Am 15. Februar 1845 gab der aus Barmen stammende Buchhändler Friedrich Wilhelm Rubens die erste Ausgabe des Hellweger Anzeigers in der Stadt Unna sowie in den umliegenden Dörfern heraus. Nach über 170 Jahren hat sich vieles, aber nicht alles verändert. Wie alle Generationen zuvor auch möchte der Zeitungsverlag Rubens täglich die Menschen in der Region mit aktuellen und hintergründigen Nachrichten versorgen.
von Volker Stennei
Unna
, 18.06.2018, 14:32 Uhr
/ Lesedauer: 3 min
Unaufhörlich spült die Brandung neue Informationen an den Strand. Flache und meterhohe Wellen wechseln sich ab, Sturm und Windstille geben den Takt der Nachrichten vor. Nie gleichmäßig. Nie vorhersehbar. Stets fordernd. Manchmal auch bedrohlich. Wer sich ohne Respekt den Naturgewalten aussetzt, nimmt Schaden. Angst aber lähmt. Sie ist ein schlechter Begleiter, blockiert den Verstand. Medienmacher sind ständig auf hoher See: Ihr Arbeitstag – nie planbar. Ihr Auftrag: Abstand halten. Informationen sammeln. Nachrichten bewerten. Zu einer Ausgabe zusammenbauen, für den Leser verständlich und nutzbringend zubereiten. So war es vor 170 Jahren. Und genauso ist es heute in der digitalen Epoche des Nachrichtengeschäftes.
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hellwegeranzeiger.de – Wir machen Heimat seit 1845
Der heutige Leitsatz unseres Wirkens beinhaltet den Anspruch „Zu jeder Zeit, an jedem Ort.“ Die Möglichkeiten, Nachrichten zu transportieren, haben dramatisch an Geschwindigkeit gewonnen. Jeder zehnte Leser bezieht heute schon seinen Hellweger Anzeiger in der digitalen Ausgabe. Tendenz: stark steigend. Und doch sind die Grundpfeiler unverändert. Unsere Produkte leben nicht vor allem von der Aktualität, sondern ganz besonders von der Glaubwürdigkeit.
Vom Nachrichtenübermittler zum Nachrichtenerklärer
Themen, die wir aufgreifen, müssen relevant sein. Nur interessant zu sein, reicht nicht aus. Dabei haben wir damit umzugehen, dass die Definition, was für die Menschen relevant ist, eine fließende geworden ist. Seriös, und doch unterhaltsam. Kompetent, aber eben für jeden verständlich. Vielfältig im Themenangebot, und damit Wegweiser im Nachrichtenmeer. Wir verändern uns vom reinen Nachrichtenübermittler zum Nachrichtenerklärer. Unser Auftrag: Wir machen keine Politik, sondern begleiten sie konstruktiv-kritisch und stets mit der notwendigen Distanz. Wir wissen um die Verantwortung, im Lokalen Prozesse anzutreiben ebenso wie analytisch hinterfragend das Wirken der Bundesregierung zu begleiten. Aber wir sind immer nur dabei und machen uns nicht gemein. Demut vor der Macht ist das Wichtigste, was unsere Volontäre gleich am ersten Tag ihrer Ausbildung lernen. Ständig lauern Gefahren und Verlockungen. Versuche von Einflussnahme auf die Redaktion sind täglich festzustellen. Sie verpuffen.
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Geschichte Zeitungsverlag Rubens
18.06.2018
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1845 Mit Erlaubnis der königlich- preußischen Regierung bringt Friedrich Wilhelm Rubens am 15. Februar erstmals den Hellweger Boten in der 5.000 Einwohner zählenden Stadt Unna sowie in den umliegenden Dörfern heraus.
1848 Die Zeitung, die bis dahin einer strengen Zensur unterworfen war, darf erstmals auch über das politische Geschehen berichten. Der Hellweger Anzeiger vom 22. März trägt die Schlagzeile „Die Zensur ist aufgehoben!“.
1880 Friedrich Wilhelm Rubens errichtet sein Privathaus an der Wasserstraße 20. In den darauf folgenden Jahren entsteht daran angrenzend das neue Verlagshaus. Die Auflage der Zeitung beträgt zu dieser Zeit über 3.000 Exemplare.
1906 In der Druckerei wird eine 16-seitige Rotationsmaschine aus dem Hause Koenig & Bauer installiert. Mit ihr wird es möglich, 16 Zeitungsseiten in einem Durchgang bei einer Leistung von 12.000 Zeitungen pro Stunde zu drucken.
