
© Christian Greis
„Ich habe mich richtig geärgert“: Holzwickeder Arzt über die deutsche Test-Strategie
Corona-Pandemie
Ein Hausarzt aus Holzwickede kritisiert die Test-Strategie, die das Robert-Koch-Institut zu Beginn der zweiten Corona-Welle ausgerufen hat. In Selbst-Tests sieht er eine große Chance.
Zu wenige Tests und ein chaotischer Impfstart: Spätestens seit dem 3. November, so beurteilt es der Allgemeinmediziner Dr. Udo Pappert aus Holzwickede, ist der Fahrplan für die bundesweite Test-Strategie in der Corona-Pandemie absolut fehlerhaft. Der Hausarzt ist mit der seitdem geltenden Empfehlung des Robert-Koch-Institutes (RKI), nur bei Patienten mit starken Symptomen einen Corona-Test durchzuführen, überhaupt nicht einverstanden.
In seiner Praxis am Markt, so berichtet er, habe er im vorgegebenen Rahmen das umgesetzt, was seiner Auffassung nach seit Beginn der Pandemie am wichtigsten ist: „Ich bin ein großer Freund von Tests“, sagt Pappert. Nur wer weiß, dass er positiv ist, könne andere schützen und sich in Quarantäne begeben.
Eine konsequente Test-Strategie ist wichtig für die Rückkehr in die Normalität
Nach dem ersten Lockdown sei flächendeckend verhältnismäßig viel auf das Coronavirus getestet worden, zu Beginn des zweiten Lockdowns sei die Test-Strategie dann eben geändert worden. Bei leichten Krankheitssymptomen, so die Marschroute, sollten die Hausärzte ab November in der Regel auf einen Test verzichten. Danach fingen die zweite Welle und der Lockdown erst so richtig an.
„Ich habe Patienten hier gehabt, die symptomatisch waren, aber in vier Arztpraxen zuvor abgewiesen wurden – und dann doch positiv waren“, erzählt Pappert. Er selbst sei der Empfehlung des RKI nicht immer vollständig gefolgt. Er hat in seiner Praxis stets versucht Abstriche zu machen, wenn er es für nötig hielt.
Die Erfahrung habe gezeigt, dass die Schwere der Krankheitssymptome nur wenig über die Möglichkeit einer Corona-Infektion aussagt: „Wir hatten schon Patienten, die nur leichte Halsschmerzen, leichte Kopfschmerzen, etwas Fieber oder etwas Schnupfen hatten und dennoch mit Corona infiziert waren. Denn man muss wissen, dass die Infektiosität zirka zweieinhalb Tage vor und bis neun Tage nach Symptombeginn gegeben ist.“
Dass die Test-Strategie im November geändert wurde, kann er daher gar nicht nachvollziehen. „Ich habe mich richtig geärgert“, sagt der Allgemeinmediziner, hält vor allem eine konsequente Test-Strategie und auch eine gute Impfkampagne für sinnvoll, wenn man die Pandemie erfolgreich eindämmen will.
Zumal er sich sicher ist, dass es an den Test-Kapazitäten – anders als es seitens des RKI erklärt worden sei – nicht gescheitert wäre: „Wenn ich schnell zurück in die Normalität will – und das wollen wir alle – dann muss ich viel mehr testen und vor allem viel, viel schneller impfen.“
Laientests: Im Zweifel schlagen sie eher falsch positiv aus, nicht andersherum
Zur Diskussion bezüglich der Selbst-Tests hat er eine klare Haltung, sieht darin gewissermaßen eine Chance. Sorgen machen müssten sich Patienten, die sich selbst testen wollen, nicht. Laut Pappert sollen die Tests eine Sicherheit von mehr als 90 Prozent bieten: „Die sind aber ohnehin darauf ausgelegt, dass sie im Zweifel eher falsch positiv ausschlagen und nicht andersherum“, sagt der Holzwickeder Hausarzt.
Hinzu komme die Tatsache, dass man nach einem positiven Testergebnis bei sogenannten Laientests noch einen PCR-Test bei seinem Hausarzt absolvieren muss. Bei ihnen liege die Sicherheit bei 96 Prozent. „Wer Symptome hat, der muss getestet werden und es muss viel viel schneller geimpft werden, auch durch uns niedergelassenen Ärzte“, sagt Pappert. Nur so könne man die Pandemie in den Griff bekommen. „Und je mehr überhaupt getestet wird, auch mit Selbsttests, umso eher kann eine von uns allen gewünschte Rückkehr ins normale Leben mit Besuchen von Restaurants, Konzerten, Kinos, Kulturveranstaltungen, Fußballspielen und Kneipenabenden erfolgen.“
1993 in Hagen geboren. Erste journalistische Schritte im Märkischen Sauerland, dann beim Westfälischen Anzeiger in Werne. Spielt in seiner Freizeit gerne Handball und hört Musik.
