Unna ist auf dem Weg zurück in die Wohnungsnot

Mieten steigen

Dass günstige Wohnungen schwer zu finden sind, ist bekannt. In Unna aber wird es immer schwieriger, überhaupt eine Wohnung zu finden. Der Markt ist wie leer gefegt. Wer eine Bleibe hat, behält sie.

Unna

09.05.2019, 16:10 Uhr / Lesedauer: 2 min
Eines der wichtigsten Neubauprojekte zurzeit in Unna ist das künftige „Parkquartier“ an der Potsdamer Straße.

Eines der wichtigsten Neubauprojekte zurzeit in Unna ist das künftige „Parkquartier“ an der Potsdamer Straße. © Marcel Drawe

Ein gewisses Maß an Leerständen gehört zu einem gesunden Wohnungsmarkt dazu. Wenn sich Vor- und Nachmieter nicht gleich die Klinke in die Hand heben, wenn der Vermieter dazwischen sogar in die Substanz seiner Räume investiert, dann wären zwei bis drei Prozent Leerstand normal. In Unna liegt die Quote deutlich darunter - und sie fällt seit Jahren. Zuletzt registrierten die Stadtwerke, dass über nur 1,3 Prozent ihrer Stromzähler keine Energie mehr fließt. Ein klares Indiz für die Wohnungsnot.

Genauer genommen sind es verschiedene Nöte, die den Wohnungssuchenden in Unna treffen. Überhaupt eine Bleibe zu finden, ist schwierig genug. Doch es mangelt auch an Wohnungen bestimmter Bauart. Und zunehmend mangelt es auch an Wohnungen fürs knappe Budget.

Die SPD-Fraktion lud nun zu einer Podiumsdiskussion ein und bot dabei einige der anerkanntesten Experten zum Thema auf: Werner Neumann, über 30 Jahre lang Bereichsleiter bei der Stadt, schien für einen Abend aus dem Ruhestand zurückzukehren. UKBS-Geschäftsführer Matthias Fischer und der Bau- und wohnungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Volkan Baran halfen bei der Einordnung der Unnaer Gegebenheiten ins große Ganze.

In Unna gibt es rund 17.000 Mietparteien

Rund 30.000 Wohnungen gibt es in Unna. Zwischen 41 und 44 Prozent - dieser Wert ist durch die Zensusmethode verzerrt - gehören ihren Bewohnern. Der Rest ist vermietet. Und wie die Statistiken zeigen, sind diese Wohnungsbestände alles in allem voll.

Gäste einer Podiumsdiskussion im ZIB: Unnas langjähriger Bereichsleiter „Wohnen“ Werner Neumann, SPD-Fraktionschef Volker König, die Landtagsmitglieder Volkan Baran und Hartmut Ganzke sowie UKBS-Geschäftsführer Matthias Fischer (v.l.).

Gäste einer Podiumsdiskussion im ZIB: Unnas langjähriger Bereichsleiter „Wohnen“ Werner Neumann, SPD-Fraktionschef Volker König, die Landtagsmitglieder Volkan Baran und Hartmut Ganzke sowie UKBS-Geschäftsführer Matthias Fischer (v.l.). © Marcel Drawe

Bei näherem Hinsehen fällt auf, dass Angebot und Nachfrage auch in ihrer „Bauart“ nicht zusammenpassen - nicht mehr. Die Drei-Zimmer-Wohnung als klassische Familienunterkunft etwa sei in Unna überproportional vorhanden, erklärte Werner Neumann. Doch die Lebensverhältnisse ändern sich. Die Menschen werden älter, suchen dann barrierefreie Wohnungen und wollen sich kleiner setzen. Und ob Single-Leben, Scheidung oder Tod des Partners: Immer mehr Menschen leben allein.

Uneinheitlich ist die Entwicklung bei der Zahl der Kinder: Manche Paare entscheiden sich gegen sie oder belassen es bei einem. Andererseits gibt es auch wieder mehr Großfamilien. Unterm Strich sinkt aber die Haushaltsgröße: Zuletzt wohnten in einer Unnaer Wohnung durchschnittlich 2,0 Menschen. Trotzdem listet Neumann im Katalog der zu knapp angebotenen Wohnungsarten für Unna neben Single-Nestern, Wohnungen mit Betreuungsangebot und Mehr-Generationen-Projekten auch Wohnungen für Großfamilien auf.

Erwartet hatten Experten eher ein Leerstandsproblem

Die Entwicklung überrascht. „Vor zehn Jahren hätte man meinen können, in Sachen Wohnungsbau müsse nichts mehr getan werden“, blickt SPD-Fraktionschef Volker König zurück. „Aber wer heute plötzlich mobil werden muss, wer vor einem Umzug steht, der entdeckt die Lücken im Paket.“

Hatten Demografen seinerzeit noch ein schnelles Schrumpfen der Bevölkerung vorausgesagt, erkennen sie heute, dass weiterhin auch Kinder geboren werden. Unna merkt dies auch bei der Schulentwicklungsplanung. Am Wohnungsmarkt kommt hinzu, dass der Raumbedarf der Menschen wächst. Zwei Singles auf 50 Quadratmetern besetzen meist mehr Fläche als ein Ehepaar mit vergleichbaren Ansprüchen.

Wo das bestehende Angebot so stark nachgefragt wird, weisen die Preise tendenziell nach oben. Das Problem auslaufender Mietpreisbindungen lässt zunehmend die einfachen Marktmechanismen laufen.

Der 2018 neu aufgestellte Mietspiegel deckt es auf. Insgesamt sind die Mieten in Unna demnach in zwei Jahren um 3,2 Prozent gestiegen. Auffällig dabei: Bei den an sich günstigen Wohnungen der Baujahre 1949 bis 1965 fiel der Aufschlag mit 6,25 Prozent überdurchschnittlich aus. Dennoch gibt es zwischen älteren und jungen Wohnungen in Unna erhebliche Preisunterschiede. Den Erstbezug eines Neubaus bezahlen Mieter mit mehr als acht Euro pro Quadratmeter.

Dabei gehört Unna zu den Kommunen, die zumindest den Durchschnittspreis für Neubauten künstlich im Zaum halten. Wer der Stadt ein Grundstück abkauft, um es in ein Wohngebiet zu verwandeln, der verpflichtet sich inzwischen dazu, 25 Prozent der Wohneinheiten nach den Regeln des sozialen Wohnungsbaus zu errichten.