Christoph Tetzner bei einer Ratssitzung. Seit März 2020 soll er überwiegend in Griechenland aufhalten. Nun entzieht ihm die Stadt den Bürgerstatus für Unna.
Politik
Rat wirft Tetzner raus – und stellt sich auf eine Klage ein
Unna stellt sich auf einen Rechtsstreit mit Christoph Tetzner ein. Zusammen mit der Aberkennung des Mandates beschloss der Stadtrat deshalb eine Art „Hausverbot“ für politische Sitzungen.
Dass Gegenwehr droht, macht das Rathaus bereits in einem fünfseitigen Papier deutlich, das den Mitgliedern des Stadtrates für eine Entscheidung über den Fall Tetzner an die Hand gegeben wurde. Tetzner lasse sich im Streit um seinen Einwohnerstatus von einem Rechtsanwalt vertreten. Und dieser habe in einer Anhörung erklärt, dass er die Abmeldung des Lokalpolitikers aus dem Melderegister der Stadt Unna als rechtswidrig ansehe.
Trotzdem zieht Unna die Sache nun durch. Die Stadt betrachtet Christoph Tetzner nicht mehr als einen ihrer Bürger. Der Verlust des Ratsmandates sei nun eine Folge. Und so stellte der Rat der Stadt eben jenen Verlust am Donnerstagabend formell fest - einstimmig bei einer Enthaltung von Tetzners Fraktionspartnerin Petra Weber, die sich für befangen erklärte.
Der Mandatsverlust solle ohne Rücksicht auf etwaige Rechtsmittel sofort zur Anwendung kommen, denn es gebe ein hohes öffentliches Interesse daran, dass Entscheidungen im Rat nicht von jemandem mitbestimmt werden können, der gar nicht mehr die Grundlagen für einen Sitz darin erfüllt. Für den Fall, dass Tetzner vor Gericht zieht, sperrte ihn der Rat zudem „bis zur Unanfechtbarkeit des Beschlusses beziehungsweise bis zur Rechtskraft einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung“ von der Ratsarbeit aus.
Sollte Tetzner also gegen die Aberkennung seines Ratsmandates klagen, so würde er trotzdem nicht mehr an Sitzungen teilnehmen können, bis das letzte Wort in dieser Angelegenheit gesprochen ist. Diese Praxis ist im Kommunalwahlgesetz verankert, die Anwendung dieser Regelung allerdings höchst selten. Wie wichtig gerade dieser Teil des Beschlusses ist, darüber darf auch diskutiert werden: Bislang nämlich hat Tetzner ohnehin erst eine einzige Sitzung des 2020 neu gewählten Stadtrates besucht. Und das ist auch Teil des Fundaments, auf das die Stadt Tetzners Rauswurf aufbaut.
Gute Verbindungen nach Griechenland hat Christoph Tetzner (3.v.l.) bereits seit vielen Jahren. Dieses Bild zeigt ihn zusammen mit der heutigen WfU-Fraktionsvorsitzenden Ingrid Kroll und dem früheren Stadtwerke-Geschäftsführer Prof. Dr. Christian Jänig (2.v.r.) zusammen mit griechischen Gemeindevertretern. © Privat
Detailliert schildert die Stadtverwaltung in ihrem Papier den bisherigen Verlauf des Falles und die Ermittlungen dazu. Sie blickt zurück bis in die Zeit des Wahlkampfes vor der Kommunalwahl. Schon ab etwa März 2020 sei „über Herrn Tetzner bekannt (gewesen), dass er sich häufiger in Griechenland an wechselnden Orten aufgehalten habe“, heißt es. Am 28. August 2020 habe er der Stadt mitgeteilt, dass er seine bisherige Wohnung an der Rahlenbeckstraße aufgegeben habe und dass seine persönlichen Gegenstände in eine neue Wohnung an der Uhlandstraße gebracht worden seien. Wegen der Umstände der Corona-Pandemie und da er sich um die Betreuung seiner Mutter in Griechenland kümmern müsse, habe er dies von Griechenland aus veranlasst. Eine Immobilieneigentümerin aus Unna habe ihm als Wohnungsgeberin eine Einzugsbestätigung ausgestellt. Und auch persönlich habe Tetzner seinerzeit versichert, aus Griechenland zurückzukehren, da Unna für ihn seinen Lebensmittelpunkt darstelle.
Doch Zweifel an diesen Versicherungen rissen nicht ab. Als sich Tetzner kurz nach der Wahl mit seiner bisherigen Partei „Wir für Unna“ überwarf, um die Fraktion „Linke+“ mit zu begründen, trug die WfU den Fall offiziell an die Stadt heran. Doch der Wahlprüfungsausschuss und der Rat wiesen diese Beschwerde zurück, da sie zu jenem Zeitpunkt keine Wohnungsaufgabe feststellen konnten. Aus heutiger Sicht bewertet die Stadt den Sachverhalt anders.
Christoph Tetzner (l.) gehörte zu den Mitbegründern von „Wir für Unna“, kam 2020 als Listenkandidat der lokalen Wählerbündnisses in den Rat, um ihm dann aber umgehend den Rücken zu kehren. © Privat
Hinweise, auf die sich die Stadt dabei stützt: Tetzner hat in der laufenden Wahlperiode erst eine einzige Ratssitzung besucht. Es sei bekannt, dass er auch an Fraktionssitzungen nicht in Präsenz, sondern nur über Datenverbindungen teilgenommen habe. Kontrollbesuche des Ordnungsamtes an seiner vermeintlichen Anschrift in Unna liefen regelrecht ins Leere. Persönlich sei Tetzner dort nicht anzutreffen gewesen. Sein Name habe aber auch nicht auf dem Klingelschild oder dem Briefkasten gestanden. Es habe weiterhin keine Informationen darüber gegeben, dass Tetzner zwischenzeitlich in Unna gesichtet worden wäre.
„Letzte Zweifel“ seien schließlich durch eine Hausdurchsuchung durch die Polizei am 14. Februar ausgeräumt worden, die im Rahmen von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Tetzner durchgeführt worden war. Die Beamten hätten keinerlei Hinweise und Gegenstände vorgefunden, die darauf schließen ließen, dass Tetzner dort wohne. Und: Die Befragung eines Zeugen im Haus habe ergeben, dass dieser einen Herrn Tetzner nicht persönlich kenne und dass ein solcher seines Wissens auch nicht dort wohne.
Der 14. Februar ist damit auch Stichtag für die Entscheidungen der Stadt. Spätestens an diesem Tag sei erwiesen gewesen, dass Tetzner kein Unnaer mehr ist. Damit erfolgte die Abmeldung „von Amtswegen“.
Gegen alle drei Punkte des Ratsbeschlusses – die Feststellung des Mandatsverlustes, ihre sofortige Vollziehung und die Aussperrung aus den Sitzungen – kann Tetzner jedoch Rechtsmittel einlegen.
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