
© Marcel Drawe
In Lünern mangelt es an drei Gs: Gesundheit, Geschäfte und Gastronomie
Stadtteilcheck
Damit sich zumindest bei einem G etwas tut, ist Gabriele Olbrich-Steiner selbst aktiv geworden: Es geht um das Mehrfunktionshaus mit Dorfladen. Und ein weiteres Ärgernis kreidet die Lünernerin an.
Wenn etwas grundsätzlich eigentlich gut ist, dann fällt es bisweilen schwer, mit dem Finger darauf zu zeigen, was nicht so schön ist. Dass es grundsätzlich in Lünern ganz wunderbar ist, daran lässt Gabriele Olbrich-Steiner keine Zweifel aufkommen. Auf das, was nicht so schön ist, kann sie jedoch sehr wohl ganz genau mit dem Finger zeigen.
Es sind die drei Gs, an denen es hapert
Gesundheit: „Es gibt hier drei Tierärzte, von denen zwei praktizieren, aber für Menschen seit etlichen Jahren keinen Arzt mehr“, fasst die Lünernerin zusammen. Auch eine Physiotherapiepraxis suche man vergebens. Natürlich sei Unna generell mit dem Ärzteangebot recht gut aufgestellt, das weiß sie. Der Weg in die Stadt sei zudem nicht weit, der Bahnhof vor der Tür und auch mit dem Rad könne man die City in gut 20 Minuten erreichen. Und doch zeigt sich der Wunsch der Menschen nach einer besseren medizinischen Versorgung auch in unserer Stadtteilcheck-Umfrage. Mit 3 von 10 Punkten wird der Punkt Gesundheit hier am schlechtesten bewertet und liegt damit vier Punkte unter dem Schnitt für die ganze Stadt.
Geschäfte: Dass es in Lünern an Einkaufsmöglichkeit mangelt, das hat Olbrich-Steiner schon vor einiger Zeit zum Anlass genommen, sich selbst aktiv zu beteiligen. „Als wir vor drei Jahren den Brötchenexpress ins Leben gerufen haben, hat sich gezeigt, wie gut das angenommen wird. In Kooperation mit einer Bäckerei haben wir da aus einem mobilen Wagen Brötchen verkauft. Sogar die Konfis haben beim Verkauf geholfen. Das hat auch gezeigt, wie toll hier die Dorfgemeinschaft funktionieren kann.“ Die Dorfgemeinschaft ist auch wieder gefragt, wenn es um das neue Projekt an der Schulstraße geht. Dort entsteht ein Dorfladen mit einem angeschlossenen Mehrfunktionsraum. Dafür hat es Anfang April sogar eine Förderung vom Land gegeben, um die Umsetzung realisieren zu können. Dass der Faktor Nahversorgung vielen Lünernern fehlt, zeigt die Bewertung mit 3,5 Punkten. Der Schnitt für ganz Unna liegt bei fast 8.

Im eigenen Garten hält Gabriele Ohlbrich-Steiner Ordnung, dass dies auch alle anderen Lünerner im Dorf tun, das würde sie sich gerade in Hinblick auf den Punkt Sauberkeit wünschen. © Marcel Drawe
Gastronomie: Fast genauso mies wie die Gesundheit kommt der Punkt Gastronomie weg. 3,5 Punkte auf der Wohlfühlskala liegen hier an. Dem können Gabriele Olbrich-Steiner und ihr Mann Gerd Steiner nur beipflichten. „Natürlich gibt es hier mit Lilos Glück an der Lünerner Schulstraße eine ganz ausgezeichnete Anlaufstelle, aber eine Kneipe oder einen Biergarten sucht man seit Jahren vergeblich.“ Bei Meininghaus feierte man im September 2017 den Abschied der Traditionsgaststätte mit Biergarten. Vor zwei Jahren rollten dann an dem Standort die Bagger an, es entstand eine Senioren-Wohngemeinschaft.
