
© UDO HENNES
Abrisspläne für das Massener Bürgerhaus
Massen
Für den Neubau der Kita Wirbelwind in Massen zieht die Stadt Unna auch eine „große Lösung“ in Betracht. Sie setzt allerdings den Abriss des benachbarten Bürgerhauses voraus.
Neue Ausbaupläne für die Kindergärten in Unna stoßen in Massen auch auf Ablehnung. Denn dort scheint nun auch ein in Stein geformtes Stück Ortsgeschichte bedroht zu sein: Für den Neubau des Awo-Kindergartens Wirbelwind könnte nach ersten Gedankenspielen der Stadtverwaltung auch das benachbarte Bürgerhaus fallen.
Das Rathaus zieht die Errichtung eines Stadtteilzentrums in Betracht, wie es in ähnlicher Form am Erlenweg in der Gartenvorstadt steht. Dort sind ein Kindergarten und eine Begegnungsstätte unter einem Dach zu finden.
Die Bündelung der beiden Funktionen in einem Neubau wirkt zunächst als pragmatischer Ansatz. Das Gebäude des Kindergartens ist nicht nur zu klein für die wachsenden Betreuungsbedarfe der Eltern, sondern auch sanierungsbedürftig. Auch die Immobilie des heutigen Bürgerhauses ist schon fast hundert Jahre alt. Einmal „auf dem Weißen Blatt“ zu planen, würde nicht nur die Vergrößerung des Kindergartens zulassen, sondern auch moderne Gebäudestandards und Grundrisse, die passgenau auf die heutigen Nutzungen abgestellt sind.
Das Bürgerhaus ist in Massen mehr als eine Immobilie
Und doch stößt der Gedanke in Massen auf Ablehnung – zumindest bei Helmut Tewes, dem Vorsitzenden des Bürgerhausvereins.
„Das wird Widerstand geben, ähnlich wie bereits beim Einkaufszentrum“, vermutet er. „Solche Vorschläge können nur von Leuten kommen, die Massen nicht kennen und auch nicht dort verwurzelt sind. Wer so etwas vorschlägt, hat keine Ahnung von der Historie des Gebäudes,“ so Tewes.
Der pensionierte Lehrer und langjährige Lokalpolitiker gibt aber gerne Nachhilfe: In den 1920er-Jahren sei die noch selbstständige Gemeinde Massen nach der Zechenschließung in eine Wirtschaftskrise gerutscht. Über 80 Prozent der Menschen im Ort hätten auf der Straße gestanden, so Tewes. Die Gemeinde habe versucht, Perspektiven zu schaffen, in dem sie Bauaufträge ausgab.
An der Grenze zwischen Ober- und Niedermassen entstanden die Sporthalle, in dessen Mauern heute das Bürgerhaus untergebracht ist, aber auch ein Sportplatz, der die Keimzelle der SG Massen wurde, und eine Badeanstalt, aus der später das Freizeitbad wurde. Mit seinen öffentlichen Sanitäranlagen gab das Ensemble den Arbeitern auch die Möglichkeit, sich rein zu halten, was in jener Zeit keine Selbstverständlichkeit war.
Zuletzt bot das Bürgerhaus den Massenern eine Gelegenheit, Gemeinschaft zu pflegen. Angesichts des Kneipensterbens in der Region gebe es kaum noch Alternativen zum Bürgerhaus. Auch einige Vereine wie der Schützenverein würden ihr Domizil verlieren und in ihrem Bestand bedroht.

„Das wird Widerstand geben“: Der Bürgerhausvereinsvorsitzende Helmut Tewes vergleicht die Gedankenspiele für eine Überplanung mit der umstrittenen Einzelhandelsansiedlung an der Massener Bahnhofstraße, zu der es vor kurzem eine öffentliche Versammlung im Bügerhaus gegeben hat. © Hellweger Anzeiger Archiv
Welches Gewicht diese Hinweise vom Bürgerhausverein haben, ist nicht abzusehen. Tewes fürchtet, dass es in Unna „bestimmte Leute gibt, die wollen, dass in Massen alles abgerissen wird“. Er warnt davor, nach dem Abriss des Freizeitbades auch noch das Bürgerhaus anzutasten. „Dieses Gebäude abzureißen würde den Massenern auch das Herz aus der Brust reißen. Der Vorschlag ist völlig indiskutabel“, so Tewes.
„Bekommen so etwas immer nur hintenrum mit“
Auf offiziellem Wege habe der Bürgerhausverein noch keine Information zu den Plänen erhalten; man bekomme so etwas nur „hintenrum mit“. Die Stadt indes beschwichtigt: Zunächst gebe es nur die Bitte um einen Prüfauftrag, und selbst dabei sei es an der Politik, ob sie ihn in dieser Form erteilen will, erklärt Rathaussprecher Christoph Ueberfeld. Nachweislich stellt auch der Beschlussvorschlag der Verwaltung die Ideen unter den Vorbehalt, dass noch Gespräche mit dem Bürgerhausverein erfolgen müssten. „Wir stehen da noch ganz am Anfang“, sagt Ueberfeld. „Eigentlich sogar noch davor.“
Verwurzelt und gewachsen in der Hellwegbörde. Ab 1976 Kindheit am Hellweg in Rünthe. Seit 2003 Redakteur beim Hellweger Anzeiger. Hat in Unna schon Kasernen bewacht und grüne Lastwagen gelenkt. Aktuell beäugt er das politische Geschehen dort und fährt lieber Fahrrad, natürlich auch auf dem Hellweg.
