Bauen

Zähes Neubauprojekt: War schon das alte Freizeitbad ein Schwarzbau?

Drei bis fünf Jahre werde ein Schwimmbadneubau in Massen brauchen, vermutet Unnas Beigeordneter Jens Toschläger. Ärgerlich: Anderthalb davon gehen auf Fehler in der Vergangenheit zurück.

Unna

, 19.08.2022 / Lesedauer: 4 min

Eine Position in der Zeitkalkulation des Ersten Beigeordneten hat unter Massener Bürgern Fragen aufgeworfen: Wieso veranschlagt Jens Toschläger 18 Monate für die Aufstellung eines Bebauungsplanes, wenn es doch schon einen gibt? Die Antwort überrascht und wirft ein schlechtes Licht auf die Stadt – allerdings nicht auf die heutigen Verantwortungsträger, sondern die vergangener Zeiten.

Eine Massener Bürgerin, die an unsere Redaktion und an die CDU-Fraktion im Stadtrat herangetreten war, drückt es sehr drastisch aus: Der Bau eines neuen Schwimmbades in Massen könnte wohl deutlich schneller vonstatten gehen, wenn die Stadt das damalige Freizeitbad nicht als Schwarzbau errichtet habe. Schwarzbau, das klingt nach einem schweren Vorwurf. Doch völlig von der Hand weisen lässt sich diese Deutung nicht.

Tatsächlich bedeutet der Umstand, dass es in Massen bereits über Jahrzehnte einen Bäderbetrieb gegeben hat, nicht, dass bereits Baurecht für ein neues Bad bestehe. Und möglicherweise habe es auch früher schon nicht bestanden, als die Stadt das Freizeitbad errichtet hat, bestätigt der für Bauen und Technik zuständige Beigeordnete Jens Toschläger gewisse Zweifel. Deshalb müssen die planungsrechtlichen Grundlagen jetzt erst neu geschaffen werden. Toschläger sagt es nicht so deutlich, aber im Grunde muss er jetzt Dinge nacharbeiten, die schon vor 1982 versäumt worden sind.

Arbeit an neuem B-Plan nicht zu Ende gebracht

In jenem Jahr war in Massen das Freizeitbad eröffnet worden, das bis zur stufenweisen Stilllegung 2009/10 einen Ganzjahresbetrieb mit Hallenbad und Außenbecken, Sole und Sauna aufrecht erhalten hatte. Wer in den Bebauungsplänen der Stadt Unna recherchiert, findet aber kein Planwerk, das den doch bemerkenswerten Bäderbau ausdrücklich geregelt hätte.

Toschläger war der Sache selbst schon nachgegangen, kam aber in seiner Recherche zu keinem richtigen Abschluss. „Es hat in den 70er-Jahren Arbeiten an einem neuen Bebauungsplan gegeben. Es war aber zu keine Satzungsbeschluss gekommen und damit hat er auch keine Rechtskraft erlangt. Warum das damals nicht zu Ende gebracht worden ist, ist aber auch mir nicht bekannt.“

Widersprüchliches schon 1968

Und so ist die gültige planungsrechtliche Regelung für das heutige Freigelände immer noch ein Bebauungsplan aus dem Jahr der kommunalen Neuordnung, 1968. Das von Hand gezeichnete und mit der Normschriftschablone beschriftete Dokument zeigt auf vergilbtem Papier mehrere Schwimmbecken: Die Bestandsbauwerke des ersten Massener Freibades, dessen erstes Becken in den 1920er-Jahren von Massener Arbeitslosen von Hand ausgehoben worden war.

Mit jenem Bauprojekt, das man später wohl als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bezeichnet hätte, wollte die damals kriselnde Bergbau- und Kokerei-Gemeinde Massen seinerzeit Perspektiven schaffen. Und in einer Zeit, in der längst nicht jede Wohnung mit eigenem Bad ausgestattet war, war die öffentliche Badeanstalt ein Beitrag zum Gesundheitswesen. Reste früherer Becken fanden sich noch beim Abriss des Nachfolgebauwerkes 2012.

Nach der Stilllegung des Freizeitbades 2009/10 gab es noch Überlegungen für den Umbau in ein Bürgerbad. Doch auch sie erschienen zu teuer. 2012 begann der Abriss. © Hellweger Anzeiger Archiv

Ob allerdings die planungsrechtliche Grundlage des ersten Massener Freibades ausgereicht hätte, um damit das Freizeitbad hochzuziehen, ist fraglich. Trotz der eingezeichneten Becken im Bestand weist der 1968er B-Plan das Gebiet als Grünfläche aus. Das mag die Anlage von Bauwerken nicht grundsätzlich ausschließen, aber ein eingezeichneter „Badeplatz“ steht im Grunde doch im Widerspruch zum Grün. Jens Toschläger vermutet, dass man dies auch in den 1970er-Jahren erkannt hatte und der Versuch des neuen Planes diesen Fehler „heilen“ sollte.

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Tatsächlich ist es nun Toschläger, der die Versäumnisse von einst nachholen muss. Das habe inzwischen auch ein Gutachten bestätigt, das die Stadt eingeholt hat, als es darum ging, die planungsrechtlichen Grundlagen einer möglichen Traglufthalle für den Eissport zu prüfen. Die Frage, ob seine Vorgänger einst wirklich einen Schwarzbau errichtet haben, mag Toschläger ungern klar mit Ja oder Nein beantworten. „Es ist damals unsauber gearbeitet worden“, sagt er aber. „Wir stellen den neuen Bebauungsplan jetzt auf, um ein für alle Mal Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen.“

Heute ist das Grundstück des früheren Freizeitbades sauber geräumtes Brachland. Die einzigen Nutzer sind die Rinderherde eines privaten Halters, der sein Vieh dort grasen lassen darf. Im Sommer 2012 waren die Becken und Gebäude abgerissen worden. © UDO HENNES

Und diese Klarheit und Gründlichkeit brauchen Zeit. 18 Monate veranschlagt Toschläger – aus der Erfahrung heraus, aber auch aus den gegebenen Sachzwängen. So muss eine Umweltprüfung erfolgen, die üblicherweise über einen Zeitraum von zwölf zusammenhängenden Monaten einen Blick auf Tier- und Pflanzenwelt richtet.

Wenig Verzögerung erwartet Toschläger hingegen im Rahmen der Bürgerbeteiligung. „Anders als etwa das Einzelhandelsprojekt an der Massener Bahnhofstraße, das sehr umstritten war und für das wir schließlich eine Umfrage durchgeführt haben, um das Meinungsbild genau zu erfassen, scheint ein neues Bad viel eindeutiger gewollt zu sein“, nimmt Toschläger an.

Dafür spreche neben der bisherigen Diskussion über Bäderproblematik in Massen auch die Tradition der beiden früheren Bäder im Westen der Kleistraße. „Schon der Straßenname zeigt auf eine Prägung des Bereichs“, so Toschläger. Das alte Freizeitbad lang an der Straße „Am Freizeitbad“.

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