Eine Fußgängerin ging über einen Zebrastreifen und wurde von einem Auto angefahren und schwer verletzt: Der schwere Unfall, der sich fünf Tage vor Heiligabend auf der Kleistraße (L821) in Unna-Massen ereignete, hat eine Diskussion um mangelnde Verkehrssicherheit an der Stelle entfacht.
Hartmut Ganzke, SPD-Landtagsabgeordneter und Bürgermeisterkandidat, hat sich jetzt für weitere Sicherheitsmaßnahmen an der Unfallstelle ausgesprochen. Der Massener will Forderungen nach mehr Verkehrssicherheit aufgreifen und hat diesbezüglich den Landesbetrieb Straßen NRW um ein Gespräch gebeten. Ganzke äußerte sich auf Anfrage der Redaktion zu Forderungen von Anwohnern nach einer Ampelanlage.
Zur Frage, ob er als Bürgermeisterkandidat die Forderungen nach einer Ampel aufgreifen würde, erklärte Ganzke: „Sicherheit im Straßenverkehr hat immer Vorrang und daher muss ein Bürgermeister immer schauen, wie er zu mehr Sicherheit beitragen kann. Ansonsten hat Meinolf Moldenhauer dazu gute Vorschläge gemacht, die es nun mit dem Landesbetrieb Straßenbau NRW abzustimmen gilt – Verkehrssicherheit muss ja auch dort von Interesse sein. Ich habe dazu bereits einen Termin angefragt.“
Meinolf Moldenhauer ist Ortsvorsteher von Unna-Massen und hatte nach dem Unfall einen „wütenden Brief“, wie er sagte, an Bürgermeister Dirk Wigant (CDU) geschrieben. Wigant soll eine neue Initiative für mehr Sicherheit an der Stelle ergreifen. Es geht um Tempo 30, aber auch um eine Ampel statt eines Zebrastreifens.

Der Bürgermeister reagierte zunächst zurückhaltend. Denn er ließ Anfang Januar in einer Antwort auf eine Anfrage der Redaktion offen, ob er eine solche Initiative ergreifen wird. Wigant wies aber darauf hin, dass die Voraussetzungen für die Anordnung von Tempo 30 nicht vorlägen und dass er Einschätzungen von Fachleuten und der Polizei folge. Demnach ist der „Fußgängerüberweg aus Verkehrssicherheitsgründen ausreichend“, da weder eine Häufung von Unfällen noch eine „ungesicherte Querung“ vorliege.
Zur Frage, ob er als Bürgermeisterkandidat Forderungen nach einer Ampel aufgreifen würde, erklärte Wigant damals durch die Pressestelle des Rathauses: „Der Bürgermeister nimmt Anregungen, Hinweise und Sorgen sowohl aus der Bürgerschaft als auch aus der Politik jederzeit auf, prüft sie sowohl persönlich als auch auf Verwaltungsebene und sucht entsprechend nach Lösungen.“
Bürgermeister nach anfänglichem Zögern für Ampel
Inzwischen ist Wigant bei der Lösungssuche offenbar weiter und äußert sich klarer: Wenige Stunden nach dem Bekanntwerden von Ganzkes Einsatz für eine Ampel bei Straßen NRW veröffentlichte das Rathaus am Mittwoch (29.1.) eine Pressemitteilung unter dem Titel: „Nach Unfall auf der Kleistraße: Bürgermeister setzt sich für Bau einer Ampel ein“.
Demnach bat Wigant die Leiterin von Straßen NRW bereits in einem Telefonat am 20. Januar darum, die Errichtung einer Ampel wohlwollend zu prüfen. Am Mittwoch (29.1.) schickte die Stadt Unna dann noch einen Brief hinterher mit weiteren Argumenten pro Ampel.
Ein Argument ist die Zunahme des Verkehrs. Eine Messung des Ordnungsamtes habe zuletzt rund 11.479 Kraftfahrzeuge pro Tag ergeben – eine deutliche Steigerung gegenüber den 9.468 Kraftfahrzeugen pro Tag im Jahr 2021. Angesichts des zunehmenden Verkehrs, der Bedeutung der Kleistraße als Bedarfsumleitung (U34) und der laufenden Infrastrukturprojekte wie dem Umbau des Autobahnkreuzes Dortmund/Unna und dem Ausbau von A44 und B1/A40 sei von einer weiter steigenden Verkehrsbelastung auszugehen.
Zunahme des Verkehrs als Argument für Ampel
Das andere Argument fußt auf den Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA). Eine Ampelanlage würde die Sicherheit der Fußgängerinnen und Fußgänger erheblich verbessern, insbesondere bei Dunkelheit und Regen. Die RiLSA unterstützen laut Wigant die Errichtung einer Ampel „insbesondere bei Unfällen, die durch eine solche Maßnahme hätten verhindert werden können“. Zudem werde bei einer Gefährdung besonders schutzbedürftiger Personen – wie Kindern und älteren Menschen – ausdrücklich eine Ampel empfohlen. „Die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger steht an erster Stelle. Eine Ampelanlage wäre ein wichtiger Schritt, um diese viel befahrene Stelle sicherer zu gestalten und weitere Unfälle zu vermeiden“, lässt sich Wigant in der Pressemitteilung zitieren.

Polizei sichert Tempo-Daten aus Unfallfahrzeug
Neue Erkenntnisse gibt es unterdessen zum Unfallhergang auf dem Zebrastreifen. Anders als von der Polizei bislang dargestellt, schob nicht die Frau (39) einen Kinderwagen, sondern ein vor ihr gehender Mann (54). Das haben die Ermittlungen eines speziellen Unfallaufnahmeteams ergeben, hieß es am Dienstag (28.1.) bei der Polizei in Unna.
Neu sind auch Aussagen des beschuldigten Unfallfahrers (80), der die Frau auf dem Zebrastreifen mit seinem Mercedes-SUV erfasst und schwer verletzt hatte. Er soll gegenüber der Polizei eingeräumt haben, dass er auf den Mann mit dem Kinderwagen geachtet, aber die dahinter gehende Frau übersehen habe.
Der Unfall passierte bei Regenwetter vor Sonnenaufgang, aber die Beleuchtung an der Kreuzung funktionierte, wie die Ermittlungen ergaben. Das Kind im Kinderwagen blieb unverletzt.
Unfallfahrer soll 36 km/h gefahren sein
Neben einer Ampel fordern Anwohner auch ein Tempolimit von 30 km/h. Die Stadtverwaltung prüft laut der Pressemitteilung im Rahmen der Lärmaktionsplanung, inwieweit eine Ausweitung von Tempo 30 auf den südlichen Bereich der Kleistraße möglich sei (Tempo 30 gilt bisher nur im nördlichen Teil).
Auch der SPD-Politiker Hartmut Ganzke will ein Tempolimit direkt bei Straßen NRW ansprechen, sobald er dort einen Gesprächstermin bekommt. Straßen NRW äußerte sich auf Anfrage der Redaktion noch nicht zu möglichen Konsequenzen aus dem Unfall.
Dem Unfallfahrer von der Kleistraße wird fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen. Einen Geschwindigkeitsverstoß beging er laut den polizeilichen Ermittlungen offenbar nicht. Die sichergestellten Daten aus dem Unfallfahrzeug sollen ein Tempo von 36 km/h ergeben haben. Erlaubt sind maximal 50 km/h.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde aktualisiert und um neue Informationen über die Unterstützung des Bürgermeisters für eine Ampel-Lösung ergänzt.
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