
Thomas Schäfer ist Geschäftsführer des hiesigen Einzelhandelsverbandes in Dortmund. Dass die frei gewordene Rossmann-Fläche einen weiteren Non-Food-Discounter in Unnas Innenstadt zieht, bewertet er differenziert, aber nicht mit Begeisterung. © Smulka / EHV
Discounter in Unna: „Besser als ein Leerstand, aber...“
Umfrage
Die Reaktionen auf die Nachricht, dass mit Kodi ein weiterer Hartwaren-Discounter in die Unnaer Innenstadt kommt, fallen ambivalent aus. Die Billigheimer stoßen auf Interesse, polarisieren aber auch.
Wenn es darum geht, das Interesse der Leser an einem Thema zu messen, erhalten Journalisten durch die Digitalisierung neue Werkzeuge an die Hand. Wie viele Menschen einen Text aufgerufen haben, wie lange sie ihn auf dem Schirm hatten und ob sie zum Beispiel mit Kommentaren in Social Media auf ihn reagiert haben, all dies lässt sich in den digitalen Ausgabekanälen einer Nachricht erfassen und auswerten.
Der Bericht über die Ansiedlung von Kodi in Unnas Innenstadt zeigt dabei ungewöhnliche, vielleicht sogar widersprüchliche Befunde, auch im Vergleich zu anderen Ansiedlungsnachrichten. Wie steht Unna zu Kodi? Diese Frage braucht eine genauere Betrachtung.
Offensichtlich ist: Das Interesse an Ansiedlungsnachrichten ist groß. Unser Text über die bevorstehende Neueröffnung von Kodi in Unna war am Tag seiner Veröffentlichung der meist gelesene der Unnaer Redaktion auf www.hellwegeranzeiger.de und in der HA-App. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, und doch war die Reichweite noch höher als zuletzt bei der Nachricht von der NKD-Ansiedlung am Alten Markt.
Völlig gegen den Trend steht allerdings der „Redebedarf“ der Leser. Während die Nachricht vom Discounter-Ringtausch am Alten Markt auf unserer Facebook-Seite mit vielen Wortbeiträgen kommentiert und diskutiert worden ist, beließen es unsere Follower am ersten Tag bei Reaktionen „per Klick“, also dem Setzen eines Emojis über die „Gefällt mir“-Schaltfläche. Ausformulierte Kommentare gaben sie gar nicht ab.

Der Umzug von Tedi ins vormalige Deichmann-Gebäude und der Einzug von NKD als Nachrücker waren in Unna leidenschaftlich diskutiert worden. © Claudia Pott
Erkennbar aber zeigen die Leserinnen und Leser mit ihren Bewertungsklicks eine deutlich höhere Akzeptanz für Kodi, als NKD sie erfahren hatte. Denn drei Viertel der Kommentatoren setzten tatsächlich den klassischen „Daumen hoch“. Die übrigen wählten einen der negativen Emojis, nämlich den „traurigen“. Warum Kodi für eine Mehrheit der Leserinnen und Leser als okay durchgeht, während NKD auf deutliche Ablehnung stieß, ist unklar. Beide Ketten waren in Unna zuvor nicht vertreten, vermutlich also nicht jedem bereits bekannt.
Handelsfunktionäre sind zumindest nicht begeistert
In Worte gefasst wird das ambivalente Stimmungsbild aber auch von den wichtigsten Funktionären des Handels in Unna. Thomas Schäfer, Geschäftsführer des hiesigen Einzelhandelsverbandes, drückte es so aus: „Besser als ein Leerstand, aber nicht schön. Unna hätte etwas Besseres verdient, aber es zeigt sich darin wohl auch, wie schwierig die Situation im Handel derzeit ist.“ Denn Leerstände oder ein Neubesatz mit geringerer Angebotsqualität seien nicht allein in Unna ein Problem. „Ein gewisses Trading Down beobachten wir überall.“
Thomas Weber, Vorsitzender der Händler- und Dienstleistervereinigung Citywerbering in Unna, sieht es ähnlich: „Ich bin immer froh, wenn ein Leerstand verschwindet. Dass man nicht Juhu schreit, wenn es wieder ein Discounter ist, ist klar. Aber dass die Tendenz in Richtung billig geht, lässt sich nicht ändern. Und man darf auch nicht verkennen, dass diese Firmen eine wichtige Funktion haben. Alles wird teurer, die Menschen müssen sparen. Und die preiswerten Anbieter können wenigstens noch expandieren. Für die Attraktivität des Standortes ist es nur eben wichtig, dass sie nicht Überhand nehmen.“
Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.
