Die Vollbremsung kommt zu spät. Der Lkw bleibt mitten auf dem Fuß- und Radüberweg stehen. Das hätte gefährlich werden können.

Die Vollbremsung kommt zu spät. Der Lkw bleibt mitten auf dem Fuß- und Radüberweg stehen. Das hätte gefährlich werden können. © Marcel Drawe

Vollbremsung auf der Bachmann-Kreuzung: Radfahrer in Lebensgefahr

dzRadfahren in Kamen

Der Lkw-Fahrer macht eine Vollbremsung, weil er das Rotlicht zu spät sieht. An der Bachmann-Kreuzung leben Radfahrer gefährlich. So würde heute kein Verkehrskreuz mehr gebaut werden.

Kamen

, 30.05.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Der 40-Tonner bremst zu spät. Als der orangefarbene Lkw zum Stehen kommt, hat er die Stopplinie um zwei bis drei Meter überrollt und blockiert nun den Überweg für Fußgänger und Radfahrer. Noch mal gutgegangen: Nur einige Sekunden zuvor hat der Radfahr-Experte Klaus Holzer die Stelle überquert, als er mit unserer Redaktion den Test macht: Wie fahrradfreundlich ist die sogenannte Bachmann-Kreuzung? Eine Frage, die umformuliert werden könnte: Wie gefährlich ist das Verkehrskreuz, über das Kamens zentrale Verkehrsadern – die Hochstraße, Lünener Straße und der Westring – verknüpft werden?

Radfahrer dürfen die Hochstraße aus Sicherheitsgründen nicht befahren. Das Schild, auf das Radfahr-Experte Klaus Holzer zeigt, steht aber symbolisch für die gesamte Bachmann-Kreuzung, auf der das Radfahren schwierig ist.

Radfahrer dürfen die Hochstraße aus Sicherheitsgründen nicht befahren. Das Schild, auf das Radfahr-Experte Klaus Holzer zeigt, steht aber symbolisch für die gesamte Bachmann-Kreuzung, auf der das Radfahren schwierig ist. © Marcel Drawe

Manche Piktogramme sind kaum zu erkennen

In diesem Fall sehr. Aber auch in anderen. Die Kreuzung, die vor Jahrzehnten geplant und gebaut wurde, ist als Träger der Bundesstraße 233 vor allem für Autos, Laster und Busse gemacht.

Für Radfahrer, die über die vielbefahrene Straße hinweg wollen, ist es kompliziert. Die Piktogramme sind zu Teilen verblasst, einige Hinweise sind unklar und manche Wegeführung ist verwirrend. „Das Fahrradsymbol ist nur mit viel gutem Willen zu erkennen“, sagt Klaus Holzer und weist auf eines von mehreren abgewetzten Zeichen auf dem Asphalt. Wenn der Gästeführer die Radfahrer an der Kreuzung beobachtet, stellt er fest: Fast jeder wählt einen anderen Weg. Eine derartige Kreuzung würde wohl heute so nicht mehr gebaut. Holzer: „Es ist zwar erlaubt, mit den Autos zu fahren. Aber das grenzt an Selbstmord.“

An dieser Stelle sind die Radfahr-Piktogramm noch teilweise erkennbar. An manchen Stellen sind von den Symbolen nur noch Schatten zu sehen.

An dieser Stelle sind die Radfahr-Piktogramme noch teilweise erkennbar. An manchen Stellen sind von den Symbolen nur noch Schatten zu sehen. © Marcel Drawe

Sicheres Überqueren nimmt Zeit in Anspruch

Und so etwas hat freilich niemand vor. Ziel ist das sichere Überqueren, das lieber nicht im fließenden Autoverkehr, sondern an der Fußgängerampel (ein Radfahrsignal gibt es nicht) erfolgen sollte. Das dauert allerdings, weil die Ampeln zwischen Haupt- und Abbiegespuren nicht aufeinander abgestimmt sind. „Man muss mehrere Ampelphasen abwarten, bevor man auf der anderen Seite ist“, so Holzer. Wer beispielsweise vom Eilater Weg kommt und die Lünener Straße überqueren will, muss mit einigen Minuten Wartezeit rechnen – was freilich kein buchstäbliches Alleinstellungsmerkmal für Radfahrer ist, sondern vor den Ampeln auch für Autofahrer gilt: Oftmals staut sich der Verkehr an der Ampelkreuzung weit zurück. Kaum eine Richtung ist dabei ausgenommen.

