
© Klaus-Dieter Hoffmann
Dominique Horwitz und eine Menge Leidenschaft beim ersten Corona-Konzert in Kamen
Neue Philharmonie Westfalen
Abstände im Zuschauerraum und ein kleineres Ensemble beim Sinfoniekonzert in der Konzertaula. Und dennoch herrschte lockere und leidenschaftliche Stimmung. Auch ein Star stand auf der Bühne.
Corona hielt den Beginn der neuen Konzertsaison am vergangenen Mittwochabend nicht auf. Sicherheitsmaßnahmen erlauben 200 Besucher, die die Aula über drei Eingänge betreten; Konzertstühle auf dem Podium stehen in angemessener Distanz, eine kleine Besetzung muss für das erste Sinfoniekonzert der neuen Saison genügen.
Das emotional extreme Thema „Himmelhoch jauchzend...“ gestalten Rasmus Baumann und die Neue Philharmonie entsprechend mit Musik, die bei gleicher Thematik unterschiedlicher nicht sein könnte. Den ersten Teil des Konzerts nimmt Beethovens komplette Schauspielmusik zu Goethes Drama „Egmont“ op. 84 ein.
Schauspieler Dominique Horwitz in der Konzertaula Kamen
Schon deren Ouverture lässt die Dramatik des Geschehens ahnen; das erläutert Schauspieler Dominique Horwitz gekonnt mit verbindenden Texten von Heinz Enke nach Goethe und die markante Sopranistin Dorin Rahardja ergänzt mit zwei Liedern Goethes: „Die Trommel gerühret“ sowie „Freudvoll und leidvoll, gedankenvoll sein“.

Auch das Ensemble auf der Bühne war kleiner als sonst. Auch hier gelten während der Corona-Krise besondere Regeln. © Klaus-Dieter Hoffmann
Dramatik, Leidenschaft, ungezügelte Wildheit und unbändiger Freiheitswille der von den Spaniern unterdrückten Niederlande sind Ausdruck dieser Musik, aber ebenso die warme Empathie mit Klärchens Suizid und Egmonts Freiheitsvisionen, die zum Schluss seine Hinrichtung überstrahlen. Schon hier überzeugen alle Aufführenden mit Authentizität unter Baumanns souveränem Dirigat.
Musik, Texte und Lieder lockern die Intensität des „Egmont“ etwas, obwohl die schwache Besetzung der Aula die Musik „präsenter“ erscheinen lässt. Sich in die Musik hineinbegeben, in ihr all das Ungesagte spüren, Gefühle miterleben und ihre exzentrische Breite in Tempo und Dynamik wahrnehmen, das ermöglicht Robert Schumanns Sinfonie Nr. 2 C-Dur op.61.
Langer Applaus für einen fulminaten Auftakt in die Saison
Eine Reverenz an Beethoven, den Schumann im Finale ausladend zitiert, ist diese Sinfonie weitaus mehr als nur dramatische Musik! Wenn sie denn so leidenschaftlich gespielt wird wie an diesem Abend!

Die Zuschauer der Konzertaula saßen wegen der Corona-Pandemie mit Abstand zueinader. © Klaus-Dieter Hoffmann
Als freue sich die Neue Philharmonie über die Möglichkeit, vor dem dankbaren Publikum zu spielen, sind die ersten beiden Sätze voll unbändigen Vorwärtsdrängens, atemlos mitreißend unter dem lebhaften Dirigat Baumanns, der das Scherzo mit lyrischen Intermezzi gnadenvoll beseelt und das „Adagio espressivo“ zum tiefen, unmittelbaren, akustischen Miterleben macht, das das „Allegro molto vivace“ mit seiner begeisternden Intensität und nie nachlassendem Schwung noch überhöht. Lang anhaltender rhythmischer Applaus ist der Dank für einen fulminanten Auftakt der Saison.
Hygienekonzept für die Konzertaula
Nach dem Konzert zieht die Stadt Kamen als Hausherr der Konzertaula eine positive Bilanz. „Die Leute hungern danach“, sagt die Beigeordnete Ingelore Peppmeier. Das von der Stadt Kamen aufgestellte Hygienekonzept für die Konzertaula habe sich bewährt.