Der Trick für mehr Touristen in Kamen „Wir greifen die ab, die gar nicht zu uns wollen“

Mehr Touristen in Kamen: Stadt lotet Möglichkeiten aus
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Keine Nordsee, keine Alpen und nicht mal ‘ne Mosel. Dafür den Schiefen Turm, das Fördergerüst, den Sesekeweg, das Sportcentrum Kaiserau und eine einzigartige Verkehrsanbindung über das Kamener Kreuz. Die Stadt Kamen möchte mehr Touristen in die Stadt locken – aber wie? „Kamen ist nicht Nabel der Welt und kein Kurort. Es hat aber eine herausragende Lage. Deswegen sollten wir sichtbar machen, was wir haben und was wir können“, so die Beigeordnete Ingelore Peppmeier.

Kamen soll zeigen, was es hat, um mehr Touristen zu locken. Entsprechende Potenziale untersuchte jetzt Tim Pieper für eine von der Stadt Kamen in Auftrag gegebene Kurzstudie, die er im jüngsten Wirtschaftsausschuss vorstellte. Pieper ist Strategieberater bei der Dortmunder Firma Moduldrei. Ein Unternehmen, das sich auf die Beratung von Städten und Gemeinden spezialisiert hat. „Wir sind doch hier am Kamener Kreuz. Wie kann man es schaffen, dass jene Tausende, die dort durchfahren, vielleicht auch mal in Kamen bleiben?“

Der eingerüstete Förderturm der früheren Zeche Monopol.
Das Schachtgerüst der früheren Zeche Monopol, ein Industriedenkmal, könnte ein Anziehungspunkt für mehr Tourismus in Kamen werden. Der rote Riese wird zurzeit saniert. (Archivbild) © Stefan Milk

Bereitstellung eines Wohnmobilstellplatzes empfohlen

Er meint damit freilich nicht die klassischen Nordseeurlauber oder Bergwanderer. Sondern jene, die mit dem Wohnmobil auf der Durchreise vielleicht in Kamen einen Zwischenstopp einlegen wollen. „Ein Wohnmobilstellplatz fehlt. Man könnte sich darum bemühen, möglichst innenstadtnah einen solchen Platz, vielleicht auch ein Campingplatz, einzurichten, um ein Nachtlager anbieten zu können.“ Angekündigt wurde jüngst der Bau eines Wohnmobilstellplatzes an der Stadtgrenze – allerdings für die dort entstehende Tierklinik.

Zielgruppe, so Pieper, könnten künftig auch Geschäftsreisende und Arbeiter auf Montage sein, die sich zeitweilig in der Stadt aufhalten, aber nach Feierabend wenig Hinweise auf Freizeitgestaltung finden. Auch für Business-Reisende könnte die Stadt Angebotspakete schnüren – aus Veranstaltungstipps, besonderen gastronomischen Angeboten und Ausflugszielen. Und laut Bastian Nickel (SPD) könnte noch eine Zielgruppe infrage kommen: „Wir greifen die ab, die eigentlich gar nicht zu uns wollen.“ Das könnten Dortmund-Reisende sein, die Konzerte und Messen besuchen, denen die Nachbarstadt aber zu teuer ist.

Ein Gruppe von Radfahrerinnen und Radfahrern auf dem Sesekeweg in Kamen bei der Einweihung im Mai 2013.
Radfahren als Top-Thema in Kamen. Der Sesekeweg, hier bei der Einweihung im Mai 2013. Die Stadt Kamen, so ein Gutachter, nutze dieses Potenzial nicht. © Stefan Milk

Radfahren als touristisches Topthema

Die Rahmenbedingungen, um das zu schaffen, seien laut Pieper gar nicht so schlecht. Kamen hätte im Kreis Unna die meisten Hotel-Übernachtungszahlen, hauptsächlich durch das Hotel Mercure im Kamener Kreuz. Polen (809) sind in der Statistik 2023 die häufigsten Gäste, gefolgt von Briten (778), Niederländern (ebenso 778), Franzosen (730), Österreichern (609), Dänen (488), Belgiern (430), Liechtensteinern (313) und Schweden (242). Auch Chinesen, 217 an der Zahl, fanden in dem Jahr nach Kamen.

Das Topthema in Kamen sei unbezweifelbar das Radfahren, so Pieper. Das könne man noch deutlich besser entwickeln als bisher. „Es ist noch unterrepräsentiert.“ Es gebe auf der Internetseite der Stadt Kamen keine Verlinkungen zu passenden Radtouren – zum Beispiel über Komoot oder Outdooractive. Die Sehenswürdigkeiten seien dort zwar in einer Übersicht beschrieben, es würde aber für Außenstehende nicht deutlich werden, wo diese zu finden seien. Zuletzt entschied die Politik auf Empfehlung der Stadtverwaltung, einen Radweg am Mühlbach in Heeren-Werve nicht zu bauen.

Piepers Empfehlung: Wer mehr Touristen will, „muss mehr Power hineinstecken“. Ein Phantasialand, so Denis Aschhoff (SPD), werde Kamen auch dann nicht werden. „Aber das müssen wir ja auch niemandem vermitteln.“