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Mehr Abstand möglich: Corona macht die Stadthalle zum Ratssaal für Unna
Politik
Unna bereitet sich auf eine Wiederaufnahme der politischen Sitzungen vor. Von einer Rückkehr zur Normalität kann aber nicht die Rede sein. Eher ist es ein politischer Notbetrieb, der am 14. Mai anläuft.
Seit März steckt die lokale Demokratie in Unna in der Zwangspause. Gemeinsame Sitzungen der Ratsmitglieder vor Bürgern auf den Zuschauerplätzen wären mit den Abstandsvorschriften für die Bekämpfung der Coronavirus-Ausbreitung nicht vereinbar. Am 14. Mai soll es erstmals wieder eine Ratssitzung geben. Doch für sie werden einige neue Regeln gelten müssen.
Sichtbarste Veränderung: Die Sitzung wird nicht im Rathaus stattfinden, sondern in der Stadthalle. Sie biete mehr Platz und damit die Möglichkeit, Ratsleute, Verwaltungangehörige und interessierte Bürger weit genug auseinander zu platzieren.

Kulturveranstaltungen und Messen wurden in der Erich-Göpfert-Stadthalle gestrichen. Die Teilnehmer und Zuschauer einer Ratssitzung aber sollten in dem Veranstaltungszentrum auf Distanz zu halten sein, hofft die Stadtverwaltung von Unna.
Dem SPD-Vorschlag, den Rat durch abgestimmtes Fernbleiben maßstabsgetreu zu verkleinern, wird Unna vermutlich nicht folgen können. Die Stadt könnte es von sich aus nicht anordnen, müsste auf eine Vereinbarung zwischen den Fraktionen setzen. Da aber neun der 52 Ratsmitglieder keiner Fraktion angehören, ist eine solche Vereinbarung unwahrscheinlich.
Darüber hinaus will die Stadt auch die Zahl der Besucherplätze beibehalten. „Öffentlichkeit ist ein wesentliches Merkmal vom Ratssitzungen“, erklärt Stadtsprecher Oliver Böer. Allerdings müssten sich Zuschauer künftig registrieren lassen. Sollte unter den Teilnehmern und Gästen der Ratssitzung im Nachhinein eine Covid-19-Erkrankung geben, hilft es beim Verfolgen der Infektionsketten, wenn man genau weiß, wer sich im Saal aufgehalten hat.
Inhaltlich wird sich der Stadtrat zunächst mit Dingen befassen, die von einer besonderen Dringlichkeit sind. Ein sicherer Kandidat für die Tagesordnung, die am 5. Mai verschickt wird, ist eine Mitteilungsvorlage zur Eishalle. Was Zeit hat, wird vermutlich nur dann auf die Agenda kommen, wenn es sich um ein Thema mit absehbar geringem Diskussionsbedarf handelt.
Zuschauer einlassen, aber nicht anlocken
Themen, die ein besonders großes Interesse in der Öffentlichkeit erzeugen, sollen möglichst zurückgestellt werden, solange keine Frist zu verstreichen droht. Auch wenn der Besuch der Ratssitzung als Zuschauer grundsätzlich erlaubt bleibt, will Unna den Bürgern möglichst wenig Grund geben, leibhaftig in die Stadthalle zu kommen.
Begrenzt bleibt daher auch die Zahl der Sitzungen. Die Fachausschüsse des Rates werden weiterhin ruhen. Und von einem festen Sitzungsrhythmus des Rates selbst ist auch noch nicht auszugehen.
Gleichwohl kehrt die Stadt zu einer Entscheidungsfähigkeit zurück, die in den vergangenen Wochen nicht gegeben war. Ohne Sitzungen des Stadtrates waren nur Dringlichkeitsentscheidungen möglich. Die Gemeindeordnung lässt bei Eilbedürftigkeit auch Beschlüsse durch den Hauptausschuss oder durch den Bürgermeister in Gemeinschaft mit nur einem Ratsmitglied zu, wenn der Rat sie nachträglich bestätigt.
Angewandt wurden diese Notlösungen zweimal: Die formelle Rücknahme des bereits genehmigten Einkaufssonntags zum ebenfalls abgesagten Westfalenmarkt und die Beitragsbefreiung für Kindergärten und Ganztagsgrundschulen im April musste Verwaltungschef Werner Kolter mit Dringlichkeit entscheiden. Im Allgemeinen scheint sich Unnas Bürgermeister aber mit diesem Instrument schwer zu tun. „Für eine kommunale Selbstverwaltung brauchen wir den Rat als Entscheidungsgremium. Er hat die breiteste demokratische Basis“, erklärt Kolters Referent Oliver Böer.
Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.
