Unnas Flüchtlingsunterkunft ist „kein Pulverfass“ So sieht Bilanz der Polizei aus

Flüchtlingsunterkunft ist „kein Pulverfass“: Das ist die Bilanz der Polizei
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Die Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) für Flüchtlinge in Unna-Massen ist zuletzt wieder in die Schlagzeilen geraten, weil die Stadt Unna und das Land Nordrhein-Westfalen derzeit über die Zukunft der Flüchtlingsunterkunft verhandeln. Massens Ortsvorsteher Meinolf Moldenhauer hat eine klare Meinung zur EAE. Hat er recht? Ein Blick in die Bilanz der Polizei gibt Aufschluss darüber.

Falsche Darstellung der EAE

„Der Artikel des Hellweger Anzeiger („Seismograph der Weltpolitik“: Flüchtlingsunterkunft hat lange Geschichte, Anm. d. Red.) beschreibt die Geschichte der Flüchtlingsunterkunft in Massen-Nord differenziert und recht anschaulich. Am Ende des Artikels wird dann in einer Passage berichtet, die Erstaufnahmeeinrichtung habe sich in den vergangenen Monaten zu einem ‚Pulverfass‘ entwickelt und etliche Male musste die Polizei ausrücken“, schreibt Meinolf Moldenhauer unserer Redaktion. Diese Darstellung entspreche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten in der Erstaufnahmeeinrichtung und im Wohnbezirk Massen-Nord, so Moldenhauer weiter.

Aufgrund der Berichterstattung in den Medien und einer zum Teil besorgten Öffentlichkeit habe Bürgermeister Dirk Wigant eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die Situation vor Ort bewerten, beraten und gegebenenfalls Vorschläge zur Verbesserung der Situation machen soll. Neben Vertretern der Bezirksregierung, Bewohnern und Stadträten ist auch Meinolf Moldenhauer Teil dieser Gruppe.

Polizeieinsatz an der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Unna-Massen.
Die Polizei hatte nach mehreren Vorfällen – darunter eine Schlägerei mit mehreren Personen – die Präsenz rund um die EAE verstärkt. © Michael Neumann (Archiv)

Zur letzten Sitzung im Februar seien auch Beamte der Polizeidirektion Unna eingeladen gewesen. „Diese haben einvernehmlich berichtet, dass sowohl die Anzahl der Polizeieinsätze als auch deren Anlässe und deren Durchführung sich nicht von anderen Wohnbezirken in Unna unterscheiden. Der Wohnbezirk Massen-Nord und die Erstaufnahmeeinrichtung sind polizeilich unauffällig und unproblematisch“, erklärt Meinolf Moldenhauer.

Die Berichte der Polizei decken sich auch mit den Erfahrungsberichten der Bewohner und seinen persönlichen Eindrücken, so der Ortsvorsteher. Es zeige sich vielmehr, dass die Massener „eine lange und friedliche Tradition im Zusammenleben mit Flüchtlingen, mit Vertriebenen aus Osteuropa und Asylbewerbern aus aller Welt pflegen“.

Brandstiftung und Schlägerei

Zur Einordnung: Im Herbst 2023 des vergangenen Jahres hatte es eine Reihe von aufsehenerregenden Gewaltvorfällen in der EAE gegeben. Einer Schlägerei mit mehreren Personen und Hunderten Zuschauern folgte eine Brandstiftung in einem Wohngebäude. Das Haus ist seitdem nicht mehr bewohnbar, der Täter wird wohl nicht bestraft werden können.

Alleine im 14-tägigen Zeitraum vom 21. August bis zum 6. September 2023 war die Polizei 16 Mal in der EAE im Einsatz. Bei den Vorfällen ging es etwa um hilflose Personen, die den Eingang zur Wohnunterkunft nicht fanden, Ruhestörungen, verletzte Personen und die Polizei musste Landehilfe für einen Rettungshubschrauber leisten.

Das Eingangstor der EAE in Unna-Massen.
Der Betrieb der Flüchtlingsunterkunft wurde vor knapp zehn Jahren wieder aufgenommen, nachdem sie 2009 geschlossen wurde. © Dagmar Hornung (Archiv)

Darunter seien Einsätze gewesen, die eigentlich nichts für die Beamten seien, hatte die Pressestelle seinerzeit erläutert. Zudem hätte sich der Eindruck von besonders viel Polizei rund um die EAE verstärken können, weil dort viel Streife gefahren worden sei.

Und jetzt? „Im Zeitraum Januar bis März 2024 wurden wir zu 16 Einsätzen gerufen“, sagt Polizeisprecherin Vera Howanietz auf Nachfrage unserer Redaktion. Die Anlässe waren demnach: Brandalarm, Bedrohung, Belästigung, Diebstahl, Körperverletzung, Hausfriedensbruch, Schlägerei, Streit und Hilfeersuchen. „Es wurden insgesamt zehn Anzeigen gefertigt“, sagt Vera Howanietz.

Kein Unterschied zu anderen Wohnbezirken

Polizeihauptkommissar Uwe Bergmeier, Leiter der Polizeiwache Unna, stimme den Aussagen Moldenhauers „vollumfänglich zu“, so Howanietz. Die Zahl der Einsätze unterscheide sich nicht von anderen Wohnbezirken.

„Im September 2023 erforderten die Erkenntnisse der ständig durchgeführten Lagebeurteilung eine kurzfristige Intensivierung der Präsenz im Bereich der EAE“, sagt Vera Howanietz. Die Polizeipräsenz soll das Sicherheitsgefühl von Bewohnern der EAE und Anwohnern gleichermaßen steigern. „Ferner ermöglicht polizeiliche Präsenz eine regelmäßige Ansprechbarkeit der Polizei, was unsererseits dazu beiträgt, anlassbezogen auf Sorgen und Nöte reagieren zu können“, sagt Vera Howanietz.