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Zweimal in der Woche werden an Grundschulen die Klassen im Verbund auf Corona getestet. Weil die Fallzahlen rapide steigen, sorgt das für einen Arbeitsaufwand, der mitunter kaum noch zu leisten ist.
Über das vergangene Wochenende ist der Corona-Inzidenzwert für den Kreis Unna über die 1000er-Marke gestiegen, allerorten steigen die Fallzahlen rapide. In Holzwickede standen sie zuletzt bei 225 aktuell Infizierten. Die Virus-Ausbreitung macht sich vor allem an Grundschulen bemerkbar, wo klassenweise zweimal die Woche per Pool-Test auf Corona gecheckt wird.
Drei von vier Schulleitungen hat diese Redaktion am Montag für eine Stellungnahme erreicht. Dabei wurde deutlich: Der Test-Aufwand ist mitunter kaum noch leistbar. Die Gemeinde als Schulträger schickt eigene Kräfte zur Verstärkung.
Ein erster Hilferuf erreichte das Rathaus zum Ende der Vorwoche von der Dudenrothschule, der umgehend erhört wurde. „Wir bekommen nun an zwei Tagen Unterstützung im Sekretariat“, sagt Schulleiterin Katja Buschsieweke. Die Grundschulen sind im Sekretariat nicht durchgehend besetzt, die Schulen teilen sich die Kräfte. Die Folge zuletzt: „Morgens klingelt durchgängig das Telefon. Da sind dann Geschwister an anderen Schulen positiv, oder die Eltern selbst und das Kind wird abgeholt“, sagt Buschsieweke, die dann am Hörer hängt.
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Klassen geben im Verbund regelmäßig per Lolli ihre Tests ab. Die gehen ans Labor. Bestenfalls landet das Ergebnis am selben Tag auf den Handys und Computern der leitenden Kräfte. „Zwischen drei und sechs Uhr nachts ist mittlerweile aber auch üblich“, sagt Nordschulleiterin Claudia Paulo. Schlägt der Pool positiv aus, heißt das für die Schulleitung: Eltern informieren, die Klasse bleibt zu Hause.
Erst wenn im Labor in der Folge einzeln die Rückstellproben der Kinder gecheckt wurden und klar ist, wer positiv ist, dürfen nicht infizierte Kinder zurück an die Schule. Die Einzelergebnisse tröpfeln aber nacheinander ein, mitunter dauert es zwei bis drei Tage – obwohl diese Einzelergebnisse eigentlich bis 6 Uhr am Folgetag vorliegen sollen.
„Die Labore sind augenscheinlich überlastet. Das ist für Eltern belastend und für uns auch“, sagt Gabi Spieker. Die Rektorin der Aloysiusschule ist gefühlt im Dauereinsatz. „Um halb zwölf abends checke ich am Rechner auf Ergebnisse und dann wieder morgens um halb sechs. Auch am Wochenende. Mitunter erwische ich Eltern auf dem Weg zur Schule und sage, dass sie umkehren müssen.“
Dass Eltern kurzfristig in Not kommen, weil sie von jetzt auf gleich die Kinderbetreuung organisieren, im Zweifel den Arbeitgeber übers eigene Nichterscheinen informieren müssen – diese Situationen nehmen zu. „Das geht an die Nerven“ , sagt Spieker.
Dabei ist es mitnichten so, dass reihenweise die Klassen an den Schulen wegbrechen. Claudia Paulo schildert am Montag, dass aktuell sieben Kinder infiziert seien, „quasi eines pro Klasse.“ Noch könne man das nachhalten, die Betroffenen sind in Quarantäne, der Rest an der Schule. Aber sie erwartet, dass die Lage sich zuspitzen wird. Weil zweimal die Woche getestet wird, zig Befunde in Listen nachgehalten werden müssen, um den Überblick zu behalten, wächst der Verwaltungsaufwand mit jedem Tag.
Hilfen vom Staat aber mitunter auch von privaten Unternehmen bei der Digitalisierung sind in den vergangenen Pandemie-Jahren durchaus an den Schulen angekommen. Home Schooling wäre also leichter zu stemmen als vor zwei Jahren. Dudenrothschulleiterin Katja Buschsieweke (M.) würde aber ungern aus der Ferne unterrichten lassen. © Udo Hennes
An Dudenroth- und Aloysiusschule werden mehr Kinder als an der Nordschule beschult, hier kommt man bereits an die Grenze des Leistbaren. „Das System an sich ist gut überlegt, aber es hat Ausmaße angenommen, die kaum noch zu handhaben sind“, sagt Spieker. Eigentlich konsequente Verfechterin von offenen Schulen sagt sie: „Wenn es weiter so geht, muss man überlegen, ob zwei Wochen konsequentes Home Schooling nicht sinnvoller wären, damit sich die Lage beruhigt.“
Sie und ihre Kolleginnen wissen natürlich, dass dafür die Politik den Eltern auch einen Rahmen zur Betreuung schaffen müsste, Unterricht aus der Distanz nur letztes Mittel sein darf. Paulo macht aber nach zwei Jahren Pandemie auch deutlich: „Von der Technik und dem Personal her können wir mittlerweile von heute auf morgen aus der Distanz unterrichten.“
Das Lehrpersonal ist den drei Schulleiterinnen zufolge bislang weitgehend vom Virus verschont worden – was für die Impfungen spricht. Aber mit der Omikron-Variante auf dem Vormarsch ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich unter den Erwachsenen die Fälle häufen – und auch bei milden Verläufen und verkürzten Quarantäne-Pflichten für Lehrpersonal – dann dürften auch Ausfälle unter den Lehrenden zunehmen.
Jahrgang 1985, aufgewachsen auf dem Land in Thüringen. Fürs Studium 2007 nach Dortmund gekommen. Schreibt über alles, was in Holzwickede passiert. 17.000 Einwohner mit Dorfcharakter – wie in der alten Heimat. Nicht ganz: Dort würden 17.000 Einwohner locker zur Kreisstadt reichen. Willkommen im Ruhrgebiet.