Politiker fordern neue Wohnungen für Massen Komplizierte Lage in der Ex-Landesstelle

Politiker fordern Wohnraumplanung mit mehr Druck in Massen-Nord
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„Hier könnte man richtig guten Wohnraum schaffen“, sagt Michael Tietze (SPD). Der Massener Ratsherr weist auf eine zugewachsene Fläche an der Buderusstraße hin, auf der früher mal eine Schule stand. Die Gerhart-Hauptmann-Schule gehörte einst zur 2009 geschlossenen Landesstelle und wurde 2015 abgerissen. Grob geschätzt liegen an dieser Stelle rund 15.000 Quadratmeter brach.

In einer vergleichbaren Größenordnung wurde in Unna vor Jahren zum Beispiel der frühere Sportplatz zwischen Weber- und Mozartstraße vermarktet, wo heute zahlreiche Wohnhäuser stehen.

Flächen mit Potenzial

Und die Schulbrache ist nicht das einzige Grundstück in Massen-Nord, in dem Beobachter Potenzial sehen. Ein Stück weiter nördlich stehen entlang der Buderusstraße einige alte Reihenhäuser. Manche sind noch bewohnt, andere nicht mehr und das augenscheinlich schon länger. Sanieren? Abreißen und neu bebauen? „Bürger fragen mich, warum hier nichts passiert“, sagt Tietze.

Sein Kollege von der FDP, der Massener Ratsherr und Fraktionsvorsitzende Klaus-Dieter Bahn, mahnt ebenfalls eine Entwicklung an, besonders auf dem Ex-Schulgelände. „Wir haben das Gefühl, wenn die Stadt sich dahinterklemmen würde, könnte man dort etwas bewegen.“

Ein Reihenhaus mit abblätterndem Putz in Unna
In Reihenhäusern an der Buderusstraße stehen viele Wohnungen leer, manche sind bewohnt. Die Gebäude sind sanierungsbedürftig. © Raulf

Plan soll Entwicklung unterbinden

Auch wenn die Schulbrache tatsächlich ein städtisches Grundstück ist, ist die Stadt Unna hier nicht allein zuständig. An keinem anderen Ort in Unna ist die Gemengelage so kompliziert wie in Massen-Nord. Flächen in der ehemaligen Landesstelle (vor allem die der Asyl-Erstaufnahmeeinrichtung EAE) gehören dem Land NRW, andere zum „Hochschulcampus“. Auch dem Bund gehören Immobilien, darunter besagte Reihenhäuser.

Und über allem liegt ein besonderes Planungsrecht. Der Regionalplan Ruhr, der Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist, legt für die Flächen westlich der Buderusstraße einen „Allgemeinen Siedlungsbereich“ (ASB) mit einem Zusatz fest: „z“ wie zweckgebunden. Als zweckgebundene Nutzung stehen im Regionalplan „Bildungs- und Forschungseinrichtungen und Einrichtungen des Bundes und des Landes“.

Neue Gebäude also, die nichts mit der Hochschule oder der Flüchtlingsunterbringung zu tun haben, sollen hier nicht geplant werden. In einem Dokument zum Regionalplan heißt es, die Zweckbindung diene dazu, „die bestehenden Einrichtungen abzusichern und eine darüber hinaus gehende bauliche Entwicklung in den Freiraum zu unterbinden“.

Bebauung „gegebenenfalls möglich“

Was auf dem früheren Schulgelände rechtlich möglich wäre, dazu gibt die Stadt Unna auf Anfrage unserer Redaktion keine eindeutige Antwort: Die Vorgaben der Landes- und Regionalplanung bezögen sich auf die Bauleitplanung, nicht auf die Frage, ob konkrete Bauvorhaben zulässig wären. „Sofern man lediglich im Rahmen der Ortsteilentwicklung des Siedlungsbereichs eine entsprechende Bebauung umsetzen möchte (z.B. gem. §34 BauGB – Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile) ist eine Entwicklung ggf. möglich“, heißt es aus dem Rathaus.