1923 In der Inflationszeit wird unter strengster Polizeiüberwachung tagsüber und nachts neben der Zeitung sogenanntes Notgeld im Nennwert von Milliarden und Billionen in der Verlagsdruckerei an der Wasserstraße gedruckt.
1926 An der Wasserstraße 20 wird mit einer grundlegenden Erweiterung und Aufstockung des Verlagsgebäudes begonnen, um dem deutlich gestiegenen Platzbedarf für Mitarbeiter und Maschinen Rechnung zu tragen.
1929 In der Druckerei wird eine zeitgemäße 16-seitige Rotationsmaschine des Fabrikats Vomag aufgestellt. Darüber hinaus werden zur weiteren Automatisierung der Zeitungsproduktion moderne Linotype-Setzmaschinen installiert.
1933 Die Machthaber des Dritten Reiches führen die Zensur ein und schalten die Presse gleich. Auch der Hellweger Anzeiger ist davon betroffen und kann nicht mehr frei und überparteilich über die Geschehnisse berichten.
1945 Wegen der herannahenden Kriegsereignisse wird das Erscheinen der Zeitung am 7. April eingestellt. Am 11. April wird Unna von den Alliierten eingenommen. Der Hellweger Anzeiger darf vorerst nicht mehr erscheinen.
1946 Der Verlag Rubens gibt die Amtlichen Bekanntmachungen für den Kreis Unna heraus. Im Zuge des Drucks von Zeitschriften und Büchern namhafter Verlage aus ganz Deutschland wird die Druckerei weiter ausgebaut.
1949 Am 26. Oktober erscheint der Hellweger Anzeiger erstmals wieder als freie, unabhängige und überparteiliche Tageszeitung. Das Verbreitungsgebiet der Zeitung wird nach Norden auf Kamen und Bergkamen ausgeweitet.
1952 Zum Ausbau des überregionalen Anzeigengeschäfts wird eine Vermarktungseinheit mit dem Westfälischen Anzeiger in Hamm und dem Soester Anzeiger gegründet. Die Federführung der Kooperation liegt bei Rubens.
1962 Eine 32-seitige Rotationsanlage mit angeschlossenen Farbaggregaten, die ursprünglich im Dienst des Berliner Ullstein-Verlages stand, übernimmt nach fachgerechter Aufarbeitung den Druck des Hellweger Anzeigers.
1964 Aufgrund des gestiegenen Platzbedarfs und der nicht mehr vorhandenen Ladeflächen durch die Errichtung des Verkehrsrings wird der technische Betrieb in das Industriegebiet West an der Rudolf-Diesel-Straße verlagert. Noch heute befindet sich hier das Druckzentrum mit seinen riesigen Papierrollen.
1977 Als erste deutsche Tageszeitung führt der Hellweger Anzeiger ein elektronisches Satzsystem ein, das den alten Bleisatz ablöst. Auf der „DRUPA 77“ wurde das Harris-System vorher dem interessierten Fachpublikum vorgestellt.
1978 Am 1. September wird eine 32-seitige Offset-Rotation des Typs Express von Koenig & Bauer, mit der erstmals volle Vierfarbigkeit im Druck erzielt werden kann, in Betrieb genommen. Es handelt sich dabei um die Premiere des Modells.
1995 Der Hellweger Anzeiger feiert sein 150-jähriges Bestehen. Eine 68-seitige Jubiläumsbeilage im Vierfarbdruck enthält die Chronik der Verlagsgeschichte sowie Grußworte von Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Rau.
1996 Im Juni wird eine neue Offset-Rotationsmaschine des Typs Journal aus dem Hause Koenig & Bauer in Unna in Betrieb genommen. Mit ihr wird die Produktion von 16 Seiten im Vierfarbdruck in nur einem Durchgang möglich.
1997 Eine moderne Weiterverarbeitungsanlage von Ferag für die simultane Einsteckung von bis zu sechs Beilagen und den automatisierten Zeitungsversand schließt vorläufig die Großinvestitionen in der Druckerei Rubens ab.
2003 Das vom Verlag Rubens neu entwickelte Wochenmagazin MonTakt feiert Premiere im Lesermarkt. Die Zeitung wird kostenlos an über 90.000 Haushalte in Unna, Kamen, Bergkamen, Fröndenberg und Holzwickede verteilt.
