Kritik an Stadt Unna und ihrem Gutachter Hortensienweg-Anwohner gehen zum Anwalt

Hortensienweg-Anwohner gehen zum Anwalt
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Zur aktuellen Lage am Hortensienweg gibt es in Unna inzwischen zwei Nachrichtenkanäle: den der Stadt und den der Anlieger. An diesem Dienstag behandelten beide eine Informationsveranstaltung vom Vorabend, bei der den Nachbarn der Siedlung das Ergebnis einer „geotechnischen Untersuchung“ vorgestellt worden ist. Und erneut melden sich die Bürger zu Wort, um den Aussagen der Stadtverwaltung und ihres Gutachters zu widersprechen.

Dabei sind die Bürger inzwischen sogar schneller als die Pressestelle der Stadtverwaltung. Denn während diese ihre Zusammenfassung der Versammlung erst am Folgetag veröffentlicht hat, brauchten die Anwohner aus der Siedlung am Hortensienweg danach keine zwei Stunden, um mit ihren Dementis darauf zu reagieren. Ein Anwohner des Magnolienweges erklärte dazu: „Ich möchte schon vor Veröffentlichung der Pressemitteilung der Stadt zur Situation im Hortensienweg zu dieser Stellung nehmen, da diese Pressemitteilung die gestrige Bürgerbeteiligung äußerst unzureichend wiedergibt.“

Schäden an deutlich mehr als nur zwei Gebäuden

Nach Einschätzung mehrerer Anlieger wird das Ausmaß der Probleme vor Ort von der Stadtverwaltung nicht erfasst. Und auch zu den Ursachen der Gebäudeschäden, durch die zwei Familien ihre Wohnung verloren haben, gibt es Zweifel.

Was die Stadt am Montagabend den Anwohnern und am Dienstagvormittag der breiten Öffentlichkeit mitgeteilt hat, ist kurz zusammengefasst dieses: Der von ihr bestellte Gutachter konnte seine erste Einschätzung aus dem Ortstermin am Silvestertag bestätigen.

Alexander Krawczyk vor seinem Wohngebäude am Hortensienweg, das mit Flatterband abgesperrt ist.
Alexander Krawczyk vor seinem Wohngebäude am Hortensienweg. Seit einem Monat lebt der allein erziehende Vater mit seinen zwei Kindern bei einer Freundin. In Kürze will die Familie eine angemietete Wohnung beziehen. © Udo Hennes

Demnach seien am Hortensienweg zwei Häuser abgesackt, weil ihre eigenen Entwässerungspumpen ihnen nach ergiebigen Regenfällen den durchnässten Boden entzogen haben. Außer diesen beiden Gebäuden seien keine weiteren betroffen.

Dass am Hortensienweg auch ein Abwasserkanal und die darüber laufende Fahrbahn abgesackt sind, stehe in keinem Zusammenhang mit der Problematik an den Häusern. Insgesamt könne der Baugrund der Siedlung als tragfähig gelten.

Dass es vor Ort einmal einen Entwässerungsgraben gegeben habe, wie Anwohner herausgefunden haben, kann der Geologe zwar bestätigen, dieser Graben aber sei mit nicht wasserführendem Material verfüllt worden und trocken, liege zudem zu nah unter dem Boden, um als Ursache für die Unterspülung von unterkellerten Gebäuden infrage zu kommen.

Ein Kanalarbeiter lässt von einem Spezialfahrzeug Schläuche in den Revisionsschacht eines Abwasserkanals.
Auch ein Abwasserkanal und die darüber liegende Fahrbahndecke sind am Hortensienweg abgesackt. Laut Stadt ist diese Absackung aber „unabhängig“ von der Situation der beiden gesperrten Wohngebäude. © Udo Hennes

Bürgerabend für Betroffene „ein Schlag ins Gesicht“

Bei der Bürgerversammlung soll es zu energischem Widerspruch gekommen sein. Mehrere Ungereimtheiten wollen Anwohner aufgezeigt haben. Die vielleicht deutlichste: Anders als von der Stadt dargestellt, gebe es sehr wohl Schäden an weiteren Gebäuden, die zeitlich im Zusammenhang mit den belegten Unterspülungen aus dem Dezember stehen.

„Leider waren die Ergebnisse, die das geotechnische Institut vorgestellt hat, für alle Anwohner ein Schlag ins Gesicht“, erklärte im Nachgang zur Sitzung der unmittelbar Betroffene Alexander Krawczyk, der mit seinen beiden Kindern inzwischen seit einem Monat als Gast einer Person aus seinem Umfeld lebt. „Wieder hatte man den Eindruck, dass die Stadtspitze es nicht für nötig hält, sich ordentlich vorzubereiten“, ärgert sich Krawczyk. „Die Anwohner waren deutlich besser und sorgfältiger in der Recherche.“

Schon 2016 war es am Hortensienweg zu einem Erdbruch gekommen.
Schon 2016 war es am Hortensienweg zu einem Erdbruch gekommen. Damals gab es zunächst widersprüchliche Aussagen zur Ursache. Am Ende soll es ein undichter Hausanschluss gewesen sein. © HA Archiv

In die Kritik gerät dabei auch der von der Stadt bestellte Gutachter. Denn dasselbe Büro, das nun die Bodenverhältnisse am Hortensienweg untersucht hat, sei schon im Jahr 2018 vor Ort gewesen. Schon damals war es zu Schäden an einem der aktuell gesperrten Häuser gekommen. Damals allerdings sei dieses Haus noch gar nicht mit einer Pumpenanlage versehen gewesen. Dass heute die inzwischen nachgerüstete Pumpe als Ursache des Problems gelten soll, halten Anlieger vom Hortensienweg zumindest für einen Widerspruch zum ersten Gutachten.

Auf Widerspruch scheint die Stadt nicht einzugehen

Auch der Blick auf die anderen beschädigten Gebäude lasse Zweifel daran aufkommen, fasst Alexander Krawczyk zusammen: „Mittlerweile weisen deutlich mehr Gebäude Schäden auf. Und da kommt es nicht darauf an, ob die Gebäude eine Pumpe haben oder nicht, ob sie einen Keller haben oder nicht. Das eigentliche Problem – zu viel Wasser aus der Stadt, vom Feld, Bachläufe, Quellen – wird gar nicht erst thematisiert. Die Stadt und der Geologe lassen sich da auf keine Diskussion ein und scheinen sich dort als Verantwortliche herauszunehmen.“

Dem Vernehmen nach sollen die Hinweise aus der Bürgerschaft an den Vertretern der Stadt und des Gutachterbüros regelrecht abgeprallt sein. Letztlich erwähnt auch die offizielle Pressemitteilung der Stadt vom Folgetag keine derartigen Einwände. Die Anlieger unterdessen erwägen nun rechtliche Schritte gegen die Stadt.

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