Sinkende Mehrwertsteuer in Restaurants „Wer Preise senkt, muss mit dem Hammer gekämmt sein“

Gastronom rechnet nicht mit Preissturz durch sinkende Mehrwertsteuer
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Frittieröl, das sich durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine im Preis verdoppelt hat. Inflationär steigende Preise auch für Energie, Personal und vieles andere. Am Donnerstag (24.4.) kündigte der Deutsche Brauerbund für die kommenden Jahre auch noch höhere Bierpreise an. Marcus Kocha, Gastronom des spanischen Restaurants La Tapa Guapa am Alten Markt in Kamen, weiß, dass viele seiner Kollegen aufgeben mussten im Angesicht gestiegener Belastungen.

Die von der künftigen Bundesregierung angekündigte Steuererleichterung für die Gastronomie ab dem 1. Januar 2026 würde deswegen jenen Wirten, die die vergangenen schweren Jahre überlebt haben, durchaus helfen. Auch wenn sie für den einen oder anderen Kollegen zu spät komme, sei er zuversichtlich: „Ich rechne damit zu 95 Prozent. Doch ein Restrisiko ist noch vorhanden.“

Marcus Kocha, Wirt des spanischen Restaurants La Tapa Guapa.
Marcus Kocha, Wirt des spanischen Restaurants La Tapa Guapa, rechnet nicht mit einem Preissturz für Gäste, wenn für Gastronomen die Mehrwertsteuer gesenkt wird. © Stefan Milk

Geplante Mindestlohnerhöhung für Gastronomen „brutal“

Kocha führt das spanische Restaurant am Alten Markt seit Juni 2018 erfolgreich durch Krisen, die beispielsweise durch Corona bzw. Erdgasmangel ausgelöst wurden. Dass es mit der geplanten Mehrwertsteuersenkung von 19 auf 7 Prozent zu einem Preissturz in den Restaurants kommen wird, davon geht der 55-jährige Gastronom allerdings nicht aus. „Ich glaube nicht daran, dass es selbst ansatzweise zu einer Preissenkung kommen wird. Wer das als Gastronom tut, der muss mit dem Hammer gekämmt sein“, sagt er markig.

Deutliche Aussagen, denen er eine Erklärung nachschiebt. „Vor allem in personalintensiven Lokalen, wie wir eines sind, wird der Effekt durch gestiegene und weiter steigende Personalkosten aufgefressen.“ Erst recht dann, wenn die angekündigte Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro komme. „Das wird die Gastronomie brutal treffen.“

Marcus Kocha, Wirt des spanischen Restaurants „La Tapa Guapa“ in Kamen.
„Ich glaube nicht daran, dass es selbst ansatzweise zu einer Preissenkung kommen wird.“ Marcus Kocha, Wirt des spanischen Restaurants „La Tapa Guapa“, freut sich über die geplante Mehrwertsteuersenkung, weiß aber, dass der Effekt durch anderen Belastungen aufgefressen wird. © Stefan Milk

Statt Preissenkungen keine Preiserhöhungen

Immerhin. Auch wenn es vermutlich nicht zu Preissenkungen kommen wird, dürfte die Mehrwertsteuersenkung zumindest einen Effekt haben. „Wir werden vorläufig nicht gezwungen sein, die Preise zu erhöhen“, sagt Kocha. Im Angesicht der vielen Faktoren, aus denen sich ein Preis auf der Speisekarte zusammensetzt, sei das schon eine gute Nachricht.

„Eigentlich sind wir in der Gastronomie gezwungen, jedes Jahr die Preise anzupassen. Ansonsten geht es immer mehr zu Lasten der Wirte“, sagt er mit Blick auf weitere stets steigende Ausgaben wie Versicherungen und Mieten, die Gäste sprichwörtlich nicht immer auf der Rechnung haben. Zudem: Rücklagen zu bilden für Investitionen, um attraktiv zu bleiben, oder gar für die Altersvorsorge, sei für viele Wirte schon jetzt nahezu unmöglich.

Erklärung für die herausfordernde Situation

Kocha will kein Klagelied anstimmen, aber eine Erklärung geben für die durchaus herausfordernde Situation in seiner Branche, die sich dann auch als Preis auf der Speisekarte wiederfinde. Denn er ist zufrieden am Standort am Alten Markt in Kamen, mit dem er auch viele Kunden von auswärts in die Stadt lockt. Handlungsspielraum verschaffe ihm, so betont er, auch sein Vermieter, der in Kamen bekannte Investor Rolf Kamps. Der habe stets ein offenes Ohr für die Sorgen der Gastronomen.

Jetzt ist Kocha als Kamens „Spanier“ erst einmal zuversichtlich, dass die angekündigte Mehrwertsteuersenkung auch tatsächlich kommt. „Wir wollen unsere Angebote so attraktiv wie möglich halten. Auch mich ärgert es jedes Mal, wenn eine Preiserhöhung notwendig wird.“