Seit Ende Mai hat das Kinorama Unna wieder geöffnet. Mit Masken, Desinfektionsmitteln und Kontaktverfolgungs-Formularen ist der Alltag aber definitiv ein anderer. Und dann ist da ja noch Amerika.
Spiderman hat eine eine, Batman trägt sie und Zorro sowieso: Masken tragen im Kino sonst nur die Superhelden. Doch Corona ändert einfach alles und so steigt auch die „Maskenträger-Dichte“ im Kinorama Unna gerade rasant an. Wobei es durchaus noch mehr werden dürften, wenn es nach den Kino-Mitarbeitern geht. Denn so wirklicher Kino-Alltag ist noch längst nicht wieder in Sicht.
„Popcorn, Größe 1“ „Bitte nochmal, ich habe Sie leider nicht verstanden.“ „Popcorn, Größe 1“, wiederholt die junge Mutter etwas lauter und zieht ihre Maske zurecht. Snacks bestellen – das ist mit Mund-Nasen-Schutz nicht immer ganz so eindeutig. Popcorn, Nachos und Eiskonfekt gibt es im Kinorama nach wie vor – und ausnahmslos jede Familie, die an diesem Nachmittag ins Kino geht, stellt sich an der Snacktheke an. Viele sind es nicht: Ein Dutzend Menschen, Mütter und Väter mit ihren Kindern, besuchen die Nachmittagsvorstellungen. „Der neue Conni-Film ist angelaufen, der zieht ganz gut“, sagt Kino-Mitarbeiter Sven Hilbk.
Neue Filme sind Mangelware
Neue Filme – davon würde sich Hilbk gerade noch viel mehr wünschen. „Die Filme fehlen, das ist echt unser größtes Problem. Die Studios haben die Neustarts verschoben oder bieten sie direkt auf Video-on-Demand an“, erklärt Hilbk. Bestes Beispiel: Der neue „James Bond“ sollte eigentlich schon seit dem 2. April über die Leinwände laufen. Wegen der Corona-Pandemie wurde er auf November verschoben. „Warten wir erstmal ab, ob das auch so bleibt“, traut Sven Hilbk der Sache noch nicht.
Die unterschiedlichen Öffnungen der Kinos in den einzelnen Bundesländern machen einheitliche Filmveröffentlichungen in Deutschland schwierig. Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein waren mit Ende Mai früh dran, andere Bundesländer folgten erst im Juni oder Anfang Juli – einen neuen Film nur in einigen Kinos starten zu lassen, ist für Filmstudios nicht interessant. „Und so lange in den USA alles noch stillsteht, kommen die großen Blockbuster sowieso nicht“, schildert Sven Hilbk das noch größere Problem, vor dem die deutschen Kinos stehen.
Studios spielen ihre Filme bei Streaming-Diensten aus
„Die großen Studios in den USA werden ihre Filme nicht an den Start bringen, so lange bei ihnen die Kinos noch geschlossen sind. Die müssen Corona da endlich in den Griff bekommen, sonst bricht da eine ganze Industrie weg“, wird Hilbk deutlich. Die Folgen bekommt das Kinorama nicht nur durch den aktuellen Mangel an neuen Filmen zu spüren; viel größere Sorgen macht sich Sven Hilbk wegen der langfristigen Folgen. „Wenn die Studios ihre Filme jetzt sofort bei den Video-on-Demand-Diensten einstellen und feststellen, dass das funktioniert, dann werden sie vielleicht auch auf lange Sicht dabei bleiben. Dann ist die Zeit der Kinos vorbei“, fürchtet der Kinorama-Mitarbeiter.

Hände desinfizieren, bevor es ins Kino geht – auch das gehört in Zeiten von Corona zum Kinobesuch dazu. © Anna Gemünd
Dabei hätte das Kinorama durchaus das ein oder andere Zugpferd, mit dem es die Menschen ins Kino locken könnte: „Wenn wir das Seniorenkino richtig bewerben würden, kämen bestimmt wieder viele. Aber wollen wir das wirklich? Menschenmassen im Kino und dann auch noch bei einer Risikogruppe?“, schildert Hilbk den Zwiespalt, in dem sich das Kino befindet. „Die Kinos durften öffnen, aber bitte keinen Erfolg haben“, sagt er sarkastisch, „aber Hauptsache, die Lufthansa wird mit neun Milliarden Euro vom Staat gerettet.“
Corona-App würde Bürokratie abbauen
Seine Eintrittspreise hat das Kinorama stabil gehalten – trotz höheren Aufwands durch Kontaktverfolgungs-Maßnahmen. „Da steckt viel Bürokratie hinter, allein aus Datenschutzgründen“, erklärt Sven Hilbk. Die Kontaktformulare, auf denen neben Namen und Adressen auch der besuchte Kinosaal und die jeweilige Platznummer vermerkt sind, werden nach vier Wochen vernichtet – wenn es keinen Corona-Fall gegeben hat.

Wer kein Online-Ticket gebucht hat, muss vor Ort im Kino noch das Kontaktformular ausfüllen. Damit kann das Kino im Falle einer Corona-Infektion unter den Besuchern schnell die Behörden über mögliche Kontaktpersonen informieren. © Anna Gemünd
„Wirklich helfen würde uns, wenn alle Menschen die Corona-App hätten“, sagt Sven Hilbk, „dann könnten wir uns den Aufwand mit den Formularen sparen.“ So gehört das Formular-Ausfüllen jetzt zum Kinobesuch dazu – ebenso wie der Desinfektionsmittelspender am Eingang und die Abstandsmarkierungen auf dem Boden. Die Maksenpflicht besteht im Kinorama übrigens nur, bis man seinen Sitzplatz im Kinosaal erreicht hat – es sei denn, man ist ein Superheld.
Sauerländerin, Jahrgang 1986. Dorfkind. Liebt tolle Geschichten, spannende Menschen und Großbritannien. Am liebsten draußen unterwegs und nah am Geschehen.
