Schon das Mühlrad im Wappen des Stadtteils zeigt die enge Verbundenheit mit dem Massener Bach. Einst Lebensader des Ortes, hat sich das Fließgewässer in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach gewandelt. Heute bestimmt die Hochwasserproblematik die Schlagzeilen. Dabei hat es Überschwemmungen in Massen schon vor mehr als 60 Jahren gegeben.
Folgenschwere Überschwemmungen
Der Massener Bach ist kein reißender Gebirgsbach, meistens ist er brav und fließt gemächlich in Richtung Seseke und Lippe – und von dort weiter zum Rhein. Doch hin und wieder tritt der kleine Bach folgenschwer über seine Ufer wie beim Jahrhunderthochwasser 1961, bei verheerenden Unwettern 1968 oder zuletzt bei der Hochwasserkatastrophe 2021.
Dabei hat der Bach nur eine Gesamtlänge von 6,8 Kilometern. Er speist sich aus einem Zusammenfluss von Liedbach und Holzwickeder Bach in der Massener Heide südlich der A44.

Die Mitglieder des Massener Geschichtsforums setzen sich für einen besseren Hochwasserschutz in ihrem Stadtteil ein. Im Zuge dessen hat sich der Vorsitzende des Forums, Hartmut Hegeler, gemeinsam mit seinen Mitstreitern die Historie des Baches genauer angeschaut.
Einst seien Quellen Grundlage für das Entstehen eines Dorfes auf dem heutigen Gebiet des Unnaer Stadtteils gewesen. „In Niedermassen waren die Quellen stark genug, um Bauernhöfe während des ganzen Jahres mit Wasser zu versorgen. Mit Industrie und Bergbau hörten diese Quellen auf zu sprudeln“, sagt Hartmut Hegeler. Zurückgeblieben ist offenbar der Massener Bach.
Antrieb für fünf Wassermühlen
Dieser durchfloss später die alten Massener Bauernschaften mit ihrem Rittergut. Das Wasser soll in diesen Zeiten rund fünf Mühlräder angetrieben haben. „Bekannt ist unter anderem die ehemalige Reckerdingsmühle“, so Hartmut Hegeler. Erstmalig wurde die Wassermühle in Aufzeichnungen aus dem Jahr 1401 erwähnt. Sie soll in der Nähe der heutigen Eintrachtstraße gestanden haben. „Der Bachlauf wurde später verlegt“, erklärt er weiter.
Hunderte Jahre danach wurde die Nutzung des Baches durch die Industrie bestimmt. Der Bach diente als Schmutzwasserlauf. Seit 1829 soll das Abwasser des Romberger Erbstollens in den Bach eingeleitet worden sein. Der Romberger Erbstollen steht für die Anfänge des Bergbaus in Massen, der rund 100 Jahre das Geschehen vor Ort bestimmte. Erst 1925 wurde die letzte Zeche stillgelegt.
Erst rund um die Jahrtausendwende wurde der Massener Bach im Zuge eines Sesekeprogramms renaturiert. Betonschalen wurden entfernt, der Bach vom Schmutzwasser befreit und zu einem naturnahen Fließgewässer umgestaltet.

Ein 18 Meter hoher Damm für den Verkehr und eine Brücke für die Eisenbahnstrecke Dortmund-Süd nach Königsborn wurden in den Jahren 1853 bzw. 1876 über dem Bach errichtet.
Die Topografie des Bachlaufs ist durchaus besonders: Über kleine Zuflüsse sammelt er in der Massener Heide große Regenmengen ein. Dort am Kamm des Haarstrangs befindet sich auch der höchste Punkt mit 125 Metern über dem Meeresspiegel. Der niedrigste Punkt des Baches liegt in Niedermassen bei 63 Metern über dem Meeresspiegel. Durch den Höhenunterschied schießt das Wasser relativ schnell zum Tal.
Hochwasser im Juli 2021
Die Hobbyhistoriker sind bei ihren Recherchen unter anderem auf ein Jahrhunderthochwasser im Jahr 1961 gestoßen. Unter anderem die Bergstraße soll sich dabei in einen reißenden Fluss verwandelt haben. Das weckt Erinnerungen an die jüngere Vergangenheit – 60 Jahre später.
Im Juli 2021 führte ein Dauerregen zu erheblichen Überschwemmungen. Der Massener Bach wurde zu einem Strom und trat an vielen Stellen über seine Ufer. Seitdem wird der Hochwasserschutz in Massen eingehend thematisiert. Mittlerweile laufen die Planungen für eine Regenrückhaltung auf Hochtouren. Bis die Anlagen gebaut werden, dauert es offenbar noch einige Jahre.
300 Schweine gerettet
Das Hochwasser im Jahr 1961 war bei weitem nicht die einzige Überschwemmung, auf die die Mitglieder des Geschichtsforums bei ihren Recherchen gestoßen sind. Im Juni 1968 hat demnach ein starkes Unwetter Unna heimgesucht. „Brennpunkt war Massen“, sagt Hartmut Hegeler.
Aus Zeitungsberichten dieser Zeit geht hervor, dass es unter anderem in einer alten Strumpffabrik im Bereich der Bismarckstraße/Große Wiese schwere Schäden gab. „Das Wasser konnte zunächst nicht abfließen, da der einzige Brückendurchlass zu eng war. In zahlreichen Wohnungen stand das Wasser 25 Zentimeter hoch“, heißt es dort.

Aus einem Stall mussten von der Feuerwehr 300 Schweine gerettet werden. Bürgermeister Erich Göpfert erklärte im Nachgang der Überschwemmungen, dass die Brückendurchlässe in Massen nicht ausreichten und etwas unternommen werden müsse.
Auch in den Jahren 1962 und 1963 soll es bereits anhaltende Regenfälle gegeben haben, bei denen der Bach über seine Ufer trat. 2021 gab es schließlich eine weitere schwerwiegende Überflutung, etliche Keller und Garagen liefen voll.
Hochwasserrückhaltung für Massen
Nach Jahren der Planung will die Stadt Unna die Hochwasserproblematik eindämmen. Derzeit werden verschiedene Ausführungen für eine effektive Hochwasserrückhaltung geprüft. Es sollen wohl mehrere kleine Becken entlang des Bachlaufs zwischen Billmerich und Massen gebaut werden.
Hinweis der Redaktion: Dieser zuerst am 19. Oktober 2024 veröffentlichte Artikel ist im Rahmen des Jahresrückblicks 2024 erneut erschienen.