Gastronomen aus Kamen und Bergkamen wollen die Politik einschalten, um auf ihre schwierige Situation hinsichtlich der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer aufmerksam zu machen. „Wir wollen den Kontakt zur Politik suchen“, kündigt Marcus Kocha, Geschäftsführer des spanischen Restaurants „La Tapa Gupa“, an. Im Blick hat der 53-jährige Gastronom vor allem den SPD-Bundestagsabgeordneten Oliver Kaczmarek, bei dem Verständnis für die Probleme geweckt werden sollen.
Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen soll zum Jahreswechsel auf 19 Prozent zurückgeführt werden. Durch Energiekrise und Inflation musste die Branche bereits kräftige Einbußen hinnehmen. Ullrich Neumann, Wirt des Alten Gasthauses Schulze-Beckinghausen in Westick hatte zuvor bereits gesagt: „Die Luft für uns Gastronomen wird immer dünner.“

Gastronom will seine Kosten offen legen
Marcus Kocha, der das spanische Restaurant am Alten Markt seit vielen Jahren erfolgreich führt, ist ebenso besorgt wie sein Kollege aus Westick, obwohl sich sein Lokal weiterhin ungebrochener Nachfrage erfreue. „Die Kunden kommen gezielt zu uns aus der ganzen Region und haben sich glücklicherweise über Preiserhöhungen noch nicht beschwert“, sagt er.
Kocha ist sich aber nicht sicher, ob das bei einer nächsten Preisrunde auch der Fall sei. Deswegen hat er sich schon Gedanken gemacht, wie er einen weiteren Aufschlag seinen Gästen erklären würde, falls die Situation eintritt. „Dann würde ich die Kosten offenlegen – beispielsweise mit Einlegern in der Speisekarte oder auf meiner Seite im Internet.“

Preis für Frittieröl nach wie vor doppelt so hoch wie vor der Krise
Offen legen wollen Kocha und andere Gastronomen die Situation auch der Politik, weil dort möglicherweise nicht in allen Details bekannt sei, was es bedeute, ein Restaurant oder eine Kneipe zu führen. „Man kann zwar pauschal sagen: Nach Corona ist es wieder voll. Aber mehr Umsatz bedeutet auch nicht immer mehr Gewinn“, sagt Kocha mit Verweis auf die gestiegenen Kosten.
Als Beispiel führt er den Preis für Frittieröl an. Vor dem Ukraine-Krieg samt Energiekrise habe er dafür monatlich 400 Euro ausgegeben, danach seien es in der Spitze 1200 Euro gewesen. „Jetzt gebe ich 800 Euro aus, das ist aber immer noch doppelt so viel wie zuvor“, berichtet er. Die Kosten für Lebensmittel seien in jüngster Zeit um durchschnittlich 50 Prozent angestiegen.
Kein finanzieller Puffer für Investitionen oder die Altersvorsorge
Während Kocha die Energiekrise nicht allzu hart trifft, weil er mit den GSW langfristige Verträge geschlossen hat, schlagen aber Steigerungen bei den Personalkosten durch die Erhöhung des Mindestlohns im Oktober vorigen Jahres zu Buche. Ca. 30 Beschäftige arbeiten zeitversetzt in dem Lokal, überwiegend Mini-Jobber, die Mindestlohn erhalten – auch jene, die unter 18 Jahre alt sind. Weil zu dem Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde noch durchschnittlich fünf Euro Trinkgeld dazu kommen, seien seine Mitarbeiter mit dem Verdienst zufrieden. Personalintensive Betriebe, wie das im spanischen Restaurant der Fall sei, müssten diesen Posten aber erst einmal erwirtschaften, so Kocha. „Es ist jetzt schon so, dass man keinen Puffer anlegen kann.“ Einen Puffer beispielsweise für Investitionen, um weiterhin attraktiv bleiben zu können. Von Kollegen aus der Branche weiß er, dass diese nicht einmal Geld in ihre Altersvorsorge investieren könnten.
Kocha stuft die geplante Rückführung der Mehrwertsteuer demnach als Risiko für die gesamte Branche ein. „Ziel muss sein, dass diese dauerhaft so niedrig bleibt, wie sie jetzt ist.“