
© Sebastian Smulka
Die Stadt wollte den Fenstersturz vertuschen
Meinung
Ist es wirklich nicht nötig, die Polizei zu rufen, wenn ein Kind aus dem Fenster der Stadtbibliothek fällt? Das Rathaus behauptet es zwar, glaubt aber offenbar selbst nicht dran, wie unser Autor aufzeigt.
Nicht in allen Fällen, in denen die Polizei gerufen wird, wird die Polizei auch wirklich gebraucht; das bestätigen die Beamten tatsächlich auch. Aber: Die Entscheidung darüber, ob die Polizei gebraucht wird oder nicht, trifft die Polizei dann doch am liebsten selbst. Deshalb werden ihre Sprecher nicht müde zu betonen, dass man im Zweifel lieber anruft, als nicht anzurufen.
Bei Unfällen wie nun am ZIB ist es die Polizei, die neutral und ohne Vorverurteilung klären kann, ob es über den Unfallhergang hinaus auch den Verdacht auf Rechtsverstöße gibt, seien es Fremdverschulden beim Sturz, Verstöße gegen die Aufsichtspflicht oder Sicherheitsmängel am Gebäude. Vielleicht kommt sie zu dem Ergebnis, dass es keine gibt. Aber es ist eben die Sache der Polizei, dies zu klären.
Über die Notwendigkeit so einer Prüfung zu befinden, ist nicht Sache derjenigen, denen hier vielleicht Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Wenn die Stadt nun feststellt, dass es aus ihrer Sicht nicht erforderlich gewesen sei, die Polizei mit einzubeziehen, ist das von daher eine Aussage von relativem Wert. Sie scheint sich ihrer Sache aber auch selbst nicht sicher zu sein. Wie sonst wäre es zu verstehen, dass sie eine Sache zunächst anderthalb Wochen lang intern behandelt, aber dann doch noch zur Polizei gibt, sobald die Presse anklopft?
Wigant versprach den Bürgern Transparenz
Eine offene Auseinandersetzung mit dem Vorfall jedenfalls – und mit dem Umgang damit – scheint im Rathaus nicht gewünscht zu sein. Keine Meldung an die Polizei, solange man sich unbemerkt fühlt. Wortkarge Antworten auf Presseanfragen. Verweise auf Vorschriften, die völlig ausreichend eingehalten worden seien. Das alles steht nicht gerade im Einklang mit dem Transparenzversprechen, das der inzwischen nicht mehr ganz so neue Bürgermeister Dirk Wigant den Bürgern im Wahlkampf gegeben hat. Im Gegenteil: Es ist schwer, sich gegen den Eindruck zu erwehren, dass hier etwas vertuscht werden sollte.
Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.
