Lametta und Schokolade mit Personenschutz: Weihnachten in den Sechzigern
Weihnachten
Der Weihnachtsbaum wurde mit einem Seil gesichert, er war voller Lametta und als Bescherung gab es Obst. Erinnerungen an Weihnachtsfeste, die noch ganz anders abliefen als heutzutage.

Als die Fotos noch Schwarz-Weiß waren und die Menschen ärmer, haben sich die Kinder noch über kleinere Dinge gefreut, weiß der Vater unserer Redakteurin (links im Bild) zu berichten. © privat
„Wir haben den Baum vorher nur draußen gesehen, mein Onkel war Forstarbeiter und hat ihn selbst geschlagen.“ Die Eltern meines Vaters haben den Weihnachtsbaum dann nachts geschmückt, damit die Kinder ihn nicht vor dem ersten Weihnachtstag zu sehen bekommen.
Ein gemeinsames Schmücken Wochen vor Weihnachten gab es damals nicht – während heutzutage schon Anfang Dezember die ersten Christbaumkugeln vom Dachboden geholt werden.
„Das war früher undenkbar“, erzählt mir mein Vater, als ich ihn frage, wie seine Familie früher Weihnachten gefeiert hat. Wenn wir unsere Geschenke ausgepackt haben, beschrieb er stets, was er damals bekommen hat und dass wir uns glücklich schätzen sollten, so reich beschenkt zu werden. Aber wie genau wurde denn damals eigentlich gefeiert? Das hat er mir jetzt endlich erzählt.
Das Wohnzimmer wurde für Weihnachten extra geheizt
Nicht nur das Schmücken des Weihnachtsbaumes lief anders ab als heute, sondern auch die Bescherung selbst. Die gab es nämlich nicht am 24. Dezember – der Tag, der für mich eigentlich immer das richtige Weihnachten war.
„Jesus wurde doch erst in der Nacht zum 1. Weihnachtstag geboren. Eigentlich feiern wir alle zu früh“, sagt Papa. Als er ein kleiner Junge war – also in den Sechzigern – wurde an Heiligabend das Haus geputzt. Erst am 25. Dezember feierte die Familie Weihnachten. Und wie!

Früher war mehr Lametta – hier der Beweis . © privat
„Wir konnten die ganze Nacht nicht schlafen vor Aufregung“, schildert er. Als er und seine fünf Geschwister dann am nächsten Morgen ins Wohnzimmer durften, sahen sie endlich den reich geschmückten Baum, der übrigens in einer wackeligen Vase stand und zusätzlich mit einem Seil gesichert werden musste. „Der Schmuck war komplett Silber. Und es gab deutlich mehr Lametta. Das kriegt man heutzutage ja kaum noch“, sagt Papa (und ich bin ehrlich gesagt froh, dass er keins gefunden hat.)
Das Wohnzimmer wurde für dieses besondere Ereignis extra geheizt. „Man war nicht jeden Tag im Wohnzimmer. Es wurde nur zur Kommunion und an Weihnachten geheizt“, erinnert er sich. Doch das Schönste war für ihn und seine Geschwister damals freilich weder der Baum noch das warme Wohnzimmer, sondern natürlich die Geschenke. In diesem Punkt sind Kinder von früher und heute eben doch gleich.
Die Tafel Schokolade wurde behütet wie ein Schatz
Die Geschenke allerdings nicht. „Für jeden stand auf dem Tisch jeweils ein Pappteller mit Nüssen, einer Mandarine, einem Apfel und einer Tafel Schokolade – die war der größter Hammer.“ Jedes Kind hatte exakt die gleichen Dinge auf dem Teller, denn sonst hätte es Streit gegeben. „Und die Tafel Schokolade wurde streng bewacht, damit kein anderer sie wegnimmt.“
Außerdem gab es für jeden noch eine besondere Kleinigkeit. „Ich habe mal ein Feuerwehrauto bekommen. Das war was.“ Auch Kleidung lag manchmal unter dem Baum – ebenfalls ein Highlight, denn über das Jahr hinweg gab es so etwas nicht.

Der Vater unserer Redakteurin bei seiner Kommunion: Nur zu solchen Anlässen wurde das Wohnzimmer angeheizt. © privat
Den ganzen Tag wurde dann bewacht, gespielt, gut gegessen (alles aus dem eigenen Garten oder Stall) und natürlich ging es auch zur Kirche. „Es war schöner als heute, obwohl es weniger Geschenke gab“, sagt Papa.
Er habe sich das ganze Jahr auf diese Tafel Schokolade gefreut. Das kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, denn davon sind wir heute weit entfernt. Schokolade bekommt man schließlich zuhauf für wenig Kleingeld.
Das ist schön, aber irgendwie auch schade. Mein Vater weiß noch, wie es ist, etwas richtig zu schätzen. Ich würde zu dem Moment, in dem die Kinder das Wohnzimmer betreten haben, am liebsten mal eine Zeitreise machen und die glänzenden Augen meines Vaters und seiner Geschwister erleben. Nur auf das Lametta kann ich gut und gern verzichten.