Wenn Nicole Schulte und Henry Dickgreber mit ihrer neuen Wein-Show auf Sendung gehen, führen sie ein in die Welt rockiger Weine, sondern auch in das Universum der edlen Tropfen. Und das buchstäblich: mit einem Gin der Science-Fiction-Serie Star-Trek. „Füllt man das Glas mit Soda auf, verfärbt sich der Gin von hypnotischem Blau auf Polarlicht-Grün“, sagt vor laufender Kamera Nicole Schulte, Inhaberin des Weinhauses an der Bahnhofstraße 7 in Kamen.
„Beam me up, Scotty“: So fühlt es sich für Nicole Schulte und Henry Dickgreber an, wenn sie einmal wöchentlich in den Sozialen Medien ihre Zuschauerinnen und Zuschauer über neue Angebote informieren. Hauptsächlich über Instagram und Facebook. „Es ist heutzutage ganz wichtig, dort zu sein“, sagt die Inhaberin des Kamener Traditionsgeschäfts. Und es ist ein Kampf um Kunden in einer Zeit, in der inhabergeführte Geschäfte kein Selbstläufer mehr sind.

Tradition verpflichtet, verhindert aber auch nicht Neues
Seit 32 Jahren gibt es das Weinhaus Schulte in Kamen, davon 10 Jahre an der Oststraße und jetzt seit 22 Jahren an der Bahnhofstraße. Tradition verpflichtet in Sachen Qualität, hindert Schulte aber nicht daran, neue Wege zu gehen, um den kleinen Laden in Kamen im Gespräch zu halten. Einmal um die Ecke, im Veranstaltungsraum am Hanenpatt, hat sie ihr kleines Studio eingerichtet. Dort, wo sonst Weinproben und kleine Feste stattfinden, nimmt sie mithilfe von Dickgreber, Schüler der Gesamtschule Kamen und Praktikant im Weinhaus, nun die Zwei-Minuten-Beiträge für die Social-Media-Welt auf.
Immer montags laden sie den aktuellen Beitrag hoch – und der ist mit entsprechendem Logo und Einspieler für die wachsende Fangemeinde sofort zu erkennen. Mittlerweile sind sieben Folgen erschienen und im Netz aufrufbar.
Sich immer wieder neu erfinden
Der positive Effekt durch die neue Strahlweite ist für Schulte nachweisbar. „Erst am Dienstag kamen Kunden, die über das Video auf den Wein aufmerksam wurden.“ Die kauften den Iron-Maiden-Wein, der in Kooperation mit den britischen Rock-Legenden entstanden ist. „Ein trockener Rotwein aus Portugal, streng limitiert“, erzählt Schulte. Auf wenige Flaschen limitiert ist auch der Star-Trek-Gin, vorgestellt in Weinshow-Folge 4. „Aber wir können nicht jedes Mal so etwas Verrücktes machen.“
Verrücktes machen – das liegt Schulte eigentlich gar nicht so fern. Vor Jahren erweiterte sie das Traditions-Sortiment aus Feinkost, Spirituosen und Wohnaccessoires um ausgefallene Designer-Mode. Um Leerstände zu kaschieren, mietete sie ein Ladenlokal gegenüber, deren Schaufenster-Fläche sie jetzt zusätzlich nutzt. „Nur von Wein und Feinkost könnten wir nicht leben. Und man muss sich immer wieder neu erfinden, um auf sich aufmerksam zu machen und sich abzugrenzen“, sagt sie. Wie jetzt mit der Wein-Show.

Hauptaugenmerk liegt auf Präsenz vor Ort
Auf dem Social-Media-Auftritt liegt indes nicht das Hauptaugenmerk der Einzelhändlerin, sondern auf der Präsenz vor Ort – wie jetzt auch mit einem Stand auf dem Adventsmarkt, der am 29. November beginnt. Zurzeit ist Schulte mitten im Weihnachtsgeschäft und schnürt beispielsweise Präsente für eine Firma aus Unna. „Gleich 50 Stück“, sagt sie zufrieden. In der Nachbarstadt hat sie viele Kunden wie auch in Kamen und in der Nachbarschaft wie Hamm und Werne. Sechs Mitarbeiter beschäftigt sie an dem Standort, der am Rande der Fußgängerzone nicht ideal erscheint. „Aber man kann hier direkt vorfahren und einladen“, beschreibt sie einen Vorteil.

Und so ist ihre Hoffnung groß, dass jener Standort, für den sie mit ihrer Wein-Show wirbt, interessant bleibt. „Ich liebe mein Geschäft – und das ganze Team liebt es, wenn Kunden glücklich sind.“ Dass dieses Gefühl nicht nur einseitig ist, demonstrierte jüngst eine Kundin, wie Schulte berichtet. „Die brachte uns belegte Brötchen mit den Worten: Ich weiß ja, Sie arbeiten so viel.“ Wenn das nicht eine Szene wert wäre – in einer neuen Folge der Wein-Show.