
Ronja Kossack von den Bündnisgrünen stellte im Rat Ergebnisse einer einfachen Messreihe vor, die aufzeigt, was das Vorhandensein oder Fehlen von Bäumen für die Temperatur an einem bestimmten Punkt bedeuten kann.
Ronja Kossack: Ohne Bäume wird das Mühle-Bremme-Umfeld zum Backofen
Stadtentwicklung
Fehlt es der Innenstadt von Unna an Bäumen? Die nahende Fertigstellung der „neuen“ Mühle Bremme wirft diese Frage auf. Und eine aktuelle Messreihe gibt darauf eine klare Antwort.
Was für einen Unterschied die Gründichte in einer Stadt ausmachen kann, wollte Ronja Kossack genau herausfinden und mit Zahlen untermauern. Also untersuchte die bündnisgrüne Ratsfrau drei in dieser Hinsicht völlig unterschiedliche Punkte in Unna mit einem Thermometer.
An einem Tag in der zurückliegenden Hitzewelle maß sie die Bodentemperaturen vor dem Einkaufszentrum auf dem Mühle-Bremme-Gelände, unter der Kastanie im Nicolaiviertel und in Hemmerde an mehreren Punkten nahe der Rüschebecken. Die Ergebnisse lagen weit auseinander.
Der Messpunkt vor der „Neuen Mühle“ stand für das Sommerklima einer weitestgehend unbegrünten Stadt. Auf 48 Grad hatte die Sonne den Boden dort aufgeheizt.
Das Nicolaiviertel stand für die Situation „Innenstadt mit Baumbestand“. Ob man die 33 Grad unter der stattlichen Kastanie nun als hohe oder niedrigere Temperatur bewerten will, hängt vom Maßstab ab: Im Vergleich zum offenen Rathausplatz dürfte das Nicolaiviertel an jenem Tag eine Oase gewesen sein.
Die Messpunkte an der Rüsche in Hemmerde allerdings ergaben durchweg Werte im 20er-Bereich: Wenig Bebauung, viel Grün und ein Bachlauf reduzieren die Temperaturen dort viel deutlicher.
Alle drei Orte liegen unter derselben Sonne – und zeigten doch auf, wie sehr sich das „Mikroklima“ in einer Stadt unterscheiden kann. Kossack trug diese Befunde nun in einer Sitzung des Stadtrates vor, um auf die Situation an der „Mühle Bremme“ hinzuweisen, aber auch ein grundsätzliches Problem der Unner Innenstadtplanung hinzuweisen: Wo Unna Stadt gestaltet, weicht das Grün dem Grau.
Grüne: Mühle Bremme hat Innenstadt rund 200 Bäume genommen
Kossacks Parteifreundin und Fraktionsvorsitzende Claudia Keuchel griff die Befunde dieser simplen Untersuchung in der jüngsten Ratssitzung auf. „Auf dem Gelände der Mühle Bremme standen einmal bestimmt 200 Bäume, die dann aber irgendwann aufgeschichtet dort lagen, als die Mühle abgerissen wurde. Sie hatten den Bereich durch Verdunstung merklich gekühlt.“ Und nun merke man eben, dass sie es nicht mehr tun, weil kein Ersatz geschaffen wurde.

Zu Beginn der Abbrucharbeiten ließ Investor Ten Brinke auf dem Gelände der Mühle Bremme Spezialgerät für die Rodung der Bäume auf dem Grundstück auffahren. Claudia Keuchel von den Bündnisgrünen spricht davon, dass seinerzeit um 200 Bäume gefällt worden seien. © Sebastian Smulka (Archiv)
Dass das neue Einkaufszentrum praktisch frei von Anpflanzungen ist und sich der Investor sogar gegen den FDP-Vorschlag einer Fassadenbegrünung auf der eher funktionalen Gebäudeseite des Parkhauses sperrt, scheint Politiker verschiedener Fraktionen etwas betroffen zurück zu lassen.
Leider aber habe Unna keine Handhabe mehr, irgendetwas zur Verbesserung der Situation beizutragen, macht der Erste Beigeordnete Jens Toschläger deutlich: Die Baugenehmigung für die Mühe Bremme beruhe auf einem Bebauungsplan, der Jahre vorher aufgestellt worden ist – und in dem die Bedeutung von Grün offenbar keine Rolle gespielt habe. Dies könne nun Anlass sein, für die Zukunft Lehren zu ziehen.
„Wir haben die Innenstadt immer so geplant, dass sie der Funktion untergeordnet ist. Veranstaltungen sollten stattfinden können, ohne dass zum Beispiel einem Riesenrad ein Baum im Weg gestanden hätte“, blickt Toschläger zurück. „Inzwischen aber tritt ein Wandel ein, den auch das Land als Fördergeber bei der Verteilung von Städtebaumitteln berücksichtigt. Das sollten wir diskutieren“, meint Unnas Erster Beigeordneter.
Dabei zeigt sich in Unna noch an jungen Planungen, dass Überplanungen mit einem deutlichen Verlust an Grün einher gehen. Die Mühle Bremme ist da ein aktuelles Beispiel. Aber auch die Begrünung der Fußgängerzone an der Massener Straße wird nach Abschluss des Neubaus nur noch aus einer Baumreihe bestehen, wo früher zwei standen.
Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.