Der Fahrtrichtung entgegen und links ab auf einen holprigen Fußweg, der für Radfahrer freigegeben ist. An der Bachmann-Kreuzung wird es für Radfahrer schwierig.

Der Fahrtrichtung entgegen und links ab auf einen holprigen Fußweg, der für Radfahrer freigegeben ist. An der sogenannten Bachmann-Kreuzung wird es für Radfahrer schwierig. © Marcel Drawe

So beschwerlich geht es über die Bachmann-Kreuzung

Ausgenommen kompliziert ist es trotzdem für Radfahrer, die Kreuzung zu kreuzen. Hier einige Beispiele:

  • Wer aus der Stadtmitte kommt und in Richtung Lünen (VKU/Technopark etc) fahren möchte, sieht am Ende der Rechtsabbiegespur einen rotfarben geklinkerten Radweg, der auf den Bürgersteig führt. Das wird aber nirgendwo angezeigt. „Wer geradeaus will, muss auf die Rechtsabbiegespur und dann auf den Bürgersteig. Das ist nicht logisch“, so Holzer.
  • Wer aus Richtung Lünen kommt und in die Stadtmitte möchte, absolviert mehrere Ampelphasen und landet auf einem schmalen Bürgersteig, der für Radfahrer eigentlich nicht zugelassen ist. Erst zehn Meter später in Höhe der Hausnummer 237 gibt es eine Bordsteinabsenkung, um wieder auf die Fahrbahn zu kommen. Holzer: „Dem Radfahrer bleibt nur eines übrig: Absteigen und schieben.“
  • Wer vom Westring und geradeaus weiter möchte kommt, findet keinen Hinweis, dass auf der anderen Seite ein komfortabler Radweg mit dem Eilater Weg zu finden ist – deutlich zu erkennen ist allerdings das Verbotsschild für Radfahrer, die nicht auf die Hochstraße dürfen. Die verblassten Radfahrer Piktogramme, die zum Eilater Weg führen, sind kaum noch sichtbar.

Vom Radfahr-Piktogramm auf der Straße ist nur ein Schatten zu erkennen.

Vom Radfahr-Piktogramm auf der Straße ist nur ein Schatten zu erkennen. © Marcel Drawe

Zahlreiche Verbesserungen für Radfahrer

Die Kreuzung steht stark im Widerspruch zu zahlreichen Verbesserungen für den Radverkehr, die es in den vergangenen Jahren in Kamen gegeben hat. Vor allem die Abstellsituation in der Innenstadt und den Stadtteilen ist besser geworden – es gibt Radparkhäuser in der Fußgängerzone, am Bahnhof Kamen und am Bahnhof Methler. Mehrere Fahrradstraßen sind eingerichtet worden, teilweise allerdings halbherzig wie die auf der Bahnhofstraße zwischen Maibrücke und Rathaus. Radfahrer, die mit dem angekündigten RS1 auf eine schnelle Verbindung in die Nachbarstädte hofften, warten schon fast zehn Jahre. Kürzlich angekündigt wurde der Ausbau des Eilater Wegs.

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Viel Verbesserungsbedarf bei der nächsten Sanierung

Aktuell gibt es auf der Bachmann-Kreuzung viel Verbesserungsbedarf. Einerseits gilt es, die verblassten Zeichen zu erneuern. Andererseits benötigen Radler einen sicheren Raum, der bei einer Neugestaltung berücksichtigt werden muss. Denn, so Holzers Kreuzungs-Bilanz: „An Radfahrer wurde hier überhaupt nicht gedacht – es wird einem extrem schwer gemacht.“

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Video mit Fahrt über den Eilater Weg bis zur Bachmann-Kreuzung

Holprig, knifflig, undurchsichtig: Mit Gästeführer Klaus Holzer steuern wir für Radfahrer problematische Stellen im Stadtverkehr an, um zusätzliches Bewusstsein für die Bedürfnisse von Radfahrern zu schaffen und auch die Verantwortlichen zu bewegen, Konsequenzen zu ziehen. Dieses ist der neunte Teil.