler die Iserlohner Straße überqueren. Dort ein Tempolimit einzurichten, erschien aber bisher unmöglich.
Immer wieder müssen Schüler die Iserlohner Straße überqueren. Dort ein Tempolimit einzurichten, erschien aber bisher unmöglich. © Udo Hennes

Tempo 30 für sicherere Schulwege

Sie benennt verschiedene Stellen, an denen unter anderem die Schulwegsicherung wichtig sei. Schon in der Vergangenheit diskutiert wurde Tempo an der Iserlohner Straße nördlich der B1. Hier ist das Ernst-Barlach-Gymnasium. Bisher sei es trotzdem nicht möglich gewesen, für die Iserlohner Straße eine Geschwindigkeitsreduzierung anzuordnen, denn die Schule hat ihren Haupteingang an der Seminarstraße. Doch die Rahmenbedingungen haben sich geändert, und hier sieht Keuchel eine Chance.

Kürzlich wurde eine Änderung des deutschen Straßenverkehrsgesetzes beschlossen. Demnach sollen es Kommunen nun leichter haben, Tempo 30 einzuführen, beispielsweise entlang viel befahrener Schulwege. Nun müsste ein verschärftes Tempolimit auch an der Iserlohner Straße möglich sein.

Tempolimit nicht nur stückweise

Das gleiche gelte für den Kessebürener Weg. Hier war vor allem die Kreuzung mit der Herderstraße unangenehm aufgefallen, als bei einem schweren Unfall eine junge Frau verletzt wurde. Tempo 30 wurde danach tatsächlich angeordnet – aber nur für exakt 80 Meter vor und hinter der Herderstraße. „Was hat das für einen Sinn?“, fragt Keuchel.

Gerade bergab würden viele zum Schnellerfahren verleitet und durch das sehr kurze Tempo-30-Stück vielleicht nicht viele zum Abbremsen. Das langsamere Fahren müsse hier angeordnet werden für die ganze Strecke von der B1 bis zur Ecke Iserlohner Straße. Dass weiter unterhalb am Kessebürener Weg neue Wohnhäuser entstanden sind, spreche auch dafür. „Dass wir über so etwas so lange diskutieren müssen, ist doch traurig“, sagt Keuchel.

Ihr Beispiel Nummer 3 ist in Massen. Die Massener Bahnhofstraße beschreibt zwischen der Kletterstraße und der Bahnunterführung Kurven und eine große Senke, und die Sicht ist teils sehr schlecht. Dass die Stelle gefährlich sei als Teil des Schulwegs, darauf werde sie immer wieder hingewiesen, erklärt die Massener Ratsvertreterin. Es gebe zwar eine Querungshilfe in Höhe der Handwerkstraße, diese werde aber gerade von Schülern nicht unbedingt genutzt. Auch hier soll also langsameres Fahren die Sicherheit erhöhen.

Langsamfahren ist kein Konsens

Es dürften nun einmal mehr politische Tempodiskussionen anstehen in Unna. Die Ausweitung von Tempo 30 ist umstritten, das ergeben auch immer wieder Leserumfragen. Unnas SPD hatte zuletzt Ende 2023 eine Prüfung gefordert, wo in Unna mehr Tempolimits möglichen wären. Schon 2022 wurde in Unna ein Antrag von Grünen und CDU beschlossen, dass die Stadt Unna der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beitritt.

Kritik gibt es aber auch in der Politik. So erinnerte kürzlich im Gespräch der FDP-Fraktionsgeschäftsführer Felix Wesemann daran, dass Tempo 30 sich auch negativ auf die Einsatzzeiten von Feuerwehr und Rettungsdienst auswirken könne. „Das darf man nicht vergessen.“ Und die WfU-Fraktion hatte quasi wieder eine Beschleunigung gefordert: Die Beschränkung von Tempo 30 auf Nachtstunden.

An der Massener Bahnhofstraße in Unna steht eine Frau. Sie zeigt auf eine Querungshilfe in der MItte der Straße.
Leserin Angela Häke hat schon 2019 darauf hingewiesen, dass das Queren der Massener Bahnhofstraße gefährlich sei. Nun rückt Grünen-Fraktionssprecherin Claudia Keuchel das Thema wieder in den Fokus. © Archiv

Endlich mehr Mobilstationen

Wenn Individualverkehr und ÖPNV besser miteinander verknüpft werden können, gilt auch das als Baustein zur Verkehrswende. Grünen-Fraktionssprecherin Claudia Keuchel erklärt vor dem Hintergrund, sie begrüße den Baustart für die Mobilstation in Lünern. „Jetzt muss es damit auch in Massen und Hemmerde weitergehen“, sagt sie. Ein Beschluss, auch an Unnas westlichstem und östlichstem Bahnhof Fahrradstationen einzurichten, eventuell auch Carsharing, ist bereits drei Jahre alt. „Wir freuen uns, nach der Sommerpause von der Verwaltung Vorschläge zu hören“, so Keuchel.

Warten auf Ost-West-Fahrradachse

Dasselbe gelte für das Mobilitätskonzept, das vor den Ferien verabschiedet worden war. Der zuständige Beigeordnete Markus von der Heide habe erste Umsetzungsvorschläge nach der Sommerpause zugesagt.

Auch im Bezug auf Unnas „Ost-West-Fahrradachse“ müsse die Verwaltung liefern. Wie berichtet hatte die Stadt Unna im Juni ein Konzept vorgestellt, mit dem von Massen nach Königsborn eine neue Fahrradstraße eingerichtet würde, allerdings mit einigen Unterbrechungen und Einschränkungen. Auch dieses Projekt, das in von der Heides Verantwortung liegt und seit Jahren diskutiert wird, kommt nicht voran.

Vor den Ferien hatte die Politik abgelehnt, darüber abzustimmen, da das Beschlusspapier zu viele Fragen unbeantwortet lasse. „Wir brauchen Prüfungsergebnisse, auf deren Grundlage wir diskutieren können. So eine Untersuchung fehlt uns“, sagt Keuchel.

Der Afferder Weg soll Teil einer Ost-West-Fahrradachse werden. Das Projekt kommt aber nicht voran.
Der Afferder Weg soll Teil einer Ost-West-Fahrradachse werden. Das Projekt kommt aber nicht voran. © Udo Hennes

Zunächst nur ein Handlungsleitfaden

Auf Anfrage unserer Redaktion beschreibt die Stadtverwaltung, wie es mit dem Mobilitätskonzept weitergehen soll, allerdings noch ohne Zeitplan: Das Konzept sei ein Handlungsleitfaden. Die Durchführung und die Reihenfolge der einzelnen Maßnahmen würden nach und nach dem Ausschuss (ASM) vorgestellt. Im Tiefbauamt werde eine Maßnahmenliste zusammengestellt, anhand derer die Politik eine Priorisierung der Maßnahmen vornehmen soll.