
Blick auf die CovPass-App, die anzeigt, dass die letzte Auffrischungsimpfung bereits 208 Tage her ist. Was ist jetzt zu tun, damit der Schutz gegen Corona auch vorhanden ist, wenn das Ansteckungsrisiko zum Herbst wieder steigt? © Stefan Milk
Vor über 200 Tagen die letzte Impfung gegen Corona – und jetzt die vierte?
Kampf gegen Corona
Die letzte Impfung gegen Corona ist bei vielen einige Monate her. Ist nun ein weiterer Booster mit der vierten Impfung notwendig? Der Kamener Allgemeinmediziner Dr. Thomas Heine weiß Rat.
Auffrischungsimpfung vor 208 Tagen – oder ein paar Tage mehr oder weniger. Wer jetzt auf die Anzeige seiner Corona-App blickt, stellt fest, dass die letzte Impfung gegen das Coronavirus schon einige Monate her ist. Im Angesicht steigender Fallzahlen stellt sich nun so mancher die Frage: Ist es sinnvoll, sich jetzt noch einmal impfen zu lassen?

Alexandra Kosak, medizinische Fachangestellte, setzte im August vergangenen Jahres im Impfbus vor Ikea eine Corona-Impfung an. Für viele Bürger stellt sich jetzt die Frage, ob sie sich einen Termin für eine vierte Impfung geben lassen sollen. © Stefan Milk
Zurzeit etwa 50.000 Impfdosen pro Tag
Allein am Mittwoch wurden laut Robert-Koch-Institut (RKI) 50.000 Impfdosen in Deutschland verabreicht. Damit sind bundesweit nun mindestens 63,3 Millionen Personen oder 76,2 Prozent grundimmunisiert. Mindestens 51,3 Millionen Personen (61,6 Prozent) haben eine oder zwei Auffrischungsimpfungen, den sogenannten Booster, erhalten. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl Kamens (ca. 43.000) bedeutet das, dass 32.766 Kamener grundimmunisiert sind, wobei davon 26.488 bereits einen oder zwei Booster erhalten haben.
Der Kamener Allgemeinmediziner Dr. Thomas Heine führte zum Höhepunkt der Corona-Krise, als gerade der Wirkstoff zur Verfügung stand, unzählige dieser Impfungen zu Sonderterminen am Abend durch. Ist ein neuerlicher Booster nun notwendig?
Handlungsgrundlage ist die Empfehlung der Stiko
Dr. Heine hält sich zurzeit an die aktuelle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). Diese sieht zurzeit eine zweite Auffrischimpfung für besonders gesundheitlich gefährdete bzw. exponierte Personengruppen vor – unabhängig vom Alter. „Diese Empfehlung ist Grundlage für unsere Patientengespräche. Im Zweifel rate ich zur Impfung, der Patientenwunsch ist aber entscheidend“, sagt der Mediziner auf Anfrage. Auch das persönliche Risikoempfinden und die Beurteilung der eigenen Lebensumstände spielten eine Rolle. Viele Patienten wüssten bereits bei der Terminvergabe, was sie wollten. „Der mündige Patient“, so Heine, „nutzt Möglichkeiten, sich auch unabhängig vom Arztgespräch zu informieren.“
Termin im Regelfall binnen zwei Wochen
Wer sich nun für eine weitere Impfung entscheidet, der muss nicht mehr um Termine ringen und bangen, wie es vor etwa anderthalb Jahren war, als der Impfstoff gerade erst entwickelt war. Heine: „Einen Termin erhält man im Regelfall innerhalb von zwei Wochen, Impfstoff steht ausreichend zur Verfügung.“ Die Impfnachfrage sei überschaubar, daher seien Impftermine zwar nicht täglich angesetzt, aber zu bestimmten Praxiszeiten.
Auch Long-Covid beschäftigt die Kamener Ärzte, allerdings nur punktuell. „Long-Covid- bzw. Post-Covid-Diagnosen sind in den Arztpraxen allgegenwärtig, sind aber insgesamt noch Einzelfälle“, so Heine. Nach seinem Empfinden habe sich der Alltag einer Arztpraxis seit Pandemiebeginn verändert, „aber es haben sich mittlerweile Routinen eingespielt – zum Beispiel Infektsprechstunden, verstärkte Hygienemaßnahmen, veränderte Kommunikationswege mit Patienten wie verstärkte E-Mail-Nutzung.“
Deutlich steigende Fallzahlen ab Herbst erwartet
Ab dem Herbst ist laut renommierter Virologen allerdings mit deutlich steigenden Infektionszahlen zu rechnen. Weil von einem „aktuell hohen Immunisierungsgrad in der Bevölkerung und gleichzeitig Virusvarianten mit verringerter Krankheitsschwere auftreten“, ist die Situation laut Experten-Rat der Bundesregierung nicht mit vorigen Pandemie-Jahren zu vergleichen. Durch nachlassenden Impfschutz und der weiterhin bestehenden Impflücke gebe es indes eine „relevante Immunitätslücke“.
Dr. Heine will keine Prognose für Herbst und Winter abgeben. „Die Expertenmeinungen gehen zu weit auseinander. Vorsicht ist angebracht, aber keine Panik.“ Seine Einschätzung: „Aktuell funktioniert das Gesundheitswesen, vorsichtiger Optimismus ist berechtigt.“
Jahrgang 1968, aufgewachsen in mehreren Heimaten in der Spannbreite zwischen Nettelkamp (290 Einwohner) und Berlin (3,5 Mio. Einwohner). Mit 15 Jahren erste Texte für den Lokalsport, noch vor dem Führerschein-Alter ab 1985 als freier Mitarbeiter radelnd unterwegs für Holzwickede, Fröndenberg und Unna. Ab 1990 Volontariat, dann Redakteur der Mantelredaktion und nebenbei Studium der Journalistik in Dortmund. Seit 2001 in Kamen. Immer im Such- und Erzählmodus für spannende Geschichten.
