Wer sich gerade noch gefreut hat über die neu gestaltete Fahrradstraße, die zwischen Maibrücke und dem Rathaus in Kamen verläuft, ist schnell zurück in der tristen Radfahrer-Realität, wenn er seinen Weg über die Koppelstraße fortsetzt. Über weiße Markierungen und einen rot gepflasterten Weg werden Radfahrerinnen und Radfahrer auf den Bürgersteig der Koppelstraße geführt, vorbei an verblassten Linien und verwitterten Radfahr-Piktogrammen.
„Wer hier fährt, der kann gar nicht anders, als zu denken, dass hier der Radweg verläuft“, sagt Radfahr-Experte Klaus Holzer, der zusammen mit unserer Redaktion regelmäßig kritische Stellen in Kamens Radwege-Netz benennt. Der Radweg an der Koppelstraße ist nicht nur an vielen Stellen heikel, sondern auch gefährlich. Und er birgt eine Überraschung. Doch dazu später.

Vorteile und Nachteile auf kurvenreichem Radweg an gerader Straße
Der deutlich von der Fahrbahn abgetrennte Radweg macht das Radfahren auf der Koppelstraße zweifellos sicherer, weil sich Radler und Autofahrer lediglich an den Einmündungen von Gerberweg, In der Aue, Bollwerk und Kalthof begegnen – und dort weiß gestrichelte Linien und rote Markierungen anzeigen, dass Radfahrer kreuzen. Vorteil Radfahrer.
Heikel wird es dort, wo Schlaglöcher den Weg kreuzen, wo Markierungen komplett verschwinden oder dort, wo sich Radfahrer per Schwenk wieder in den fließenden Verkehr einordnen sollen – direkt vor dem Kreisverkehr Lünener Straße/Edelkirchenhof und dem Kreisverkehr vor dem Rathaus. Der Radweg, der eigentlich an der geraden Straße verläuft, ist zudem sehr kurvenreich, weil er immer wieder verschwenkt wird. Wer das im Dunkeln übersieht, landet im Matsch. Nachteil Radfahrer.

Eine Überraschung für so manchen Radler
Holzer deutet auf einen Radfahrer, der offenbar deswegen lieber gleich die Straße nutzt und den daneben liegenden Radweg ignoriert. „Der macht es richtig“, sagt Holzer. Der Radfahrer, der neben dem Radweg fährt, macht es zumindest nicht falsch. Und das ist die Überraschung, mit der wohl die wenigsten Radlerinnen und Radler, die dort verkehren, rechnen. Der mit Piktogrammen, weißen Linien und einigen Radwege-Schildern gekennzeichnet Weg ist nämlich gar kein benutzungspflichtiger Radweg.
Das machte die Stadtverwaltung jetzt gegenüber Klaus Holzer deutlich, als er eine entsprechende Anfrage an das Rathaus stellte. „Bei der Radverkehrsführung auf der Koppelstraße handelt es sich um einen Radweg ohne Benutzungspflicht“, so die Antwort aus dem Fachbereich Bürgerdienste. „Radfahrer sind daher nicht verpflichtet, diesen zu benutzen. Er dient lediglich als Alternative zum Fahren auf der Fahrbahn.“ In der Tat: Blaue Radweg-Zeichen, die auf eine Benutzungspflicht hinweisen, gibt es nicht.

Einiges dafür getan, um unbefriedigende Situation zu lösen
Trotz aller Unzulänglichkeiten lässt sich nicht leugnen, dass die Stadtverwaltung einiges getan hat, um auf der Koppelstraße die teilweise unbefriedigende Situation zu lösen. Die Einmündungen beispielsweise zur Hochstraßenauffahrt und zur Straße Am Schwimmbad bieten durch gut sichtbare Markierungen in Rot zusätzlichen Schutz. Und wer aufs Rathaus zufährt und in den dortigen Mini-Kreisel einbiegt, trifft auf ein kreisrundes Schild, das sogar wie selbst gemalt aussieht und die Bemühung anzeigt, den Verkehr zu lenken: Es zeigt an, wie durch die Gabelung Fußgänger und Radfahrer getrennt werden.
Für Holzer steht fest, dass der Radweg, der eigentlich nur ein Angebot ist, nicht wirklich fahrradfreundlich ist. Alternativ könnte er über die Straße fahren, ohne eine Verkehrsregel zu brechen. „Doch dann wird man ständig angehupt.“