Ehemaliger Abgeordneter Hubert Hüppe (68) aus Werne Merkel, Schäuble und ein Herzensthema

Ehemaliger Abgeordneter Hubert Hüppe (68): „Wehmut ist schon dabei“
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Seit 1993 wohnt Hubert Hüppe mit seiner Familie in Werne. Geboren wurde er in Lünen, wo er seine Berufsausbildung bei der Stadtverwaltung absolvierte. Seit 1991 gehört er, mit Unterbrechungen, als Abgeordneter dem Deutschen Bundestag an. Gehörte, muss man nun sagen. „Das war meine eigene Entscheidung“, sagt der 68-Jährige. „Ich wollte nicht ‚entschieden werden‘.“ Folglich trat er für die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 nicht mehr an. Er schließt gleich eine Geschichte über einen Politiker an, der nicht aufhören konnte. Über den dann eben ‚entschieden wurde‘.

Hüppe wohnt in einem Eigenheim im Werner Osten. „Wir haben uns damals bewusst für den Evenkamp entschieden“, sagt der Christdemokrat, als er die Tür öffnet. Da steht er, der Polit-Rentner. Weißes Hemd, moderne, enge Jeans, das weiße Haar schick geschnitten. Nur die Haus-Latschen passen nicht ganz ins modische Bild. Nun gut, er hat Knieprobleme. Vielleicht ist das Schuhwerk dem Leiden geschuldet.

Hubert Hüppe war von 2009 bis 2013 Behindertenbeauftragten der Bundesregierung unter Angela Merkel (Foto), obwohl er zu der Zeit kein Abgeordneter war.
Hubert Hüppe war von 2009 bis 2013 Behindertenbeauftragter der Bundesregierung unter Angela Merkel, obwohl er zu der Zeit kein Abgeordneter war. © picture alliance / dpa

Hüppe hat Schmerzen im Knie

Er war noch nicht ganz aus dem Bundespolitik-Betrieb raus, da bekam er Knieschmerzen. „Dabei wollte ich wieder mehr Fußball und Volleyball spielen“, sagt er. Aber es gehe schon besser. Am Morgen habe er wieder Physio gehabt. Wer die Auf´s und Ab’s im Bonner, später Berliner Politbetrieb mitgemacht hat, lässt sich von einer läppischen Orthopädie-Malaise nicht bremsen.

Wie beginnt man ein Gespräch mit jemandem, der über Jahrzehnte in der Topliga des deutschen Polit-Betriebes mitgespielt hat? Der zweimal den Sprung ins Parlament verpasst hat und trotzdem wiedergekommen ist? Der einem Wolfgang Schäuble angesichts der CDU-Parteispendenaffäre persönlich geraten hat, nicht mehr anzutreten? Vielleicht fängt man bei seinem Vater Franz an.

„Verehre meine Eltern bis heute“

„Ich verehre meine Eltern bis heute“, sagt er, „vor allem meinen Vater.“ Der habe ihn politisch geprägt. Wertkonservativ ist wohl das passende Adjektiv für Franz Hüppe, mit starker christlicher Prägung. „Das habe ich übernommen.“ Auch das Christliche? „Ja“, sagt der römisch-katholische Ex-Abgeordnete, „der Glaube ist für mich auch heute noch wichtig. Ich versuche, regelmäßig sonntags in die Kirche zu gehen.“ Meistens klappe es. Politisches Denken wurde Klein-Hubert quasi in die Wiege gelegt. „Mit elf Jahren war ich auf meiner ersten Demo“, sagt er und lächelt mal wieder. Das macht er oft im Gespräch. Sich erinnern und lächeln. Trotz etlicher Ab’s. Es scheint in Hubert Hüppes bisherigem Leben viele Auf’s gegeben zu haben.

Polit-Profi - der 68-jährige Hubert Hüppe kennt den Politbetrieb seit langem. In den Memoiren von Wolfgang Schäuble taucht er in einer Passage rund um den CDU-Parteispenden-Skandal auf.
Polit-Profi - der 68-jährige Hubert Hüppe kennt den Politbetrieb seit langem. In den Memoiren von Wolfgang Schäuble taucht er in einer Passage rund um den CDU-Parteispenden-Skandal auf. © Jörg Heckenkamp

Liebe auf den ersten Blick

Kaum fällt ein Stichwort, schwenkt der Vater von drei erwachsenen Kindern und zwei Enkeln auf den nächsten Erzählstrang um. Gerade geht es um seine Ehe. „Ich habe meine Frau auf einer Geburtstagsfeier kennengelernt. Am nächsten Tag habe ich zu Freunden gesagt: ‚Die Frau heirate ich‘.“ Seine Freunde wollten ihn bremsen, doch Hüppe war sich ganz sicher. „Ein Jahr später haben wir geheiratet.“ Demnächst, im Juni 2025, wird 40. Hochzeitstag gefeiert.

Hüppe greift zu seinem Kaffee. Er trinkt ihn, wie aus Frankreich bekannt, aus einer großen Schale. Dem Reporter stellt er eine Henkeltasse mit der Aufschrift „Werne an der Lippe“ hin. Als das Thema „Inklusion“ aufkommt, ist er in seinem Element. Ob die Behinderung seines Sohnes (Spina bifida; Offener Rücken) ihm das Thema vorgegeben und ihn schließlich zum Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen gemacht habe? „Nein. Das war schon vorher für mich ein Thema.“

Inklusion in Regelschulen

Hüppe vertritt dazu Standpunkte, „die nicht jedem in meiner Partei passen“. So sprach er sich 2012 für ein Verbot eines vorgeburtlichen Bluttests zur Erkennung der Trisomie 21 (Down-Syndrom) aus. Während andere den Bau von Förderschulen für Behinderte befürworten, würde Hüppe dieses Geld lieber in die Integration von Behinderten in den Regelschulen stecken. Hierbei mag auch die schwierige Selbst-Erfahrung mit der Beschulung des eigenen gehandicapten Kindes in Werne eine Rolle gespielt haben. Der dreifache Vater hat dazu einen Satz geprägt: „Wer Inklusion will, sucht Wege. Wer sie nicht will, sucht Begründungen.“ Dass der Satz auch heute noch zitiert wird, bezeichnet der 68-Jährige als „schon ganz schön“.

Tja, und irgendwie sind wir schon wieder beim nächsten Thema. Es ist nicht ganz einfach, Hüppes Gedankengängen und Erzählungen zu folgen. Der Mann hat so viel erlebt, so viel mit einstmals prominenten Politikern zu tun gehabt: Rüttgers, Biedenkopf, Voscherau, Schäuble. Er kann Interna berichten, sagt dann aber direkt: „Das dürfen Sie jetzt aber nicht schreiben.“ Und Humorvolles aus dem Polit-Betrieb. Ob er es bedauert, jetzt nicht mehr das ganz große Rad zu drehen? „Nein, ich habe es ja so gewollt.“ Es klingt ein bisschen so, als ob er daran glauben möchte.

Dann schiebt Hüppe hinterher: „Ich werde ja nicht unpolitisch werden.“ Seine Stimme klingt jetzt fester. „Ich bin Vorsitzender der Kreis-Senioren-Union, Vize-Vorsitzender im Bezirksvorstand.“ Er habe noch einiges vor, „da kann ich aber jetzt noch nicht drüber sprechen.“ Hubert Hüppe hält kurz inne. Er blickt gerade mit dem inneren Auge zurück. Auf drei Bundestagsperioden in 34 Jahren. „Wehmut ist schon dabei. Wenn man raus ist, ist man raus.“

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