Reichsbürger sind längst nicht so einfach zu erkennen wie der Herr mit dem Hoodie auf diesem Symbolbild von einer Demonstration. In Unna verteilt die Szene derzeit Flyer.

Reichsbürger sind längst nicht so einfach zu erkennen wie der Herr mit dem Hoodie auf diesem Symbolbild von einer Demonstration. In Unna verteilt die Szene derzeit Flyer. © picture alliance/dpa

Feinde der Verfassung: So viele „zweifelsfreie Reichsbürger“ gibt es in Unna

dzPolizei in Unna

In Unna werden Flyer verteilt, die der Reichsbürger-Szene zuzuordnen sind. Vor kurzem fielen schon Schmierereien auf. Wie aktiv sind die Reichsbürger in Unna? Eine Einschätzung der Polizei.

von Kevin Kohues

Unna

, 20.05.2022, 05:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Einen Flyer mit äußerst zweifelhaftem Inhalt fand ein Unnaer vor einigen Tagen in seinem Briefkasten. „Wußtest Du eigentlich, daß wir Preußen bis zum heutigen Tage eine rechtsgültige Verfassung und einen rechtmäßigen König haben?“, steht dort wörtlich neben einem Foto des vermeintlichen „rechtmäßigen Königs“, Georg Friedrich Prinz von Preußen und Chef des Hauses Hohenzollern.

Der Leser, der an der Ulmenstraße wohnt, ordnete das Schriftstück völlig korrekt der Szene sogenannter Reichsbürger zu. Dabei handelt es sich um Menschen, welche die Bundesrepublik Deutschland als Staat und damit ihre Gesetze und Organe von der Bundesregierung bis hin zur Polizei nicht anerkennen.

Inhalte aus Absurdistan, doch zu spaßen ist mit Reichsbürgern nicht

Vielmehr vertreten sie die Auffassung, das Deutsche Kaiserreich von 1871 bestehe bis heute fort. „Dieser Dynastie verdanken wir unter anderem die Beliebtheit der Kartoffel“, steht zum Beispiel auf dem Flyer. Man könnte über derlei Absurditäten lachen, wenn der Hintergrund nicht ein so ernster wäre. Die Gruppierung „Ewiger Bund“, auf die der Flyer unter anderem verweist, wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Mitglieder der Reichsbürger-Szene verfügen zudem nicht selten über den Zugang zu Waffen und gelten als gewaltbereit.

Polizei: „Dem Staatsschutz Dortmund einschlägig bekannt“

Unsere Redaktion hat bei der Polizei nachfragt, inwieweit die Verteilung solcher Flyer in Unna bekannt ist und wie deren Inhalt einzuschätzen ist. Nach Rücksprache mit der zuständigen Abteilung für Staatsschutz in Dortmund antwortete Unnas Polizeisprecher Bernd Pentrop: „Die auf dem Flyer dargestellten Organisationen sind dem Staatsschutz Dortmund seit einiger Zeit und einschlägig bekannt.“

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Das verstärkte Wirkungsgebiet der Organisationen sei aber bislang nicht im hiesigen Zuständigkeitsbereich zu verorten. Die Flyer seien typisch für die Reichsbürgerszene und sprächen für sich. Sie würden aus hiesiger Sicht aber keinen Straftatbestand darstellen.

„Zweifelsfreie Reichsbürger“ in Unna im unteren zweistelligen Bereich

Unsere Redaktion wollte außerdem wissen, welche Erkenntnisse den zuständigen Behörden über Mitglieder und Strukturen einer Reichsbürger-Szene in Unna vorliegen. „Auch in Unna wurden in den zurückliegenden Jahren Reichsbürger/Selbstverwalter durch den Staatsschutz identifiziert“, antwortete Bernd Pentrop. Die aktuelle Zahl an Personen, die als „zweifelsfreie Reichsbürger“ identifiziert wurden, liege im unteren zweistelligen Bereich.

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„Ein besonderes Augenmerk liegt in der Erkennung einer Affinität zu Gewalt und insbesondere der Erhebung über den legalen Waffenbesitz“, so Pentrop weiter. Entsprechend der Vorgaben des Innenministeriums NRW seien den Betroffenen die Rechte zum Tragen legaler Waffen entzogen worden (die Zahlen liegen im unteren einstelligen Bereich) bzw. befänden sich im Prozess der Aberkennung. Eine Überwachung der Szene erfolge durch den Verfassungsschutz und nicht durch die Polizei. In Unna sei aber keine auffällige Entwicklung in der Reichsbürger-Szene festzustellen.

Allerdings hatten vor einigen Wochen bereits Schmierereien mit mutmaßlichen Reichsbürger-Parolen vor dem mobilen „Superblitzer“ des Kreises Unna in Massen für Aufsehen gesorgt. „Die Meldung über die angesprochenen Farbschmierereien am 30. April hat den Staatsschutz Dortmund erreicht“, so der Polizeisprecher dazu. „Dem Inhalt ist keine Strafbarkeit zu entnehmen. Hinsichtlich einer möglichen Sachbeschädigung wird dies aktuell geprüft.“