Mit Video: Claudia Keuchel (Grüne) setzt auf den „Blick fürs Ganze“
Bürgermeisterwahl Unna
Erste grüne Bürgermeisterin Unnas möchte sie werden - und dafür nimmt Claudia Keuchel ganz Unna in den Blick. Dabei ist sie drauf und dran, eine echte Massenerin zu werden.

Den Blick aufs Ganze hatte Claudia Keuchel beim Interview mit unserer Redaktion definitiv: Die Bürgermeisterkandidatin der Grünen schlug die Dachterrasse des Katharinenhofes als Ort für das Gespräch vor. © Anna Gemünd
Wenn man einen Massener fragt, ob er Unna oder Massen als seine Heimat bezeichnen würde, ist die Antwort immer: „Massen natürlich!“ Eine Antwort, die bei einer Frau, die Bürgermeisterin von ganz Unna werden will, taktisch unklug wäre. Dabei wohnt Claudia Keuchel seit zwei Jahren in Massen - und kann nicht leugnen, dass sie sehr gerne dort lebt.
Die 53-Jährige, die für die Grünen ins Rennen um den Chefsessel im Rathaus geht, löst das Dilemma diplomatisch. „Der Anfang ist gemacht, ich glaube, ich bin auf dem besten Weg, Massenerin zu werden“, lacht sie. Unnas westlichster Stadtteil hat es ihr angetan; beim Spazierengehen am Massener Bach entspannt die Kulturreferentin.
Dackel Eddie hält sie auf Trab
So gesehen könnte es auch ein klein bisschen an Eddie liegen, dass Claudia Keuchel Massen so mag. Der zwölfjährige Dackelmix treibt sie mindestens zweimal am Tag hinaus. „Menschen mit Hund leben gesund, das kann ich definitiv bestätigen. Durch Eddie komme ich regelmäßig zu Bewegung.“
Über mangelnde Bewegung sollte sich die Grünen-Kandidatin eigentlich nicht beklagen dürfen: Als Kulturreferentin arbeitet sie bei der Stadt Gelsenkirchen, moderiert in Unna Veranstaltungen wie den Seniorentag und spielt nebenbei Fußball in einer Damenmannschaft.
Chancengleichheit - auch beim Fußball
Der Fußball ist es auch, aus dem ihr politisches Engagement für Gleichberechtigung und Chancengleichheit herrührt. Genauer gesagt: Es war die Tatsache, dass Claudia Keuchel als Mädchen in den 70er-Jahren nicht bei den Jungs im Fußballverein mittrainieren durfte - „weil Mädchen das nicht machen.“ „Das hat mich so geärgert und irgendwie seitdem nicht mehr losgelassen, dass es nicht die gleichen Chancen für alle gibt“, erzählt Keuchel. Fairer Zugang zu Teilhabe, Bildung und Arbeitsmarkt - diese Themen kommen in Claudia Keuchels Wahlkampf nicht von ungefähr. „Ungerechtigkeit hat mich schon immer genervt.“

Claudia Keuchel bei der Demo gegen den Ausbau des Flughafens Dortmund Mitte Juli. Die 53-Jährige wohnt in Massen und damit dem Ortsteil, der am meisten von einer Verlegung der Landeschwelle betroffen wäre. © Udo Hennes
Auch sehr gestört hat sie, die trotz einer Stunde Anfahrt nach Gelsenkirchen nie über einen Ortswechsel nachgedacht hat, das, was sie über ihre Heimatstadt Unna in den vergangenen Jahren in der Zeitung lesen musste. „Ich habe im wahrsten Sinne des Wortes erst die Zeitung aufgeschlagen und danach die Hände über dem Kopf zusammen“, sagt sie und nennt Beispiele: „Der Schulstandort am Hertinger Tor, die Mühle Bremme, die Innenstadt - da muss die Politik wieder näher an die Menschen heranrücken.“
Politikverdrossenheit ärgert sie
Als die Unnaer Grünen sie vor gut einem Jahr fragten, ob sie sich vorstellen könnte, für sie als Bürgermeisterkandidatin anzutreten, war sie dann doch erst überrascht: „Ich habe es im ersten Moment für einen Witz gehalten. Dann habe ich mich gefragt, was passiert, wenn ich das mache und es nicht klappt. Das war schnell klar: Das ist ein Wettbewerb, dem ich mich da stelle und wenn es nicht klappt, klappt es nicht.“ Ins Stutzen kam sie, als sie merkte, dass sie sich viel länger mit der Frage beschäftigte, was passiert, wenn es klappt. „Und da habe ich gemerkt: Jetzt will ich das auch versuchen. Jetzt will ich es machen und na klar, auch gewinnen.“
Die „Politikverdrossenheit“, die sie in Unna beobachtet haben will, ärgert sie. „Das darf so nicht bleiben. Politik ist für mich nicht Parteipolitik, sondern Gesellschaftspolitik.“ Der Blick aufs Ganze ist das, was Claudia Keuchel im Hinblick auf die Stadtgestaltung etablieren will. „Man muss öfters mal die Perspektive wechseln“, sagt die Unnaerin, die fast Massenerin ist und Bürgermeisterin werden will.