Schwierige Zeiten für Friseure „Unsere Branche fühlt sich im Stich gelassen“

Klagen von Friseuren: „Unsere Branche fühlt sich im Stich gelassen“
Lesezeit

Es war ein unangekündigter Besuch, den das Zollamt vor ein paar Wochen in Frank Kuligs Friseursalon abstattete. Die Beamten verlangten einen Einblick in die Dokumente. Der Innungs-Obermeister hatte die richtigen Ordner griffbereit. Und so waren die Zollamtsvertreter schnell zufrieden und gingen weiter.

„Als Handwerksvertreter finden wir es gut, dass die vom Zoll kommen“, erzählt Kulig, der einen Salon in der Balkenstraße Dortmund betreibt. „Auch wenn es mich nervt, dass ich jeden Tag eine Flut an Dokumenten erledigen muss.“

Offenbar war es eine Routinekontrolle des Zollamts, die auf Schwarzarbeit zielt. Denn derzeit bedeuten Barbiere, sogenannte „Billigsalons“ für viele Friseurmeister nicht nur eine große Konkurrenz. Erfahrene Branchenvertreter wie eben Kulig fragen sich ebenso, wie diese Adressen so günstige Haarschnitte anbieten können.

Haarschnitt für 12 Euro?

„Warum die es so günstig anbieten können, entzieht sich meiner Erkenntnis“, sagt Kulig. Denn ein Haarschnitt für nur knapp 12 Euro rentiere sich aus seiner Sicht kaum. Schließlich fallen für seinen Betrieb mindestens tarifliche Lohnkosten, Sozialbeiträge oder die Miete an – Ausgaben, die sich nicht mit nur 12 Euro pro Kunden amortisieren ließen.

„Die müssten dann eine Auslastung von hundert Prozent haben“, vermutet Kulig. „Das kann ich rein rechnerisch nicht verstehen. Dann müsste ein Mitarbeiter knapp 50 Kunden bedienen.“ Ihm fehle schlichtweg der Einblick, um mehr darüber zu sagen: „Ich kenne aus meinem Umfeld keinen Kollegen, der das schafft.“

Dabei musste der Meister in den letzten Jahren seinen Betrieb durch zahlreiche Krisen retten, die auch seine Kollegen traf – erst Coronapandemie, dann Inflation mitsamt rasant steigender Energiepreise. So kam es sicherlich nicht von Ungefähr, dass über ein Dutzend Friseurbetriebe schließen musste.

Geringere Mehrwertsteuer

Gerade während der Coronapandemie seien viele Friseurbetriebe unverschuldet in Schieflage geraten. Kulig verweist auf die Initiative „Friseure brauchen Zukunft – 7 % jetzt“. Damit forderten die Branchenvertreter bereits seit Jahren eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Friseurdienstleistungen.

Bis Sommer dieses Jahres wurden dafür knapp 70.000 Unterschriften gesammelt. Seitdem passierte nichts. „Es scheint, dass wir Friseure eine schlechte Lobby haben“, beklagt Kulig. „Unsere Branche fühlt sich im Stich gelassen.“

Giuliana Koke, Meisterin und Inhaberin des Friseursalons „Hair“
Giuliana Koke, Meisterin und Inhaberin des Friseursalons „Hair“ © Benjamin Trilling

Eine Kollegin von Kulig ist Giuliana Koke, Meisterin und Inhaberin des Friseursalons „Hair“ am Hohen Wall. Auch Koke erhielt einen Routinebesuch vom Zollamt, das natürlich nichts zu beanstanden hatte. Erst 2019 übernahm sie den Laden. Vor zwei Wochen feierte „Hair“ nach einer Renovierung eine Neueröffnung.

Der Kundenstamm sei geblieben: „Unsere Kunden kommen weiterhin und sind bereit, den Preis zu zahlen“, so Koke. Gleichwohl habe sich der Abstand zwischen den Besuchen ein wenig vergrößert, wie sie hinzufügt. „Wegen der Inflation ziehen sie es jedoch ein wenig heraus.“

75 Euro für Damenneuschnitt

Knapp 75 Euro zahlen Kundinnen bei ihr für einen Damenneuschnitt. „Man nimmt sich eine Stunde Zeit“, verrät sie. Und das erfordere wiederum höhere Personalkosten: „Man muss ja ordentliche Löhne zahlen.“

Doch wie können die Billigsalons das für deutlich weniger Geld anbieten? „Ich denke mal, die Leute sind nicht angemeldet und machen das auf Zuruf“, vermutete die Meisterin. „Die werden ihr Handwerk sicherlich beherrschen, aber können keine Ausbildung in Deutschland vorweisen.“

Nachforderungen jetzt und die Soforthilfe erst 2024? : Das ist Mietern nicht zuzumuten, liebe Dogewo

Zuckerstange amüsiert Kunden: Symbole statt Ziffern auf Wartemarken der Sparkasse Dortmund

Luftverschmutzung durch Dortmunds Industriebetriebe: Auswertung zeigt Entwicklung von 2007 bis 2021

Zwei neue Geschäfte eröffnen im Kreuzviertel: Hofladen und Kinder-Boutique gehen an den Start

Neuer Eigentümer von Sport Voswinkel : Was bedeutet das für die Filiale in der Thier-Galerie?

Bank sperrt Rentnern das Konto: Robert und Mitanka Wiedicke sollen Geldwäscher sein