Es ist ein regnerischer Herbsttag. In Dr. Coen´s Ring-Apotheke an der Bahnhofstraße in Unnas Innenstadt herrscht Hochbetrieb. Bis auf dem Gehweg stehen die Kunden unter ihren Regenschirmen Schlange.
„Die Erkältungssaison hat begonnen und auch die Corona-Infektionszahlen steigen wieder“, erklärt Apotheker Dr. Matthias Coen den Andrang. Doch für viele Patienten werde es aufgrund zunehmender Lieferengpässe immer schwieriger, ihre Medikamente zu bekommen.
Medikamentenmangel schon jetzt
Das Problem der Medikamentenknappheit, das in den vergangenen Tagen bundesweit für Aufsehen gesorgt hat, ist in Unna offenbar längst angekommen. Apotheker Matthias Coen hält einen dicken Stapel Papier hoch. „Auf dieser Liste stehen rund 500 Medikamente, die momentan nicht verfügbar sind“, sagt er.
Schon jetzt seien einige Antibiotikasäfte für Kinder nicht mehr lieferbar. Seit mehreren Monaten fehle das Asthmamittel Salbutamol. „Wenn es Anfang Oktober schon so aussieht, wie soll es dann während der Hauptinfektionszeit im Winter werden?“, fragt sich der Apotheker.
Hinzu komme, dass nicht nur Erkältungsmedikamente knapp werden, sondern auch Arzneimittel zur Behandlung von chronischen Krankheiten. „Teilweise bekommen Patienten mit Diabetes oder Epilepsie keine Folgepackungen mehr“, beschreibt Matthias Coen das Ausmaß des Problems.

Für die Mitarbeiter in der Unnaer Apotheke bedeuten die Lieferengpässe einen erheblichen Mehraufwand. „Wir müssen ständig nach Alternativen suchen“, erklärt Matthias Coen. Dafür stehen er und seine Kollegen dauerhaft mit den Arztpraxen seiner Kunden in Kontakt. „Solche Prozesse fressen einfach sehr viel Zeit.“
Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen bleibt wirkungslos
Dass es in deutschen Apotheken zu Lieferengpässen kommt, ist nicht neu. Deshalb hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) 2023 das sogenannte Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungsgesetz auf den Weg gebracht.
Neben einem Frühwarnsystem für Engpässe sieht das Gesetz gelockerte Preisregelungen vor, durch die wieder mehr Arzneimittel nach Deutschland verkauft werden sollen. Außerdem soll Europa als Produktionsstandort für Pharmaunternehmen attraktiver werden.
Apotheker Matthias Coen hat seit der Einführung des Gesetzes jedoch keine Verbesserung gemerkt - im Gegenteil. „Es wurden zum Beispiel überhaupt keine Anreize für Unternehmen geschaffen, in Deutschland zu produzieren“, ärgert sich der Apotheker. Wie es in Zukunft weitergehen soll, weiß er nicht. Fest steht für ihn: „So dramatisch wie jetzt war es noch nie.“
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