Um sich für die Kommunalwahl aufzustellen, dürfen Unnas Parteien und Wählerbündnisse wieder Versammlungen abhalten. Glücklich scheinen sie nicht mit dieser Entscheidung, weil sie neue Fragen aufwirft.

Unna

, 24.04.2020, 04:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das Abstandsgebot zum Schutz vor einer Coronavirus-Infektion ist faktisch auch ein Versammlungsverbot. Ein grundlegendes Merkmal freiheitlicher Demokratien war in Deutschland über Wochen ausgesetzt, bis das Land NRW eher im Kleingedruckten seiner Verordnungen eine Ausnahme definierte: Politische Versammlungen zum Zweck der Kandidatenaufstellung für die Kommunalwahl am 13. September sind zulässig, wenn die Hygienevorschriften eingehalten werden. Das bestätigte den Fraktionsvorsitzenden in Unna am Montag noch per Telefonkonferenz der Bürgermeister.

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Diese Nachricht hätte für Erleichterung sorgen müssen, hatten doch einige Parteien schon angedeutet, dass ihnen mit Blick auf die nahende Wahl die Zeit davon laufe. Doch so ganz glücklich wirken die wenigsten Parteifunktionäre angesichts der Situation. „Es ist wohl eher ein Versuch, den Wahltermin doch noch künstlich zu retten“, schimpft Klaus Göldner von der Freien Liste (FLU), die die Landesregierung schon mit der Forderung einer Terminverschiebung angeschrieben hat.

Versammlungen brauchen viel mehr Platz als sonst

Die Freigabe für Sitzungen wirft bei den politischen Kräften, die noch keine Kandidaten aufgestellt haben, durchweg die gleichen Fragen auf. Eine nahe liegende ist die nach den zulässigen und überhaupt verfügbaren Räumen.

Kneipen sind geschlossen, ihre Säle aber auch oftmals zu klein. Im Rathaus sind Parteiversammlungen eigentlich nicht zulässig.

Der Bürgermeister habe den Vorschlag in die Runde gebracht, die Stadthalle oder Schulaulen in Betracht zu ziehen. In der Stadthalle soll ab 14. Mai zumindest der Stadtrat tagen können. Grüne und Linke wollen zudem prüfen, ob das Kühlschiff der Lindenbrauerei in Betracht kommt.

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Ältere werden einem Risiko ausgesetzt

Doch damit allein sind noch nicht alle Probleme gelöst. Parteien sind bestrebt, bei ihrer Kandidatenaufstellung einen Querschnitt der Bevölkerung abzubilden, und das bedeutet auch eine Mischung aus Menschen unterschiedlichen Alters. Die älteren Jahrgänge aber zählen in der Corona-Krise zu den gefährdeten Risikogruppen, die den Kontakt zu anderen Menschen besonders gründlich meiden sollten.

Petra Weber von der Linken schildert eine Überlegung, die die Partei zum Schutz dieser Menschen anstellt: Die Einverständniserklärung für ihre Kandidatur könnten sie auch schriftlich erteilen, um dann bei einer Parteiversammlung in Abwesenheit gewählt zu werden. Es wäre eher eine pragmatische Lösung als eine elegante.

Online vorberaten, persönlich abnicken

Die erste Gruppierung, die die Freigabe für Versammlungen genutzt hat, war „Wir für Unna“. Das Bündnis hat sich am Abend nach der Klarstellung des Bürgermeisters in den großzügigen Geschäftsräumen des Bastel- und Künstlerbedarfes Strathoff getroffen und konnte dort die Abstandsregeln umsetzen.

Allerdings hat sich WfU bei dieser Sitzung aufs Wesentliche beschränkt, nämlich tatsächlich auf die Nominierung der 23 Wahlbezirkskandidaten. Eine Reserveliste, die für den Einzug in den Stadtrat vermutlich die größere Rolle spielt, wird nun auf technischen Nachrichtenkanälen diskutiert, um in einer weiteren Versammlung in zwei Wochen lediglich „abgenickt“ zu werden.

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Außer WfU hat es in Unna bislang nur die CDU geschafft, ihre Mannschaft für die Kommunalwahl aufzustellen. Sie hatte sich noch kurz vor der Corona-Sperre in Massen treffen können, um einen Stadtverbandsparteitag abzuhalten.

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Bei der SPD sind zumindest die Kandidatenbenennungen durch die Ortsvereine abgeschlossen. Die offizielle Aufstellung aber erfolgt auf Stadtverbandsebene in einer Delegiertenkonferenz die im Juni laufen soll.

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Die übrigen Parteien und Wählervereinigungen in Unna sind von der Corona-Krise zu Planänderungen gezwungen worden. Die FDP zum Beispiel hatte eine Wahlsitzung für diesen Freitag geplant, die nun gestrichen wurde und vermutlich Ende Mai nachgeholt wird. Rein rechtlich hätten die Liberalen den Termin zwar noch beibehalten können, aber die äußeren Bedingungen für eine sichere Sitzung unter Einhaltung der Corona-Schutzregeln wären wohl so schnell doch nicht zu organisieren gewesen.

Die Bündnisgrünen haben zwar schon Claudia Keuchel als ihre Bürgermeisterkandidatin benannt, doch die Aufstellung der Kandidaten für den Stadtrat steht noch aus. Zumindest gelte dies, was den formellen Akt der Wahl angeht, erklärt Ratsfrau Charlotte Kunert. Untätig waren die Grünen, die sich regelmäßig in Video-Konferenzen austauschen, auch in den zurückliegenden Wochen nicht „Wir haben genügend Interessenten, um eine starke Mannschaft aufzustellen - genügend Frauen und Männer, Erfahrene und Jüngere.“

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