„Gott sei Dank hatte ich einen Helm auf...“ Angelika Hoferichter kann dem Vorfall vom 3. August dieses Jahres sogar noch etwas Positives abgewinnen. Dabei wurde sie schwer verletzt. Noch immer kann sie nicht arbeiten. Wäre das vermeidbar gewesen? Forderungen, dass an der Engstelle etwas für die Sicherheit unternommen wird, sind jedenfalls schon mehrere Jahre alt.
Antrag schon von 2020
Es war im August 2020, als der damalige Ortsvorsteher Gerhard Heckmann auf die Gefahrenstelle nördlich der Eisenbahnunterführung hinwies. Es sei schon zu einigen Beinahe-Unfällen gekommen, erklärte Heckmann damals. Er hatte sich an die Stadt Unna und Straßen NRW gewandt und unter anderem Markierungen vorgeschlagen, damit Autos und querende Radfahrer nicht kollidieren. Was außerdem beim Ortstermin vor vier Jahren auffiel, war die marode Straßenoberfläche. „Seitdem ist leider gar nichts passiert“, sagt Hans-Martin Berg, Heckmanns Nachfolger. Umso verärgerter ist er nun, dass genau an der Stelle jemand zu Schaden gekommen ist.

Radfahrerin stürzt auf die Straße
„Irgendwo hat es mir den Lenker weggerissen“, erinnert sich Angelika Hoferichter. Sie war an dem Augustmorgen wie üblich mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit in Unna. Aus Kessebüren kommend müssen Radfahrer vor der Bahnunterführung auf der rechten Straßenseite fahren, dann nach links queren, um auf den Radweg zu wechseln. Autos fahren in beiden Richtungen über die Straße und viele nicht besonders langsam, wie Ortsvorsteher Berg bestätigt. Möglicherweise war Angelika Hoferichter an dem Morgen so sehr darauf bedacht, nicht mit etwaigen Autos zu kollidieren, dass sie zu wenig auf die Straßenoberfläche geachtet hat. Die Straße besteht hier aus Schlaglöchern, Asphaltflicken und Kanten. Die Radfahrerin geriet in der Straßenmitte plötzlich aus dem Gleichgewicht und stürzte auf ihren Arm. Es kam schnell Hilfe, aber das Unglück war passiert – ein Bruch mit langwierigen Folgen. „Ich habe jetzt ganz viel Metall im Ellbogen“, berichtet die Kessebürenerin.
Radfahrer ohne Schutz
„Hier muss etwas passieren“, fordert Hans-Martin Berg. Er benennt mehrere Probleme neben dem maroden und gefährlichen Asphalt. Kanten am Anfang beziehungsweise Ende des Radwegs aus Unna sind zwar abgesenkt, aber vorhanden. Trifft ein Fahrradreifen eine solche Stelle in zu spitzem Winkel, kann es auch dort zum Sturz kommen. Aktuell mache Herbstlaub alles noch gefährlicher.
Und: Von Unna aus können Radfahrer auf dem Geh- und Radweg weiter durch die Unterführung fahren. Der Weg sei dafür aber eigentlich zu schmal. Kommt beispielsweise ein Fußgänger mit Kinderwagen von vorn, würde dieser womöglich zu spät gesehen.
Auch darauf weist Berg hin: Da es keine durchgehende Führung für den Radverkehr gibt, müssten Radler vom Dorf bis zur Unterführung zweimal die Straßenseite wechseln. Dabei hätten sie keinerlei Schutz wie etwa einen Fahrradschutzstreifen.

Ideen: Spiegel und Schilder
„Man könnte hier mit geringem Aufwand viel für die Sicherheit schaffen“, sagt Hans-Martin Berg. Er schlägt einen Verkehrsspiegel vor, damit die Situation auf der jeweils anderen Seite der Unterführung übersichtlicher wird. Außerdem sollten Fahrrad-Hinweisschilder vor der Engstelle installiert werden. Es gäbe sogar welche ganz in der Nähe, wo sie längst überflüssig seien, meint Berg. Entlang der Fröndenberger Straße beziehungsweise des Kessebürener Wegs wurde vor Jahren nach langen Planungen ein Radweg ausgewiesen, sodass Radler dort eben nicht mehr die Straße queren müssen. Trotzdem wird immer noch mittels Verkehrszeichen auf Radfahrer hingewiesen. An der Risikostelle kurz vor dem Dorf aber fehlen solche Schilder nach Bergs Einschätzung.
Problem ins Mobilitätskonzept verschoben
Im Stadtrat war der Antrag des Alt-Ortsvorstehers Heckmann seinerzeit nicht weiter verfolgt worden. Vielmehr wurde das Thema in das städtische Mobilitätskonzept aufgenommen. In dessen Endbericht steht zum Thema „Queren auf freier Strecke“ unter anderem eine „Markierungslösung“ und unter Zeitrahmen: „bis 2027“. „Das dauert mir zu lange“, sagt der aktuelle Ortsvorsteher Berg.
Was also unternimmt die Stadt Unna? „Die schwierige Situation für Radfahrende an dieser Engstelle ist der Kreisstadt Unna bewusst. Sie steht dazu im Austausch mit Straßen NRW als zuständigem Straßenbaulastträger, um gemeinsam Lösungen für eine Verbesserung der Situation herbeizuführen“, erklärte die Stadt nun auf Anfrage unserer Redaktion. Die Stadt als Straßenverkehrsbehörde habe das Aufstellen von Warnschildern für Radfahrende angeordnet. Aufstellen müsse sie Straßen NRW. Den geforderten Verkehrsspiegel könne die Stadt nicht anordnen, „da es sich nicht um ein Verkehrszeichen handelt“.

„Schilderwald“ vermeiden
Straßen NRW bestätigt die rechtliche Bewertung von Spiegeln und erklärt, diese seien ohnehin erfahrungsgemäß „wenig geeignet, die Verkehrssicherheit positiv zu beeinflussen“. Zusätzliche Beschilderung wird es aber auch nicht geben. Eine Straßen-NRW-Sprecherin erklärt, mehr Schilder halte man „nicht für sinnvoll, da sich zu den ohnehin vorhandenen Schildern vor der Brücke ein ,Schilderwald‘ ergeben würde“. Die Sprecherin ergänzt: „Alle Verkehrsteilnehmenden müssen hier aufgrund der Gegenverkehrsproblematik ohnehin langsam fahren.“
Als Unfallhäufungsstelle sei die Landesstraße in diesem Bereich nicht bekannt. Die Ortsvorsteher-Vorschläge kenne man aber bei Straßen NRW, und es habe auch einen Vor-Ort-Termin mit Kollegen der Straßenmeisterei und der zuständigen Fachabteilung gegeben, heißt es aus der Pressestelle des Landesbetriebs.

Sanierung für 2025 angekündigt
Hoffnung gibt es allerdings, was die Schlaglöcher betrifft. Die Straße stehe auf einer Unterhaltungsliste, erklärt die Sprecherin von Straßen NRW. Sie kündigt an: „Im Frühjahr 2025 soll – so der aktuelle Stand – die Fahrbahn nördlich der Unterführung auf rund 500 Metern saniert werden.“
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