Drei Jahre Lockdown Studie bringt überraschende Ergebnisse über die Folgen für die Vereine

Drei Jahre Lockdown: Studie zeigt überraschende Ergebnisse über Folgen
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Die Corona-Pandemie hat die Welt im Jahr 2020 erschüttert. Der Sport blieb nicht verschont. Auch heute, drei Jahre nach dem Beginn des ersten Lockdowns, kämpfen viele Klubs immer noch mit den Folgen. Aber wie haben sich die Einschränkungen auf die Vereine ausgewirkt? Der Kreissportbund Unna (KSB) wollte es ganz genau wissen und ist dieser Frage zusammen mit der Fachhochschule Dortmund nachgegangen. Geleitet hat die Studie Prof. Dr. Ute Fischer aus dem FH-Fachbereich „Angewandte Sozialwissenschaften“. Im Zeitraum September bis Dezember 2022 nahm sie insgesamt 125 Klubs aus verschiedenen Sportarten im Kreis Unna genauer unter die Lupe. Sie führte für ihre Arbeit Interviews und schickte Fragebögen an die Vereine.

„Wir haben seitenlange Antworten bekommen, in deren Rahmen die Klubs ihrer Situation nochmal geschildert haben“, ist Fischer zufrieden über die Resonanz. Die positive Nachricht vorneweg: Das zu Beginn des Lockdowns befürchtete Vereinssterben ist ausgeblieben. Während in der freien Wirtschaft zahlreiche Firmen und Betriebe insolvent gingen, sind die Sportvereine finanziell insgesamt gut durch die Krise gekommen. „Das hat uns alle ein wenig überrascht“, sagt Fischer, „wir hätten deutlich größere Probleme erwartet“. Ihre Erklärung, speziell für den Fußball, ist logisch: In der spielfreien Zeit hätten die Klubs zwar kaum Einnahmen, auf der anderen Seite auch keine größeren Ausgaben gehabt.

„Viel mehr los als vor dem Lockdown“

Die coronabedingten Herausforderungen hätten eher den sozialen Bereich betroffen. Laut Fischer beklagten die meisten Vereine den Verlust des unbeschwerten Miteinanders: „Das Vereinsleben hat unheimlich stark gelitten.“ Vor allem ältere Mitglieder hätten sich oft zurückgezogen anstatt den Abend im Vereinsheim zu verbringen. Allerdings seien einige Klubs in der Krise kreativ geworden. „Sie haben innovative Ideen entwickelt, um das gewohnte Leben aufrechtzuerhalten“, berichtet Fischer.

Die Namen der Klubs möchte sie anonym halten. Sie hebt aber Vereine aus dem Radsport, Tennis, Tischtennis und Angeln hervor. So eröffnete ein Klub in Kamen ein Corona-Testzentrum. Ein Tennisverein strukturierte sich komplett neu: „Da ist jetzt viel mehr los als vor dem Lockdown.“ Zurückgegangen seien zwischenzeitlich auch die Mitgliederzahlen. Fischer möchte diesen Punkt jedoch nicht zu hoch hängen. „Das hat sich inzwischen in den meisten Vereinen wieder normalisiert“, sagt sie.

Fischer greift in ihrer Studie auch Probleme auf, die bis heute nicht gelöst sind. Zum Beispiel seien manche Sportstätten in einem schlechten Zustand, besonders die Schwimmbäder. „Schwimmer leiden unter fehlende Wasserflächen. Aber auch Hallensportarten haben mit unzureichenden Sanitäranlagen zu kämpfen gehabt“, berichtet Fischer. Viele Hallen seien jedoch nicht erst seit Beginn der Pandemie marode. Zudem hätten nicht alle Vereine gewusst, welche Fördergelder ihnen überhaupt zustehen. „Ich glaube, dass viele Gelder liegengeblieben sind“, stellt Fischer fest. „Aber wer pfiffig war, der hat seine Möglichkeiten gut genutzt, zumal das Geld beim Land in Coronazeiten relativ locker saß.“

Andreas Voss, Geschäftsführer des KreisSportBundes Unna (KSB Unna)
Andreas Voss, Geschäftsführer des Kreissportbundes Unna: „Corona hat keine neuen Probleme gebracht, sondern die vorhandenen verstärkt.“ © KreisSportBund Unna

Verschärft habe sich auch der Mangel an Übungsleitern und ehrenamtlichen Helfern: „Dadurch, dass keine Kinder nachgekommen sind, hat es auch an Eltern gefehlt.“ Fischer betont jedoch, dass die Corona-Einschränkungen keinesfalls der Hauptgrund für den Nachwuchsmangel im Übungsleiter- und Helferbereich seien. Die Problematik sei schon vor Corona bekannt gewesen. Die Pandemie habe jedoch die Suche nach Freiwilligen zusätzlich erschwert. „Viele ältere Ehrenämtler haben die Pandemie benutzt, um zu sagen: Jetzt reicht es auch mal mit meinem Ehrenamt“, gibt Fischer zu bedenken.

Fehlende Übungsleiter und verkommende Sportstätten seien vielmehr ein Dauerbrennerthema: „Das wird sich von alleine nicht wieder regulieren.“ Einige Vereine hätten das längst erkannt und würden den Übungsleitern Wochenendfahrten anbieten. „Ehrenamtler wollen keine Entlohnung, sondern Wertschätzung erfahren. Vereine, die das berücksichtigen, sind sehr erfolgreich.“ Schöner Nebeneffekt: In diesen Sportorganisationen sei auch das Vereinsleben gestärkt worden.

KSB hat Angebot an digitalen Schulungen optimiert

Die Coronakrise habe aber auch positive Entwicklungen begünstigt. So hätte die Studie auch gezeigt, dass die Digitalisierung mittlerweile in den Vereinen angekommen sei. „Viele Vereine haben eine digitale Fitnessplattform geschaffen oder digitale Trainingspläne erstellt“, berichtet Fischer. Der KSB hat auf dieses Ergebnis bereits reagiert und sein Angebot an digitalen Schulungen und Fortbildung optimiert.

„Wir werden die Möglichkeit schaffen, Schulungen komplett vor Ort durchzuführen. Der Coach sitzt dann nicht mehr zu Hause, sondern bei uns in einem Studio“, erklärt Andreas Voss. Der Geschäftsführer des KSB freut sich darüber, dass die Klubs die Chancen der Krise erkannt hätten: „Viele Vereine haben den Schritt in die digitale Welt gemacht. Dem wollen wir Rechnung tragen.“

Der KSB nutzte die Studie vor allem, um zu beobachten, wie er den Vereine noch stärker helfen kann. Ohnehin decke man schon ein großes Angebot ab. Die Haupterkenntnis: „Corona hat keine neuen Probleme gebracht, sondern die vorhandenen Probleme wie ein Katalysator verstärkt.“

In Gesprächen mit der Politik gehe es nun darum, die Bedürfnisse der Vereine anzusprechen: „Es ist immer besser, wenn man dank einer Studie wissenschaftliche Fakten in der Hand hat.“ Für die Zukunft hat Voss einen Wunsch: „Wenn uns die Krise eines gelehrt hat, dann, dass wir alle wieder enger zusammenrücken müssen.“

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