Recht ist eine komplexe Materie, das zeigt sich nun auch im Fall von Christoph Tetzner. Rund vier Monate nach seinem unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Stadtrat schließt auch die Staatsanwaltschaft Dortmund ihre Untersuchungen ab. Tetzner bleibt danach straffrei: Mangels Tatverdacht stellt die Behörde das Verfahren ein. Es sei nicht möglich, Tetzner einen Wahlbetrug nachzuweisen.
Dabei war gerade der Umstand, dass Tetzners vermeintliche Anschrift in Unna wohl eher eine Scheinadresse war, die Grundlage dafür, ihm das Ratsmandat zu entziehen. Muss diese Aberkennung nun überprüft werden? Die Antwort ist ein klares Nein.
Ein Rückblick: Bei der Kommunalwahl 2020 zieht Tetzner als Kandidat von „Wir für Unna“ in den Stadtrat ein. Doch schon kurz nach der Wahl kommt es zum Bruch zwischen ihm und seinen Mitstreitern. Bei der Gründung der WfU-Ratsfraktion ist Tetzner schon nicht mehr dabei. Stattdessen bildet er zusammen mit Petra Weber, der einzig verbliebenen Linke-Politikerin im Stadtrat, die Fraktion „Linke.plus“.
Doch „Wir für Unna“ zeigt Tetzner an. Das Wählerbündnis wirft ihm vor, gar nicht mehr in Unna zu leben, den Wähler also in dieser Hinsicht getäuscht zu haben.
Die Geschichte dahinter lässt sich nur grob skizzieren. Tetzner pendelt seit Jahren zwischen Deutschland und Griechenland, hat berufliche und private Verbindungen. Irgendwann im Winter 2020/21 scheint er aber nicht mehr zurück zu kehren. Seine bisherige Wohnung in der Unnaer Innenstadt gibt er aus der Ferne auf. Angeblich kommt er bei einem befreundeten Ehepaar unter, das ihm dafür auch eine Wohnungsgeberbescheinigung ausstellt. Im Februar 2022 klopft dort die Polizei: Eine Hausdurchsuchung zeigt keine Hinweise darauf, dass Tetzner sich dort regelmäßig aufhält.
Kein Unnaer? Kein Mandat!
Für die Stadt Unna reichte dieses Ergebnis aus, um Tetzner als Einwohner abzumelden und festzustellen, dass die Voraussetzungen für ein Ratsmandat nicht mehr gegeben seien. Im Mai dieses Jahres stellte der Rat der Stadt formell fest, dass Tetzner draußen ist.
Und vermutlich ist diese Feststellung weiterhin von den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft gedeckt, auch wenn diese das Verfahren eingestellt hat. „Dass er dort aktuell nicht wohnt, war offensichtlich“, betont Sonja Frodermann als Sprecherin der Dortmunder Staatsanwaltschaft. „Aber die Kontrolle hat auch nur den Ist-Zustand erfasst, nicht die Zeit davor.“
Vorsatz lässt sich Tetzner nicht nachweisen
Ob Tetzner nicht doch einmal eine Zeit lang bei seinen Freunden gewohnt hat oder Pläne hatte, es zu tun, sei dadurch nicht zu prüfen. Und: Betrug ist eine Vorsatzhandlung. Dass Tetzner schon zum Zeitpunkt der Wahl geplant hätte, gar nicht nach Unna zurückzukehren und das Mandat als Einkommensquelle weiterlaufen zu lassen, wird man ihm nicht nachweisen können. Vielleicht hätten sich die Dinge erst nach der Wahl so entwickelt, hält ihm die Staatsanwältin zugute. Tetzners Erklärung, dass die Pandemie mit ihren Reisebeschränkungen die Rückkehr nach Unna erschwert habe, sei zumindest nicht völlig abwegig. Und es gebe sogar einen Umstand, der Tetzner entlastet – nämlich seine Mitarbeit in der Linke.plus-Ratsfraktion via Video-Konferenz.
Strafrechtlich hat Christoph Tetzner in dieser Hinsicht also nichts mehr zu erwarten. An seinem Mandatsverlust zu rütteln ist aber auch nicht. Für eine mögliche Klage am Verwaltungsgericht hatte er die Frist verstreichen lassen. Ersetzt worden ist Tetzner inzwischen vom WfU-Listenkandidaten Sven Arndt.
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