Martina Eden-Hetberg (v.l.) vom Personalrat der Stadt zog im Frühjahr die Gewinner der Impf-Auslosung. Notar Dr. Christoph Stiens und Impf-Koordinator Alexander Ruhe kontrollierten und notierten.

© (A) Jörg Heckenkamp

Impflotterie, Personalnot, unbeschwerter Sommer: Das Coronajahr 2021 Werne (Teil 2)

dzCorona-Pandemie in Werne

Corona? Der Sommer 2021 war über Wochen ein erholsamer Ausflug zurück in die Normalität. Die Pandemie schien soweit im Griff, dass wieder an Großveranstaltungen zu denken war. Ein Trugschluss.

Ascheberg, Herbern, Davensberg

, 30.12.2021, 05:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das Frühjahr 2021 stand ganz in einem Zeichen: der Coronatests. Insbesondere vor Ostern waren sie begehrt, um das Fest mit der Familie etwas unbeschwerter feiern zu können. Kurz gab es Anfang April Aufregung, da das Testkit-Unternehmen CoviMedical 80 Prozent seiner Testzentren in Deutschland vorübergehend schloss. Der Grund: Für 150.000 bis 200.000 Tests ging das Unternehmen wöchentlich in Vorleistung. Die Zahlungen der Krankenkassen verliefen schleppend. Schnell gab es aber für Werne Entwarnung: Da die Stadt die Testkits von den Unternehmen direkt abkauft, die Teststelle aber selber betrieben hat, drohten keine Testausfälle.

Und dann war da noch die Impf-Lotterie. Erinnern Sie sich daran? Der Impfstoff war Anfang 2021 so knapp, dass die Stadt Werne um allen eine faire Chance zu geben, allen Über-60-Jährigen anbot, sich auf ein von 192 AstraZeneca-Impfdosen zu bewerben. Bei den Wernern kam das allerdings nicht nur gut an, ein Leser bezeichnete die Lotterie als pietätlos, ein anderer als schändlich. Impfkoordinator Alexander Ruhe entgegnete damals: „Ich finde das immer noch richtig. Hätten wir zum Beispiel eine Telefon-Hotline eingerichtet, hätte es wahrscheinlich viele Beschwerden über die schlechte Erreichbarkeit gegeben.“

Wirrwarr um Coronaregeln auf dem Werner Wochenmarkt

Der Unmut in den Altersgruppen, die weiter auf eine Impfung warten mussten, wuchs derweil. Hinzu kamen noch fehlende Informationen, ob sich auch etwa Schwangere mit den Vakzinen impfen lassen können. So ging es auch Mario Naß und seiner Frau Barbara im April 2021. Beide machten sich große Sorgen vor einer Coronainfektion und was das mit dem damals ungeborenen Kind machen könnte.

Unsicherheit herrschte aber auch in der Politik. Und das hatte durch die immer neuen Coronaschutzverordnungen auch direkte Konsequenzen für Werne - etwa auf dem Wochenmarkt: Erst waren die Textilhändler verboten, dann wieder erlaubt und dann wieder verboten. Kurz konnte sich auch der Betreiber der Minigolf-Anlage am Stadtwald freuen, weil sie eine Genehmigung wie für Sportanlagen bekommen hatte. Der Stadt fiel der Fehler aber dann auf und die Anlage musste schließen.


Dann im Mai endlich ein paar Schritte zurück in die Normalität: Endlich gab es Impftermine für Lehrer weiterführender Schulen, Mitarbeiter in Lebensmittelgeschäften und Drogerien. Der Leiter des St.-Christophorus-Gymnasiums Thorsten Schröer berichtete von einem großen Aufatmen im Kollegium. Ärzte verzichteten tagtäglich auf ihre Mittagspausen oder impften durch, um die extrem hohe Nachfrage nach den Coronaimpfungen zu decken. Trotzdem: Coronaausbrüche in Schulen und Kitas wie in der Kita Lütkeheide Anfang Mai kamen immer wieder vor. Ganze Gruppen und Klassen mussten geschlossen werden.

Von Ende April bis Ende Mai sackte die 7-Tages-Inzidenz in Werne von rund 270 auf quasi 0. Die Rückkehr in die Normalität forderte aber auch die Überwindung so mancher bürokratischer Hürde. So wartete das Solebad im Mai sehnsüchtig auf die Coronaschutzverordnung, die einen Freibadbetrieb erlauben würde. Anfang Juni dann konnte sogar wieder das Solebecken öffnen - sofern man geimpft oder negativ getestet war.

Teststellen reduzierten ihr Angebot, Gastro mit Personalproblem

Auch die Maskenpflicht in der Werner Innenstadt fiel. Feiern waren wieder mit bis zu 250 Personen im Freien erlaubt. Sogar die Krankenhäuser im Kreis dachten langsam an eine Lockerung der Besucherregeln. Auch für die Gastronomie ging es wieder bergauf - das Problem nur: Das Personal blieb aus. Viele, die ursprünglich in der Gastronomie gearbeitet hatten, hatten während des Lockdowns Jobs in anderen Branchen gefunden.

Die Pandemie schien so gebannt, dass sogar die Schnellteststellen ihre Öffnungszeiten und Angebote einschränkten, weil die Nachfrage mit den Impfungen rapide eingebrochen war. So fiel der Drive-In-Schalter des Testzentrums am Solebad weg. In der Woche vom 24. bis 30. Mai hatte die Zahl der Schnelltests unseren Erhebungen nach ihr ungebrochenes Hoch von 8025 erlebt. Mitte Juli waren es dann nur noch 3182 in einer Woche. Derweil war der Terminstau im Bürgerbüro in Werne mit Eintreten der Lockerungen deutlich spürbar: Viele wollten neue Personalausweise und Reisepässe, sodass die Stadt von einer „extremen Nachfrage“ sprach.

Doch die sommerliche Unbeschwertheit währte nur kurz, nicht nur, weil viele Urlaubsziele zwischenzeitlich zu Hochrisikogebieten erklärt wurden, sondern auch weil die Politik mit neuen Coronaregeln reagierte. Die Maskenpflicht in Bus und Bahn, Einzelhandel und Arztpraxen wieder auf Restaurants und Gastronomien ausgeweitet. Läden beschränkten ihre Kundenzahlen. Volks- und Schützenfeste sowie der Betrieb von Diskotheken wurden ab einer bestimmten Infektionsstufe verboten. Und die Deltavariante schlich sich langsam in den Kreis Unna.

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Trotzdem wurden große Feste wie die Sim-Jü weiter geplant. Den Schulämtern wurde die Möglichkeit gegeben, aus dem Coronawinter 2020 zu lernen und Luftfilter über Förderprogramme anzuschaffen. Allerdings waren diese nur für schlecht belüftbare Räume förderfähig. Was dazu führte, dass kein einziger Luftfilter in einer Werner Schule angeschafft wurde. Für viele Lehrer ein Schlag ins Gesicht. Die Stadt wiederum berief sich auf die Studien des Umweltbundesamtes. Ergebnis: Lüften müsse es richten.

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