
Auch bei einem „offenen Streitgespräch“ dürfen nicht alle Informationen und Daten offengelegt werden – daran erinnert ein Fachmann der Stadtverwaltung nun Unnas Ratsleute. In der jüngsten Sitzung musste er gleich mehrere Verstöße zur Kenntnis nehmen. © Marcel Drawe
Rüffel aus dem Rathaus: Unnas Politiker verstoßen gegen Datenschutz
Politik
Nach einer turbulenten Ratssitzung bekommen Unnas Politiker einen freundlichen Rüffel aus dem Rathaus. Der Datenschutzbeauftragte der Stadt erinnert sie – natürlich – an den Datenschutz.
Dass jemand „kein Blatt vor den Mund nimmt“, ist im Westfälischen eine durchaus auch positive Zuschreibung. Unnas Datenschutzbeauftragter Eric Janzen allerdings wertet die Offenheit im Diskurs, die der Rat der Stadt in seiner jüngsten Sitzung gepflegt hat, deutlich negativ. Nun bekommen die Mitglieder des Rates eine kollektive Ermahnung von dem auch über Unna hinaus angesehenen Fachmann der Verwaltung.
Es sei in der Sitzung „leider erneut sehr deutlich wahrnehmbar (gewesen), dass einzelne Ratsmitglieder sich ihrer rechtlichen Pflichten als ehrenamtliche Mandatsträger nicht nur nicht bewusst zu sein scheinen, sondern mindestens grob fahrlässig, wenn nicht gar vorsätzlich, gegen geltende Gesetze und Rechtsvorschriften und gegen den von ihnen abgeleisteten Eid verstoßen“, kritisiert Janzen nun in einem Rundschreiben, das unserer Redaktion vorliegt. Kurz gesagt: Sie brechen Datenschutzregeln, weil sie sie entweder nicht kennen oder sie ihnen egal sind.
Dabei könnten derlei Verstöße durchaus geahndet werden, wie Eric Janzen weiter ausführt: „Ich weise daher ausdrücklich darauf hin, dass die Straf- und Bußgeldtatbestände der EU-Datenschutz-Grundverordnung und des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen auch für die einzelnen Ratsmitglieder individuell gelten und die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden regelmäßig Bußgelder verhängen, soweit nicht die Strafgerichte zuständig sind.“
Leidenschaftlicher Streit über die Fälle Schmidt und Tetzner
Auf welche Verfehlungen er konkret Bezug nimmt, lässt Janzen in seinem Rundschreiben offen. Unstrittig ist, dass es tatsächlich heiß her ging in der jüngsten Sitzung des Rates. Im öffentlichen Teil, an dem auch Zuschauer und Medienvertreter teilnehmen dürfen, offenbarten Ratsmitglieder zum Beispiel den Namen des Menschen, der Christoph Tetzner eine vermutlich falsche Wohnungsgeberbescheinigung ausgestellt hat. Und sie nannten Einzelheiten zu den Lebensumständen Tetzners in Griechenland. Das reichte mindestens bis in die Privat-, wenn nicht gar in die Intimsphäre, also die besonders sensiblen Bereiche des Persönlichkeitsrechtes.
Sensible Informationen über Tetzner und Schmidt, Göldner und Meyer
Aus dem „Datensatz“ Meinolf Schmidts wurde auch eine private Einkommensquelle abseits der Ratsbezüge benannt. Dass sich Klaus Göldner und Gerhard Meyer gegenseitig an durchgestandene Strafverfahren erinnert haben, wog vielleicht weniger schwer: Strafverfahren sind in Deutschland meist öffentlich, zudem waren die beiden längst eingestellten Verfahren bereits bekannt.
Einige dieser allzu offenen Wortbeiträge waren bereits in der Sitzung von Bürgermeister und Sitzungsleiter Dirk Wigant kritisiert worden. Sein Datenschutzfachmann Eric Janzen spannt den Bogen allerdings weiter und erwähnt auch die „seit dem vergangenen Jahr kontinuierlich erfolgenden Durchstechereien von vertraulichen und personenbezogenen Inhalten aus Beratungen des Ältestenrates und nicht-öffentlichen Sitzungen“, siehe Beigeordnetenverfahren.
Statt Bußgeld 27 Seiten Nachhilfe zum Lesen
Von der Verhängung der aufgezeigten Bußgelder sieht die Stadt aber derzeit noch ab. Stattdessen schickt Janzen den Ratsmitgliedern eine Broschüre mit, die er allen Ratsmitgliedern noch einmal ans Herz lege: Das Heft „Datenschutz und Informationsfreiheit – eine Orientierungshilfe für die Arbeit in kommunalen Gremien“ fasst auf 27 Seiten praxisgerecht die wichtigsten Regeln für den Umgang mit Daten zusammen. Die Stadt legt diese Zusammenfassung zur „Kenntnisnahme und künftigen Beachtung“ vor. Bei Fragen könne man aber auch gerne Herrn Janzen ansprechen.
Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.
