
Ein Vergleich der Entwurfsgrafik für das Einkaufszentrum „Neue Mühle“ mit der Wirklichkeit: Bänke und Beete fehlen. Ob die Sitzmöbel noch folgen, ist unbekannt. Die Beete aber gibt es definitiv nicht. © Architekturbüro Michael Deterding / Sebastian Smulka
Irreführende Verkaufe: Die Mühle Bremme im Grün-Grau-Vergleich
Innenstadt
Hat Unnas Politik gewusst, welche Wirkung das neue Einkaufszentrum auf dem Mühle-Bremme-Gelände für das Bild der Innenstadt haben würde? Ein ansonsten eher kritischer Bürger weckt Zweifel daran.
Holger Zühlke steht nicht im Verdacht, Entscheidungen in der Stadt Unna unkritisch hinzunehmen. Wenn er etwas für falsch oder verbesserungswürdig hält, schaltet sich der Uelzener ein – etwa in Leserbriefen an die Zeitung oder mit Anträgen ans Rathaus. Oft beschreibt er „die Stadt“ dann als Verantwortliche, wenn etwas im Argen liegt. Eine Kritik am neuen Einkaufszentrum auf dem Mühle-Bremme-Gelände aber nimmt die Stadt in gewisser Weise auch in Schutz, zumindest in gewissen Grenzen.
Wer nämlich die Frage aufwirft, ob die Verantwortlichen in der Stadt gar nicht gewusst hätten, was für ein Bauwerk sie da genehmigen, müsse möglicherweise mit einem „Nein“ als Antwort leben, erkennt Zühlke an.
Denn zumindest bei flüchtiger Kenntnisnahme hat sich auch den Mitgliedern des Stadtrates einmal eine andere Vorstellung von dem Projekt geboten, als dann umgesetzt wurde. Zühlke hatte sich noch einmal mit den Planunterlagen für das Projekt befasst und war dabei auch auf die fotorealistischen Grafiken aus dem Architekturbüro von Michael Deterding gestoßen, mit denen das Projekt visualisiert wurde.
Im Entwurf zeigte die Mühle Pflanzen und Stadtmöbel
Die Grafiken zeigen deutlich mehr „Zierrat“: Pflanzkübel mit kleinen Bäumchen unmittelbar an der Fassade, kleine Beete an der Betonwand, die das Eingangsplateau gegen die Abgänge zur Bahnunterführung abstützt, Sitzbänke auf der großen Freitreppe. Tatsächlich davon zu finden ist: nichts.
Ob da noch etwas kommen werde, diese Frage ließ Investor Ten Brinke bislang unbeantwortet. Ersichtlich ist, dass zumindest die angekündigten Pflanzöffnungen mit zugepflastert wurden.

An der Schräge zur Bahnunterführung sah Architekt Michael Deterding einen schmalen Grünstreifen. Der Bauherr hat dann aber darauf verzichtet, der Blick der Passanten fällt auf Beton. © Architekturbüro Michael Deterding / Sebastian Smulka
Zwischen Ankündigung und Wirklichkeit gibt es eine klare Diskrepanz. Warum das so ist, darüber wird Unna streiten dürfen. Bei näherem Studium der Planunterlagen erkennt Zühlke durchaus Hinweise darauf, dass die Stadt einfach darauf verzichtet hat, ein gewisses Maß an Grün festzuschreiben. Dies müsste auch der Politik bewusst gewesen sein.
Stadt hätte die Details bestellen müssen
Einen Vorwurf der bewussten Täuschung hält auch Architekt Michael Deterding für unangebracht. Sein Entwurf vermittele zunächst eine Vorstellung davon, wie das Gebäude aussehen könnte. Und natürlich beabsichtige ein Architekt dabei das Ideal. Es sei dann aber ein Gegenstand der Gespräche zwischen Investor und Stadt, was davon tatsächlich in dieser Form umgesetzt werde.
Vereinfacht gesagt: Unna hat darauf verzichtet, ausdrücklich vorzugeben, dass die Neue Mühle einschließlich aller Grünelemente genau so aussehen sollte wie von Deterding vorgeschlagen. Und das hat der Investor ausgenutzt.
Schon der Vorschlag der FDP-Fraktion, die großen Wandflächen des Parkhauses nachträglich mit einer Fassadenbegrünung zu versehen, deckte auf, wie es die Investoren mit der Idee freiwilliger Verbesserungen halten. Als Unnas Beigeordneter Jens Toschläger den Vorschlag der Liberalen an den Bauherrn herantrug, lehnte dieser ab mit dem Verweis, dass die Baugenehmigung das nicht vorsehe, man das Grün also nicht setzen müsse und auch nicht werde. Punkt.
Mit Visualisierungen aus Architekturbüros verhält es sich offenbar wie mit Fotos aus Reisebüros, auf denen das Wetter immer schön ist, das Hotelzimmer sauber und mit der Weitwinkellinse aufgenommen. Sie sind auf Schönheit optimiert, um das Projekt besser zu verkaufen. Das muss Politik einfach wissen – um demnächst deutlich kleinteiliger vorzugeben, wo am Ende ein Stück Natur seinen Platz finden soll.
Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.
