Wirtschaft
Billigkram und Plastikmüll: So sieht Unna die neuen Läden am Alten Markt
Tedi als Deichmann-Nachfolger und NKD als Neuzugang – das Preisgefüge am Alten Markt tendiert abwärts. Handelsexperten bemühen sich, den Ansiedlungen Gutes abzugewinnen. Kunden sind kritischer.
Chinesischer Billigkram, Plastikmüll, Mist – es sind drastische Worte, mit denen Leser die Nachricht von den Neuansiedlungen am Alten Markt auf Facebook kommentieren. Dass Immobilieneigentümer Jörn Gurlitt den Auszug von Deichmann mit einem Umzug von Tedi kompensiert, um dort NKD aufrücken zu lassen, scheinen viele Unnaer als Enttäuschung aufzunehmen.
Sie hätten sich wohl etwas Höherwertigeres oder Originelleres gewünscht. Für die Attraktivität des Standortes in Unna seien diese Neuvermietungen kein Gewinn. Und zum großen Thema der Nachhaltigkeit passe das Handelsangebot im Niedrigpreisektor doch auch nicht.
Größter Vorteil: Kein Leerstand
Die Reaktionen von Handelsexperten fallen etwas differenzierter aus. „Das ist natürlich nicht das, was man sich wünscht. Mehr Individualität und höherwertige Waren wären toll gewesen“, sagt auch Thomas Weber vom City-Werbering. „Aber Angesichts der Schwierigkeiten, zurzeit überhaupt Flächen neu zu belegen, kann man vielleicht auch sagen: Besser so als Leerstand! Eine neue Nutzung für das C&A-Gebäude zu finden, wenn die dort ausgezogen sind, wird Unna noch genug Probleme bereiten.“
Auch Thomas Schäfer, Geschäftsführer des Handelsverbandes in Dortmund, betont, es sei „alles besser als ein Leerstand“ – um dann nachzuschieben: „Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn es da etwas höherwertiges gegeben hätte. Unna hätte das verdient, denn die Stadt ist immer noch ein starker Standort, der dem Handel ein attraktives Umfeld bietet. Man sollte aufpassen, dass durch solche Entscheidungen kein Abwärtstrend losgetreten wird.“
Thema Nachhaltigkeit: Die Moral stirbt am Regal
Die beiden Handelsfachmänner sehen in der Entwicklung aber auch einen Spiegel des Kundenverhaltens. „Man darf das nicht kleinreden“, sagt Schäfer: „Es gibt einen Bedarf an solchen Geschäften, sonst würden sie nicht so stark expandieren. Wir reden heute viel von Nachhaltigkeit auch im Konsum, aber dann sehe wir: Spätestens am Regal stirbt die Moral.“ Der City-Werberings-Vorsitzende Weber befürchtet angesichts der Inflation sogar, dass die Menschen in Zukunft noch preissensibler werden.
Vermieter Jörn Gurlitt erklärt den Ringtausch in seinen beiden Immobilien am Alten Markt mit wirtschaftlichen Gründen. „Man muss halt sehen, wo man bleibt“, sagte er. Immerhin ist ihm ein nahtloser Übergang gelungen, der Unna einen Leerstand erspart. Deichmann hat zwischen dem letzten Handelstag am Markt (1. Juli) und der Neueröffnung in der Mühle Bremme (7. Juli) ein enges Zeitfenster für den Umzug. NKD will im heutigen Tedi-Laden vielleicht Anfang, spätestens Mitte September den Betrieb aufnehmen. In dem Zeitraum dazwischen wird Tedi seine neuen Räume übernehmen, herrichten und beziehen. Termine seien zurzeit aber noch nicht bekannt, erklärt Tedi auf Anfrage.
Ortsvorsteherin Ines Nieders-Mollik sieht auch Versäumnisse bei der Stadt Unna: Sie könne und müsse die Handelsentwicklung in der Innenstadt begleiten, um Vermietern Alternativen zur „Tedi-Lösung“ aufzuzeigen. © privat
Unnas Ortsvorsteherin Ines Nieders-Mollik erklärte, sie sei „verärgert“ angesichts dieser Entwicklung. Der Adressat ihres Unmutes aber ist nicht der Vermieter oder eines der Unternehmen. Sie sieht Versäumnisse bei der Stadt Unna. „Zeichen dafür, wie sich die Innenstädte wohl entwickeln, gibt es schon seit Jahren. Die gab es auch schon vor der Pandemie. Aber die Wirtschaftsförderung in Unna scheint sich einfach nicht darum gekümmert zu haben. Nun sehen wir, dass Städte wie Kamen oder Schwerte, deren Innenstädte bei weitem nicht so gut aufgestellt waren wie unsere, Konzepte aufstellen und damit an uns vorbeiziehen“, sagt die bündnisgrüne Ratsfrau.
Billigheimer haben ihren Platz – aber nicht in 1a-Lage
Läden aus dem Niedrigpreissegment hätten zwar ihre Berechtigung, sollten aber nicht dort konzentriert werden, wo sie eine 1a-Lage mit Hinterhofcharakter überziehen. Auch wenn die Auswahl von Mietern Sache der Immobilieneigentümer ist, sei eine Stadt nicht hilflos: Sie könne beraten, überzeugen, vernetzen und neue Lösungen aufzeigen. Unna sollte die Immobilieneigentümer der Handelslagen an einen runden Tisch bekommen, gegebenenfalls auch externen Sachverstand für eine Begleitung einkaufen.
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