
Reinhard Fehling und „Die letzten Heuler“ gaben ihrem neuen Programm „Wie wir leben wollen“ in der Konzertaula die Premiere. © Joerg Prochnow
Unerschütterliche Visionen in Kamen – Neues Fehling-Projekt mit den „Heulern“
Kamen – Kultur
Reinhard Fehling, „Die letzten Heuler“ und „Die wilde 7“ führten ihr neues Programm am vergangenen Sonntagabend zum ersten Mal in der Konzertaula auf.
Solch regen Besuch von Hörenden gemischten Alters würde man sich auch bei den Sinfoniekonzerten wünschen: Musik und Poesie, komponiert, arrangiert und dargeboten von Menschen aus Kamen, ist allerdings auch für die Besucherinnen und Besucher eine Herzensangelegenheit.
„Guten Abend! Das ist ja ein stärkerer Empfang als in der ‚Heute-Show‘“, staunt Reinhard Fehling in seiner saloppen Begrüßung. Aber nach den anfänglichen Kalauern wird‘s schnell ernster. Denn Fehlings Thema „Wie wir leben wollen“ ist in seiner Zusammenstellung von Visionen zukünftigen Lebens nicht erst heute von aktueller Dringlichkeit.
Vorstellungen, Träume, Utopien
Schon immer hatten die Menschen Vorstellungen, Träume, Utopien von einem besseren Leben unter menschenwürdigeren Bedingungen. Sie ziehen sich durch die Jahrtausende und Dichter vieler Nationen haben ihnen durch ihre Sprache Gestalt verliehen.
An diesem Abend leiht ihnen Schauspielerin Barbara Blümel ihre Stimme; ihre Rezitationen gliedern die Abfolge von nachdenklich stimmenden, anrührenden und aufrüttelnden Liedern, angefangen bei den Beatles über Helmut Richter, Hanns Eisler und Percy Bysshe Shelleys „Rise like Lions“ bis hin zu Orlando di Lassos „Matona mia cara“, auf dessen Landsknechtständchen der Österreicher Heinz Rudolf Unger die wahre Geschichte von „Herrn Chigi und Herrn Raffael“ setzt. Nicht genug damit: Unger mokiert sich treffend über die Flut der Meinungsumfragen und nennt die Vision einer besseren, gerechten Zukunft „Unser Traum“.

Schauspielerin Barbara Blümel gliederte mit ihren Rezitationen den Ablauf des Programmes. © Joerg Prochnow
Nach der Pause zwei wunderschöne Liebeslieder von Theodor Kramer, gesungen von Margita Oebbeke, die stellvertretend für die weiteren Solisten des Chores genannt sei. Selbst Reinhard Fehling lässt es sich nicht nehmen, in Helmut Richters „Erbschaft“ das, wie er sagt, „bestürzend aktuelle“ Thema des Turmbaus zu Babel als Sänger selbst vorzustellen.
Unmissverständliche Botschaft
Die Vergänglichkeit aller menschlichen Erzeugnisse, alles Irdischen, wäre jedoch nur die halbe Wahrheit des Konzerts. Denn mit der Frische der Stimmen der „Letzten Heuler“, ihren rhythmischen Appellen, mit den raffinierten Kompositionen Fehlings für „die wilde 7“ ist die Botschaft des Konzerts unmissverständlich.
Visionen und Utopien mögen noch so vage und unerfüllbar scheinen: Sie sind für die Menschen eine unerschütterliche Hoffnung, dass die Welt eines Tages besser werden wird. Auch dafür haben die Aufführenden unter Reinhard Fehling am Ende lang anhaltende stehende Ovationen verdient.