Die Frage, ob ein Bücherschrank auf dem neuen Innenstadt-Platz an der Schulstraße aufgestellt werden soll, erscheint zunächst gar nicht so kompliziert. Aber inzwischen beschäftigte das Thema die Politik im Unnaer Stadtrat schon über eineinhalb Jahre – ohne Ergebnis. Und ohne ein unkonventionelles Einschreiten einer Politikerin würden fruchtlose Debatten sich wohl fortsetzen.
Parkplatz wird Minette-Pötter-Platz
„Reallabor“ hieß das Planungs- und Beteiligungsprojekt zur Umwandlung des früheren Parkplatzes an der Schulstraße. Inzwischen gibt es für den neuen Platz auch einen Namen. Der Kulturausschuss hat im Oktober beschlossen, dass er „Minette-Pötter-Platz“ heißen soll. Auf dem Gelände sollen für eine Viertelmillion Euro inklusive Fördermitteln eine Fahrrad-Parkstation und ein dauerhafter Spielplatz angelegt werden.
Bücherschrank-Idee für Schulstraße
Eine weitere Idee für die Fläche liegt bereits seit März 2023 auf dem Tisch, hat aber bisher nicht Eingang in die Planung gefunden. Ratsfrau Petra Weber (Die Linke) schlug vor mehr als eineinhalb Jahren die Errichtung eines Bücherschranks vor. Im jüngsten Bauausschuss kam es nun zur Beratung darüber. Sie hätte sich gewünscht, dass ihr Projekt Teil der Kalkulation für die Platzgestaltung geworden wäre, sagte Weber. Rund 3000 Euro soll das öffentlich zugängliche Büchertauschregal kosten.
Weber hatte sich um einen Kostenvoranschlag gekümmert und versichert, dass es neben ihr selbst genügend weitere ehrenamtliche Helfer gebe, die den Schrank aufräumen und warten würden. Vergleichbare Anlagen gibt es in Unna inzwischen an mehreren Orten. Deswegen ist auch der Aufwand bekannt. Ein Bücherschrank sei „eine schöne Sache, bedeute aber auch viel Arbeit“, erklärte Bärbel Risadelli (Wir für Unna), die in ihrem Ortsteil Mühlhausen-Uelzen ein solches Projekt betreut.

Problem an der Schulstraße: Der Rat habe die weitere Platzgestaltung beschlossen, bei den Beratungen habe sich der Bücherschrank-Vorschlag aber wohl „ausgeschlichen“, erläuterte Kämmerer Michael Strecker. Wobei dieses Projekt auch nicht uneingeschränkten Rückhalt in der Politik hat. Beatrix Wieczorek (CDU) deutete an, dass die Stadtbücherei nebenan sei, dies sei „nur ein Gedanke“.
Die Bücherei habe aber „auch viel geschlossen“, entgegnete Simone Hackenberg (Bündnis 90/Die Grünen). Montags und sonntags sei die Stadtbücherei nicht geöffnet, da sei ein Bücherschrank also als Ergänzung „ganz hilfreich“.
Finanzmittel anderweitig gebunden
Aber wie soll dieses Projekt bezahlt werden? Die Antragstellerin schlug vor, dafür städtische Finanzmittel einzusetzen: Geld, das sie wie die Ratsfraktionen für Geschäftsführungsarbeiten bekommt und nicht verbraucht. Dies allerdings sei nicht möglich, stellte sich in der Sitzung heraus. Es gibt einen Ratsbeschluss: Verbrauchen Fraktionen diese Gelder nicht, gehen sie an den City-Werbering. Die Mittel sind also gebunden, auch in Webers Fall. Die Entscheidung für den Bücherschrank werde nun „schwierig“, sagte Renate Nick (SPD) als Ausschussvorsitzende.
Vizebürgermeisterin zahlt zur Not selbst
Nun standen viele Fragezeichen im Raum. Es drohte ein weiteres Vertagen dieses Themas, das seit dem Frühjahr 2023 bereits viermal auf der Tagesordnung politischer Sitzungen gestanden hat, bis Simone Hackenberg einen Ausweg mit einer pragmatischen Hintertür vorschlug: Es sollten Sponsoren für den Bücherschrank gewonnen werden. „Und wenn wir da niemanden finden, würde ich mich bereit erklären, die Kosten zu übernehmen.“ Ihre Motivation erklärte die stellvertretende Bürgermeisterin so: „Ich würde da gerne einen Strich drunter ziehen.“
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