Einen Wettbewerb um den aufgeräumtesten Schreibtisch würde unser Papatastisch-Autor Thomas Raulf in der Redaktion wohl eher nicht gewinnen. Auch seine Kinder sind keine Ordnungsprofis. Hängt das etwa zusammen?

Einen Wettbewerb um den aufgeräumtesten Schreibtisch würde unser Papatastisch-Autor Thomas Raulf in der Redaktion wohl eher nicht gewinnen. Auch seine Kinder sind keine Ordnungsprofis. Hängt das etwa zusammen? © Kevin Kohues

Natürlich können die Kinder aufräumen lernen – Papa muss das ja auch

dzKolumne Papatastisch

Chaos kann kreativ sein, oft geht es aber nur um Faulheit. Ich habe immer noch Hoffnung, dass die Kinder lernen, ihren Kram wegzuräumen. Denn was dieses leidige Thema angeht, habe ich kürzlich Erstaunliches erlebt.

Unna

, 03.06.2022, 11:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Ordnung ist das halbe Leben, heißt es. Unsere Familie lebt in der anderen Hälfte. Überall lassen die Kinder ihre Sachen rumliegen. Hat man den einen Teil der Wohnung aufgeräumt, kann man im anderen schon wieder anfangen. Ich fürchte, von einem Elternteil könnten die Chaoten ein bisschen was geerbt haben. Aber wir kommen voran. Ein krasses Erlebnis kürzlich macht mir Hoffnung.

Eltern aus dem Haus – und Chaos?

Dieser Tage waren Mama und Papa Katze aus dem Haus, und die vier Mäuse tanzten auf dem Tisch. Ich kam spät von der Arbeit und musste direkt weiter zu einem Termin. Meine Frau war auch unterwegs, und das war natürlich eine Ausnahme-Chance für den Nachwuchs, alle Hemmungen fallen zu lassen. Niemand nahm ein Handy weg, irgendwelche Vorgaben oder Einschränkungen, was TV-Konsum angeht, gab es auch nicht. Zwischen den schmutzigen Tellern noch die Füße auf den Tisch zu legen war so ziemlich das einzige, was die Herrschaften sich verkneifen konnten. So traf ich die Bande an, bei meinem Zwischenstopp.

Es sei eine Momentaufnahme, wurde mir versichert, als jemand kurz von seinem Videospiel aufblickte. Die Kandidatin für die Mathearbeit am nächsten Tag habe bereits ausreichend gelernt, auch der Jüngste habe seine Hausaufgaben erledigt. Der große Bruder habe kontrolliert. „Läuft alles hier, Papa, chill ‘ma‘.“ Ich versuchte zu „chillen“. In der Tür rief ich den Entspannten noch zu, sie mögen bitte wenigstens ihr Geschirr noch wegräumen – die fertige Spülmaschine bitte vorher leeren – und zusehen, dass im Wohnzimmer nicht alles im Weg liegt. „Versucht es gemeinsam irgendwie. Bis nachher...“

Nun bin ich selbst auch nicht der perfekte Aufräumer. Meine Arbeitskollegen kennen ein bisschen was davon. Ich brauche halt einen großen Schreibtisch für die ganzen Ideen, Notizen, Unterlagen, Bücher, Recherchen, Bonbonpapiere, Kaffeetassen. Der Hang zu einem gewissen Kreativ-Chaos könnte sich in das Erbgut der Kinder eingeschlichen haben.

Papatastisch: In seiner Kolumne schreibt Redakteur Thomas Raulf über den Familienalltag.

Papatastisch: In seiner Kolumne schreibt Redakteur Thomas Raulf über den Familienalltag. © Udo Hennes

Da könnte es also herkommen. Aber wie bekommen wir es weg? Kochen, Wäsche, Abwasch, Staubsaugen – unseren Kids wird meist alles abgenommen. Oft denken wir, dass sie eigentlich mehr selbst machen könnten, dass wir sie ein bisschen dorthin schubsen müssen. Mehr mit anpacken, selbstständiger sein: Eigentlich wollen die Kinder das sogar. Da bin ich sicher. Wenn ich mal jemanden zum Abtrocknen verdonnere, ist sie oder er nachher nicht unzufrieden, im Gegenteil.

Das Wunder begann mit Spiegelei

Und an jenem denkwürdigen Tag passierte dieses: „Wie geht das nochmal mit Spiegelei?“, lautete die Frage meines Großen zwischendurch am Handy. Hunger – keiner da zum Kochen – Selbermachen. Das funktioniert, wenn man 15 wird.

Dann kam der Moment meiner Rückkehr. Ich traute meinen Augen nicht. Niemand saß mehr vor der Glotze. Der Küchentisch war nicht nur von den Resten des Abendbrots befreit. Es war sogar schon fürs Frühstück eingedeckt. „Ich habe auch das Wohnzimmer aufgeräumt“, berichtete der Jüngste stolz, ehe er sich ins Bett begab. Zähne geputzt hatten auch alle – ohne besondere Aufforderung. Papatastisch.

Das Projekt Spülmaschine wurde nur halb abgeschlossen. Man darf aber auch nicht zu viel verlangen.

Das Projekt Spülmaschine wurde nur halb abgeschlossen. Man darf aber auch nicht zu viel verlangen. © Raulf

Es geht also. Okay, Perfektion verlangt niemand, ich als letzter. In der Küche war das saubere Geschirr aus der Spülmaschine oben drauf gestapelt, noch ein paar benutzte Teller daneben. „Wir wussten nicht, wo das hinkommt.“ Okay, sowas ist auch schwer zu wissen. Die Bratpfanne von der „Operation Spiegelei“ lag ein wenig verkrustet in der Spüle in so etwas wie Spülwasser. Okay, für so ein Projekt sind schon Fachleute nötig, das sollte man besser liegen lassen. Der Herd war immerhin aus. Das ist doch gut, oder?

Wir haben einen großen Schritt nach vorn geschafft. Daran werden wir anknüpfen. Das wird super.

Und jetzt räume ich von diesem Schreibtisch diesen Kuchenteller weg. Ganz alleine.

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„Papatastisch“ ist ein Neu-Wort aus der Internet-Community. Es passt ganz gut zur Kolumne von Redakteur Thomas Raulf: Familie ist einfach toll, und ein „Papa“ schreibt darüber. Alle Schilderungen beruhen auf wahren Ereignissen, beim Schreiben fließt hier und da auch ‘mal satirische Würze ein. Lesen Sie gern ein Augenzwinkern mit. Alle bisher erschienenen Folgen finden Sie auf unserer Internetseite: www.hellwegeranzeiger.de/schlagwort/papatastisch