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„Anzugträger ohne Ahnung“: Katja Vogt vom Refugio empört über Wigant-Post
Wirtschaft in Unna
In einem Facebook-Post sprach Unnas Bürgermeister Dirk Wigant davon, dass es der heimischen Wirtschaft gut gehe – in Zeiten von Pandemie und Krieg. Eine Händlerin und Gastronomin ist fassungslos.
Acht Männer im Anzug, darunter Unnas Bürgermeister Dirk Wigant, strahlen nach einem Wirtschaftsgespräch bei der IHK Dortmund in die Kamera. „Der Abend hat gezeigt, dass unsere heimische Wirtschaft gut aufgestellt und stark ist“, kommentiert Dirk Wigant dieses Bild auf seiner Facebook-Seite. Einer Unnaerin schmeckt das gar nicht.
„Ich bin nahezu fassungslos“, sagt Katja Vogt von Vinothek und Feinkostbistro Refugio. Dass der Bürgermeister auf seiner Facebookseite erkläre, dass die Wirtschaft und der lokale Handel stark aufgestellt seien, habe nichts mit der Realität zu tun, die die Händlerin und Gastronomin seit Beginn der Pandemie erlebt.
„Aus etlichen Erfahrungsberichten erlebe ich tagtäglich in Unna etwas anderes. Händler und Gastronomen gehen auf dem Zahnfleisch. Ebenso wie Taxi-Unternehmer, Kulturschaffende und viele andere mehr.“ Dafür seien unter anderem der Personalmangel in der Gastronomie und finanzielle Probleme als Relikte aus der Corona-Zeit ein Grund. Zum anderen die hohen Sprit-, Lebensmittel- und Energiekosten aktuell.
Alle im Bekanntenkreis haben Probleme
„Wenn ich überlege, kenne ich in meinem großen Bekanntenkreis niemanden, der nicht privat oder geschäftlich durch Pandemie und Krieg – oft existenzbedrohend – berührt ist.“ Vermutlich wüssten viele noch gar nicht, wie schlecht sie es wirklich erwischt hat, und die böse Überraschung komme erst, wenn die Steuern für die erhaltenen Hilfen gezahlt werden müssen, sagt Katja Vogt. Sie selbst habe während der Pandemie vorausschauend Geld zurückgelegt. Während andere Kollegen auch einfach versucht hätten, ihr Geschäft mit den Hilfen für den Moment zu retten. „Ich glaube, dass noch viele Insolvenzen kommen“, sagt sie.

Gibt es in der Unnaer City viele oder wenige Leerstände? Das liegt im Auge des Betrachters. Unnas Wirtschaftsförderer hat jüngst an Zahlen festgemacht, dass Unna im Vergleich zu anderen Städten gut aufgestellt ist. Einige Händler und Bürger sehen das anders. © Udo Hennes
„Wie ein Bürgermeister so einen Post in dieser Zeit und in unserer gebeutelten Stadt absetzen kann, ist mir unbegreiflich. Ich jedenfalls habe ganz und gar keinen positiven Eindruck von unserer Stadt“, so die aufgebrachte Händlerin und Gastronomin.
Bürgermeister hatte die Gewerbesteuern gemeint
Stadtsprecher Christoph Ueberfeld weist darauf hin, dass die Stadt bei den Gewerbesteuern im vergangenen Jahr ein Plus verzeichnet habe. Unter anderem darauf habe Bürgermeister Dirk Wigant beim IHK-Wirtschaftsgespräch hingewiesen. „Der IHK-Bericht bestätigt das.“ Außerdem kündigt er an: „Die Leerstände in der Innenstadt werden zeitnah wieder vermietet sein oder spätestens nach Umbau der entsprechenden Ladenlokale.“
Auch die Wirtschaftsförderung der Stadt Unna ist grundsätzlich der Auffassung, dass es der Stadt hinsichtlich Handel, Gastronomie und Leerstandentwicklung im Vergleich zu anderen Kommunen gut gehe. Das erklärte Unnas Wirtschaftsförderer Martin Bick während seiner Analyse des Ist-Zustands kürzlich im Haupt- und Finanzausschuss.
Trotzdem Kritik aus den Reihen der Politik
Trotz der positiven Ausführungen und dem Appell, dass sich die Unnaer nicht schlechter machen sollten als sie sind, erntete er im Ausschuss viel Kritik aus verschiedenen Fraktionen. Denn die Politik wünscht sich mehr Unterstützung der Stadt für den Handel und bei neuen Konzepten für die Zukunft der City. Auch Katja Vogt sagt, dass sie und andere Händler diese Unterstützung während der Pandemie vermisst hätten.
Jahrgang 1988, aufgewachsen in Dortmund-Sölde an der Grenze zum Kreis Unna. Hat schon in der Grundschule am liebsten geschrieben, später in Heidelberg und Bochum studiert. Ist gerne beim Sport und in der Natur.