Senioren haben in Lünern schlechte Karten
In Puncto Senioren liegt Lünern mit 5 von 10 ebenfalls einen guten Punkt unter dem Unna-Schnitt. Olbrich-Steiner kann sich denken, warum. „Wir haben hier viele ältere Menschen, die in Häusern leben, die mittlerweile viel zu groß für sie sind. Aber kleine und gerade seniorengerechte Wohnungen gibt es nicht, oder nur ganz wenige. Weil die Leute aber gern hier bleiben möchten, kann das zum Problem werden.“ Die Durchmischung von Jung und Alt sei zwar generell in Lünern sehr gut und auch durch die Neubaugebiete gegeben, in denen viel Wert auf Spielplätze und Familienfreundlichkeit gelegt werde. Mit dem Kindergarten Lilliput und der Grundschule könne aber der Bedarf an Plätzen nicht gedeckt werden. „Lünern ist ein kinderreiches Pflaster, das liegt bestimmt an dem guten Boden hier“, scherzt die Lünenerin, aber um wirklich familienfreundlicher zu werden, müsse hier noch einiges getan werden. Bei der Familienfreundlichkeit liegt Lünern mit guten 7 Punkten über dem stadtweiten Durchschnitt, im Punkt Kinderbetreuung gibt es ebenfalls 7 Punkte, aber stadtweit attestieren die Unnaer hier im Schnitt 7,3 Punkte.
Sobald die Kinder größer werden und auf die weiterführenden Schulen gehen, ist Lünern bei der Jugend abgemeldet. „Gut, wir haben hier die Kirchengemeinde und die Sportvereine, aber sonst zieht es die Lünerner Jugend natürlich in die Innenstadt.“ Stadtweit schon mäßige 4,6 von 10 Punkten, bekommt Lünern hier gerade mal 3,7.
Die starken Seiten sind grün
Grünflächen, Radfahren, Sicherheit, Verkehrsanbindung, das sind die absoluten starken Seiten von Lünern. Mal eben aufs Rad und durch die Natur, kein Problem. Der Bahnhof ist direkt vor der Tür und der Punkt Sicherheit ist in einer funktionierenden Dorfgemeinschaft ohnehin kein Thema. „Man achtet aufeinander.“

In sich ruhen, das kann der Lünerner, doch ein paar Stellen gibt es schon, an denen man noch etwas verbessern könnte. © Marcel Drawe
Auch bei Sauberkeit kommt Lünern gut weg, mit guten 8 mehr als einen Punkt über dem Schnitt. In diesem Hinblick gibt es aber noch Verbesserungsbedarf, sieht Olbrich-Steiner. Es geht um Hundekot. „Wenn da die Haufen direkt am Kindergarten liegen, das geht einfach nicht. Ich begreife nicht, warum man das einfach liegen lässt. Da ist man so schnell ausversehen mit dem Kinderwagen drüber gefahren oder die Kinder treten selbst rein, und das ist einfach ekelhaft.“ Auch beim jährlichen Frühjahrsputz erlebt die Lünernerin immer wieder, dass es ganz so sauber im Dorf dann doch nicht ist. „Gerade die Straße nach Stockum, da bekommt man schon mal lange Arme, wenn man alles einsammelt. Dieses Jahr war weniger - bestimmt durch Corona - aber es liegen schon viele Fastfood Tüten am Straßenrand, die einfach aus dem Fenster geworfen werden.“
Für die Auswertung unserer Stadtteilcheck-Umfrage haben wir die Ortsteile Lünern/Stockum und Siddinghausen zusammengefasst. Natürlich sind die Ergebnisse der Befragung nicht repräsentativ, geben jedoch einen Eindruck davon, was die Menschen in diesem Teil Unnas beschäftigt.
1982 in Dortmund geboren. Abi in Holzwickede, Journalistik-Studium wieder in Dortmund. Seit 2013 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Freut sich über die spannende Herausforderung, den Wandel eines Traditionsverlags hin zu einem modernen, familiengeführten Multimedia-Unternehmen zu begleiten.
