Zwischen Schonung der Bürger und Klagerisiko Stadt Unna vor Entscheidung zur Grundsteuer

Stadtrat zwischen Schonung der Bürger und Klagerisiko
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Der Hebesatz für die Grundsteuer B muss angepasst werden. Im Zuge der Grundsteuerreform gilt das für alle Kommunen, wollen sie kein millionenschweres Loch in ihre Haushalte reißen. Die Frage, in welchen Umfängen Bürger und Unternehmen künftig zum Steueraufkommen beitragen sollen, wird in Unna anders beantwortet als in den meisten anderen NRW-Städten.

Unna gehört zur Minderheit

Vier von fünf Kommunen in Nordrhein-Westfalen wollen keine unterschiedlichen Grundsteuer-Hebesätze für Wohngrundstücke und Nicht-Wohngrundstücke einführen. Das ist laut kürzlich veröffentlichter Mitteilung des Städte- und Gemeindebundes NRW das Ergebnis einer Blitzumfrage.

Unna wird sehr wahrscheinlich zu den 20 Prozent gehören, die es anders machen: In Unna soll, wie berichtet, ab Januar unterschieden werden, ob auf einem Grundstück überwiegend gewohnt wird oder ob es überwiegend für gewerbliche Zwecke genutzt wird.

Das Wohnen soll mit dem bisher geltenden Hebesatz von 843 Punkten besteuert werden, Gewerbeimmobilien hingegen mit dem fast doppelten Satz: 1.679.

Michael Strecker, Kämmerer der Stadt Unna
Michael Strecker, Kämmerer der Stadt Unna © Stadt Unna

In der Nachbargemeinde Holzwickede beispielsweise soll es einen erhöhten, einheitlichen Satz geben. Kommunen, die so entscheiden, begründen dies vor allem mit dem Klagerisiko: Unternehmen könnten gegen höhere Hebesätze vor Gericht ziehen.

Auch in Unna sind sich Bürgermeister Dirk Wigant und Kämmerer Michael Strecker dieses Risikos bewusst, wie sie erklärten. Sie argumentieren aber mit Gerechtigkeit, wofür sie zuletzt vom Hauptausschuss Rückendeckung bekommen haben. Man wolle Wohnnebenkosten stabil halten. Und in der Gesamtbetrachtung ergebe sich keine Mehrbelastung der Steuerpflichtigen, heißt es aus dem Bürgermeisterbüro.

Klagerisiko zu hoch – oder nicht

Der Vergleich mit Städten im Umland zeigt, zu welch unterschiedlichen Bewertungen Stadtoberhäupter und Kämmerer kommen – und vielleicht auch, welche Unsicherheit herrscht. Die Stadt Unna verweist aktuell etwa auf die große Nachbarstadt Dortmund, die sehr wahrscheinlich ähnlich verfahren und den Steuersatz „splitten“ wird.

In der Kreisstadt des Nachbarkreises Soest hingegen hatte der Hauptausschuss kürzlich für einen einheitlichen Steuersatz (übrigens 781 Punkte) gestimmt. In Soest hatte ein Schnellbrief des Städte- und Gemeindebundes die Entscheidung untermauert.

Denselben Brief hat auch die Unnaer Stadtverwaltung erhalten, wie Sprecher Kevin Kohues bestätigte. Aber die Unnaer Kämmerei interpretiert ihn anders. Daraus ergebe sich „aus Sicht der Kreisstadt Unna keine neue Lage“, erklärt Kohues. In Unna berufe man sich auch auf eine Einschätzung des NRW-Finanzministeriums.

Ein Grundsteuerbescheid vor einem Computerbildschirm
Grundsteuer (Symbolbild) zahlt im Grunde jeder. Immobilienbesitzer bekommen einen Steuerbescheid aus dem Rathaus. Mieter zahlen ihren Anteil an der Steuer über die Miete. © picture alliance/dpa

Rückstellung bilden – oder nicht

Beispiel Fröndenberg: Dort soll ähnlich wie in Unna Gewerbe mit einem höheren Satz besteuert werden als Wohnen. Fröndenbergs Kämmerer Heinz-Günter Freck allerdings geht mit dem Klagerisiko anders um: Er hatte erklärt, es müssten im Haushalt Rückstellungen gebildet werden für den Fall, dass die Stadt eingezogene Grundsteuern zurückzahlen muss.

In Fröndenberg müsse mit 500.000 Euro pro Haushaltsjahr gerechnet werden, die zurückgezahlt werden müssten, sollte die Stadt vor Gericht verlieren. „Unterliegen wir, spielen wir alles zurück – mit Zinsen“, wird Freck zitiert. Plant Frecks Kollege in Unna nun in ähnlicher Weise für den Ernstfall? Die Antwort ist nein. Es werde keine Rückstellung gebildet, so Stadtsprecher Kohues.

Rat entscheidet

Das letzte Wort hat der Stadtrat. Die Neuregelung der Grundsteuer steht auf der Tagesordnung der letzten Sitzung des Jahres: an diesem Donnerstag (12.12.) um 16 Uhr im Rathaus.