Im Streit zwischen der Stadt Dortmund und dem Verlag Lensing-Wolff hat das Landgericht Dortmund am Freitag ein Urteil verkündet. Es hat bundesweit Bedeutung für andere Städte.
Das Landgericht Dortmund hat die Klage des Verlages Lensing-Wolff gegen die Stadt Dortmund verhandelt. © Dieter Menne
Der Verlag Lensing-Wolff hat vor dem Landgericht Dortmund ein wichtiges Verfahren gegen die Stadt Dortmund gewonnen. Der Verlag der „Ruhr Nachrichten“ hatte Zivilklage eingereicht, weil diese mit dem Internet-Angebot „dortmund.de“ auch journalistische Inhalte anbiete. Darin sah der Verlag einen Verstoß gegen das Grundgesetz und gegen Wettbewerbsregeln. Im Prozess wurde über die Website vom 15. Mai 2017 verhandelt.
Mit dem Urteil bestätigte das Landgericht Dortmund am Freitag (8.11.) „vollumfänglich“ diese Sicht.
„Der Staat darf sich nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse bewegen“, erklärte der Vorsitzende Richter Tim Schlözer bei der Urteilsverkündung. Und weiter: „Das städtische Telemedienangebot vom 15.5.17 unterscheidet sich nicht wesentlich vom Angebot eines privaten Nachrichtenportals.“ Die Kammer werte das „als Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse“ - also ein Verstoß gegen das Grundgesetz.
Schon in der Verhandlung hatte das Gericht frühere Berichte über eine Meisterfeier von Borussia Dortmund, ein nicht-städtisches Hospiz und eine Deutsche Meisterschaft im Unterwasserrugby als unzulässig eingestuft.
Ruhr-Nachrichten-Herausgeber Lambert Lensing-Wolff begrüßte das Urteil ausdrücklich. Das Landgericht stärke „mit seiner Entscheidung Demokratie und Pressefreiheit. Die durch unsere Verfassung garantierte Meinungsfreiheit funktioniert nur, wenn sie frei ist von jeglicher staatlicher Manipulation.“
Es werde sich nun zeigen, ob die Stadt Dortmund sich an die rechtlich vorgegebenen engen Grenzen halte. Klar müsse sein, dass eine Kommune „kein selbst geschaffenes presserechtliches Korrektiv aufbauen“ dürfe, „weil ihr die sonstige Pressearbeit zu kritisch oder lückenhaft erscheint“.
Die Stadt Dortmund will nun die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und prüfen, ob man weitere Schritte einleiten wolle, erklärte Dirk-Otto Arndts, stellvertretender Leiter des städtischen Rechtsamtes. Auch was das Urteil nun in der Praxis bedeute, müsse man abwarten. Arndts: „Es geht um komplexe verfassungsrechtliche Fragen zum Teil. Wir müssen abwarten, wie das Gericht seine Entscheidung begründet.“
Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) hatte in der mündlichen Verhandlung am 27. September 2019 beklagt, dass in den Medien zu wenig Positives über die Stadt berichtet werde. Zudem verwies Sierau auf angebliche Lücken in der Berichterstattung, die für die Zivilgesellschaft wichtig sei, aber von den Medien nicht mehr übernommen werde.
Das Landgericht bezog sich in seinem Urteil auf einen ähnlich gelagerten Spruch des Bundesgerichtshofes (BGH) vom Dezember 2018. Damals hatte der BGH der Stadt Crailsheim untersagt, ein Amtsblatt in seiner bisherigen Form herauszugeben.
Für das Landgericht seien Online-Medien genauso zu behandeln wie Print-Medien, hob der Vorsitzende Richter Tim Schlözer am Freitag hervor.
Auf diesen Aspekt wies auch Lambert Lensing-Wolff nach dem Urteil hin. „Wir haben allein über zehn Millionen Besuche pro Monat auf unseren Nachrichtenwebsites, die wir früher nicht hatten, und es gibt viele weitere Newsangebote, die es früher nicht gab.“ Von Informationslücken, wie Oberbürgermeister Sierau sie darstelle, „kann keine Rede sein, eher von einer zunehmenden Informationsflut“.
Das Urteil hat bundesweite Bedeutung. Sowohl Städte als auch andere Medienhäuser warten auf die Klärung dieser Rechtsfrage.