Um einen Sitz im Rat der Stadt Unna besetzen zu können, muss man Bürger der Stadt Unna sein. Ob Ratsherr Christoph Tetzner diese Voraussetzung erfüllt, prüft nun die Staatsanwaltschaft.
Christoph Tetzner zählt im Rat der Stadt Unna zu den Mitgliedern mit vergleichsweise geringer Vor-Ort-Präsenz. Seit der Kommunalwahl im September 2020 ist die Teilnahme an einer einzigen Sitzung belegt. Erst Anfang Juli 2021 kam Tetzner nach Unna, um sich nachträglich als Ratsmitglied verpflichten zu lassen – gut ein halbes Jahr nach den meisten Mitstreitern im Gremium.
Dass Tetzner sein Mandat mit nur geringer persönlicher Anwesenheit ausübt, hat ihm bereits zu Beginn der aktuellen Ratsperiode Argwohn eingebracht. Sogar der Wahlprüfungsausschuss befasste sich mit der Frage, ob Christoph Tetzner eigentlich ein Unnaer ist – beantwortete diese Frage aber mit einem „Ja“. Inzwischen aber befasst sich mit dieser Frage auch die Staatsanwaltschaft Dortmund.
Die Behörde führt ein Ermittlungsverfahren mit dem Verdacht auf Wählertäuschung gemäß Paragraf 107 des Strafgesetzbuches. Eine solche läge vor, wenn Tetzner eben nicht Bürger der Stadt wäre, dies aber kaschiert hätte. Und genau dieser Vorwurf steht im Raum.
Hintergrund ist, dass Tetzner sich regelmäßig und für längere Zeiträume in Griechenland aufhält. Selbst seine Wahl in den Stadtrat erlebte er seinerzeit in Abwesenheit. Damals führte er Reisebeschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise als Grund dafür an, dass sich eine Rückkehr nach Unna mehrfach verzögerte. Tetzner beteuerte aber damals, ein Unnaer zu sein und sich auch als Unnaer zu sehen, sein Mandat im Rat daher im Interesse aller Bürger wahrzunehmen.
Was Zweifel an Tetzners Darstellung genährt hat, war seine Wohnsituation. Während des Wahlkampfes 2020 hatte er persönliche Umbrüche erfahren, die in eine Aufgabe seiner bisherigen Wohnung mündeten. Tetzner musste sich aus Griechenland darum kümmern, eine neue Bleibe zu finden. Eine befreundete Familie bescheinigte schließlich gegenüber der Stadt, den Fernpendler bei sich aufgenommen zu haben. Das reichte für die Prüfung durch den Wahlprüfungsausschuss, wird aber von der Staatsanwaltschaft nun hinterfragt.
So hat es inzwischen sogar eine Hausdurchsuchung bei Tetzners Wohnungsgebern gegeben. Auf Beschluss eines Richters prüften die Ermittler dabei, wie es um die räumlichen Gegebenheiten bestellt sei und ob es von daher glaubhaft sei, dass die Adresse seiner Freunde auch als Tetzners Hauptwohnsitz dienen könne.
Tetzner selbst weilt zurzeit wieder in Griechenland, war von unserer Redaktion aber telefonisch zu erreichen. Er bestätigt, dass es ein Ermittlungsverfahren gebe, wolle sich aber auf Rat seines Anwalts nicht zu dem noch laufenden Verfahren äußern. Zu seinem politischen Wirken erklärte er, dass er bald wieder nach Unna zurückkehren und an Sitzungen teilnehmen werde, ohne dies aber genau festlegen zu können.
Unklar ist, warum die Zweifel an Tetzners Wohnsitznahme überhaupt zu einem Fall für die Staatsanwaltschaft geworden sind. Grundsätzlich denkbar sind dafür zwei Auslöser: eine Anzeige gegen Tetzner oder Ermittlungen auf Eigeninitiative der Staatsanwaltschaft.
Tetzner (l.) zählte zu den Gründern von „Wir für Unna“. Die Initiative sah sich zunächst als Bürgerverein, der gesellschaftlich bedeutsame Projekte außerhalb politischer Strukturen organisieren wollte, wurde dann aber selbst zum Wählerbündnis, dem bei der Kommunalwahl 2020 vier Sitze im Rat zufielen. © Privat
Der Ausgang des Verfahrens scheint derzeit noch offen zu sein. Er kann aber Folgen für Tetzner und für die Politik in Unna haben. Tetzner war bei der Wahl als Listenkandidat des Wählerbündnisses „Wir für Unna“ in den Rat eingezogen, überwarf sich mit seinen Mitstreiterinnen aber schon kurz danach. Als der Rat der Stadt zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrat, hatte die WfU daher nur noch drei anstelle der erhofften vier Stimmen.
Christoph Tetzner schloss sich derweil Petra Weber an. Sie war für „Die Linke“ als einziges Mitglied in den Rat gekommen, konnte nun aber zusammen mit Tetzner die Fraktion „Linke plus“ gründen. Sollte Tetzner sein Mandat aberkannt werden, würde der Sitz wieder an „Wir für Unna“ zurückgehen, „Linke plus“ hingegen den Fraktionsstatus verlieren.
Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.