2009 Der Verlag Rubens erwirbt das Wochenmagazin Sonntagskurier in Lünen. Nach einem optischen Relaunch erscheint der Titel im handlichen Tabloid-Format mit einer Auflage von über 90.000 Exemplaren im nördlichen Kreisgebiet.
2010 Als eine der ersten Tageszeitungen überhaupt ist der Hellweger Anzeiger täglich mit einer digitalen Ausgabe auf dem iPad vertreten. Bereits nach kurzer Zeit wird das neue Angebot von zahlreichen Abonnenten genutzt.
2015 Vor 170 Jahren erschien mit dem Hellweger Anzeiger aus dem Hause Rubens die erste Unnaer Tageszeitung. Der Verlag feiert das Jubiläum mit einer 80 Seiten starken Sonderveröffentlichung.
Dank des Internets leben wir endlich im tatsächlichen Zeitalter der Massenkommunikation, die keine Grenzen mehr kennt. Informationen, nicht mit Nachrichten zu verwechseln, sind rund um die Uhr verfügbar. Ob der Unfall um die Ecke, die Verpflichtung eines neuen Stürmers beim BVB oder eine Naturkatastrophe am anderen Ende der Welt – soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter saugen alles auf, machen es verfügbar. Ich bin davon überzeugt, dass die Bedeutung von echten Orientierungsmarken, wie professionelle Angebote von Verlagen es sein können, in Zukunft sogar wachsen wird – weil die Menschen Hilfe gern in Anspruch nehmen werden, um mit der unendlichen Informationsflut, die über sie hinwegschwappt, klarzukommen. Gut ausgebildete Redakteure sortieren das Weltgeschehen, bieten vielfältige Hintergrundinformationen. Sie stehen für Glaubwürdigkeit. Damit kreieren sie trotz und gerade wegen der schnelllebigen Zeit nach wie vor das wichtigste und zuverlässigste Informationsmedium. Nur eben auf mehreren Kanälen. Für das gedruckte wie für das online verbreitete Wort gilt bei uns aber gleichermaßen: Es muss wahr sein. Korrekt recherchiert, sorgfältig bewertet und klug aufbereitet. Sensation um jeden Preis ist nicht unser Ding.
Über allem steht die Wahrhaftigkeit
In der Abschlusskonferenz geht es um alles, kritische Blicke wandern über jede Seite: Was auf einer Zeitungsseite steht, ist journalistische Qualität. Durchdacht, wohl formuliert trotz aller Hektik, nicht nur für den Moment gedacht.
Dank des Internets ist ein zweiter Ausgabenkanal hinzugekommen: Hier die Zeitungsseite als klar strukturiertes Ausgabeformat, auf der zu einem Zeitpunkt gebündelt durchdachte Themen zum Leser transportiert werden. Und neu der digitale Online-Kanal, durch den zu jeder Zeit neue Nachrichten zum Kunden fließen können. Sie können bei jeder Veränderung blitzschnell angepasst, mit zusätzlichen Dokumenten angereichert werden – und dennoch dürfen wir dabei nicht der Verlockung der zu schnellen, also nicht mindestens doppelt abgesicherten Nachrichtenübermittlung erliegen.
Die schnelle, oberflächliche Nachricht verbreiten können andere besser als wir. Unsere Aufgabe ist es, Nachrichten zu erklären, die Menschen auf dem Weg in die gesellschaftlichen Diskussionsprozesse mitzunehmen. Wir müssen Lust machen auf Themen und Sachverhalte. Unaufgeregt, aber neugierig. Vorurteilsfrei, aber aufgeklärt. So erledigen Journalisten seit Generationen ihre Arbeit im Verlag Rubens. Unser Anspruch ist es, hochprofessionell zu arbeiten. Jeden Tag. Für sieben Ausgaben in der Woche und ständige Angebote im digitalen Ausgabekanal. Dabei bleiben wir bei unseren Leisten. Unsere Welt sind die Nachrichten, unsere Werkzeuge die Sprache in Wort und Bild.
Die Welt ist vielfältiger, in vielen Teilen auch komplizierter geworden. Journalismus ist wie die Oper. Man liebt sie. Oder man hasst sie. Dazwischen gibt es nichts. Wir lieben Journalismus. Deshalb betreiben wir ihn mit Verstand – und Herz. Wenn wir jeden Morgen auf unseren Leuchtturm emporsteigen, wissen wir nie, wie und wann der Abend endet. Wir möchten Ihnen Orientierung bieten, das unendliche Meer voller Nachrichten fest im Blick. Gerüstet für Stürme und Orkane.