Die Festlegung des Regionalplans Ruhr schränke die Entwicklungsmöglichkeiten ein, verhindere Entwicklungsoptionen aber nicht vollständig, erklärt die Stadt weiter. So sei die Fläche der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in der Prüfungsphase zum Baulandprogramm/Handlungskonzept Wohnen berücksichtigt worden. Ob und wann daraus Planungen erwachsen können, geht aus der städtischen Antwort nicht hervor.

Das Archivbild von 2025 zeigt einen Abrissbagger und grüne Schuttcontainer auf dem Gelände der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in Massen
September 2015: Die Stadt Unna lässt die Gerhart-Hauptmann-Schule in Massen-Nord abreißen. © Marcel Drawe

Stadt weist Vorwurf zurück

Der Regionalverband lege mit seinem Regionalplan „die Spielregeln aller Nutzung dieses Areals“ fest, erklärt die Stadtverwaltung. Ratsherr Tietze wirft ihr vor, sich nicht intensiv genug darum bemüht zu haben, dass diese Regeln geändert werden. Den Vorwurf weist das Rathaus zurück: „Die Kreisstadt Unna hat mehrfach auf verschiedenstem Wege auf entsprechende Änderungen dieses Regionalplans gedrängt – durch Anträge, Stellungnahmen sowie Gespräche auf höchster Ebene.“

Letztlich sei der Plan „ohne Berücksichtigung der Stellungnahmen mehrheitlich mit den Stimmen von SPD, CDU und B90/Die Grünen verabschiedet“ worden, erklärt die Stadt weiter. „Vorwürfe, nichts erreicht zu haben, können sich daher ausschließlich an die im RVR vertretenen Fraktionen richten.“

Erfolgreiche Vertragsverhandlungen

Bürgermeister und Verwaltung seien an geltendes Planungsrecht gebunden, lässt das Büro Wigant wissen, „und versuchen weiterhin, innerhalb der o.g. Restriktionen und Planungsgrenzen die bestmögliche Entwicklung des Areals voranzutreiben“.

In Bezug auf Wohnraum in Massen-Nord verweist die Stadt Unna unter anderem auf die im Sommer 2024 abgeschlossenen Verhandlungen zum neuen EAE-Vertrag: Parallel habe sie durch intensive Gespräche mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) erreichen können, dass Wohnungen des Bundes für die Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge angemietet werden konnten.

Die Stadt sei „im intensiven Austausch“ über mögliche Nutzungsperspektiven der Bundesgebäude. Außerdem würden „kleinteilige Entwicklungen“ (...) „sowohl im Rahmen des Baulandprogramms als auch des Handlungskonzepts Wohnen in den Blick genommen“.

Die Ratsherren Bahn und Tietze lassen Sorge erkennen, dass für Massen-Nord keine weitere Entwicklung geplant ist.

Die Spitze eines Stifts zeigt auf einem Landkartenausschnitt auf Massen-Nord in Unna
Der Ausschnitt aus dem Regionalplan des RVR zeigt, wo aus Unnaer Sicht das Problem liegt: Die Fläche der ehemaligen Landesstelle ist mit einem „Z“ markiert. Diese Festlegung macht die Planung von Wohnungsbau mindestens schwierig. © Raulf

Planung in Phasen

Offenbar ist insgesamt Geduld gefragt. Mit dem Vertragsabschluss zum weiteren EAE-Betrieb sei die Entwicklung „freilich nicht abgeschlossen“, erklärt die Stadt Unna. Diese teile sich „erfahrungsgemäß in Phasen auf, die jeweils auf die Ergebnisse der vorherigen Phase aufbauen“. Es soll, wie berichtet, ein Grünzug eingerichtet werden, der EAE und Wohngebiet voneinander trennt. Nach der Fertigstellung sollen bereits begonnene Gespräche mit der Hochschule bezüglich deren Entwicklung intensiviert werden, kündigt das Rathaus an.