Wildes Camp im Holzwickeder Gewerbegebiet Heroin-Patienten chillen auf Sofas an der Wilhelmstraße

Wildes Camp im Gewerbegebiet: Diamorphin-Patienten nutzen Sofas und Teppich
Lesezeit

Es wirkt wie eine Szenerie aus einem gemütlichen Garten. Im Schatten eines großen Baumes stehen zwei wettergegerbte Sofas, dazwischen ist der Boden mit einem lila-weiß-gestreiften Teppich bedeckt. Beim genaueren Hinsehen wirken die Möbel zerschlissen. Offensichtlich haben sie schon bessere Zeiten gesehen.

Eine Gruppe Menschen hat es sich auf den Sofas gemütlich gemacht. Sie sind Patienten der Diamorphinambulanz, die an diesem Dienstagmittag (13. August) zwischen Altkleidercontainern und den Ein- und Ausfahrten des großen Parkplatzes an der Wilhelmstraße der Sommerhitze trotzen.

Dieser Lagerplatz hat entsprechende Reaktionen hervorgerufen, so unter anderem eine Meldung im digitalen Mängelmelder der Gemeinde. Dort schreibt ein Nutzer: „Nicht schön anzuschauen. Nichts gegen die Klinik in der Wilhelmstraße. Aber anscheinend sind sie von der Bushaltestelle vertrieben worden und halten sich nun zwischen den Containern mit Sofa und Teppich auf.“

Die Außenansicht der Diamorphinambulanz in der Holzwickeder Wilhelmstraße.
In der Diamorphinambulanz in der Wilhelmstraße werden heroinabhängige Menschen behandelt. © Michael Neumann

„Das ist Fakt“, sagt Chris, der mit einer kleinen Gruppe an diesem Dienstag an der Wilhelmstraße anzutreffen ist. Die Situation an der Bushaltestelle habe immer mehr zu Konflikten geführt, es seien sogar Beschwerden an die VKU gerichtet worden, deswegen hätten sich die Patienten der Diamorphinambulanz einen anderen Ort gesucht.

Woher die Möbel stammen, wissen die Anwesenden nicht. Sie vermuten, dass Sofas und Teppich aus einer illegalen Sperrmüllkippe stammen. „Die Möbel standen erst auf einem Stapel, einen Tag später waren sie so angeordnet“, erzählt Alex, der während des Gesprächs auf einem der Sofas sitzt. Sie selbst hätten das kleine Camp nicht angelegt, versichert er, sondern vorgefunden und würden es nun nutzen.

Geeignete Aufenthaltsflächen fehlen

Dass sie von Passanten und Anwohnern mit Argwohn und teilweise auch mit Unbehagen betrachtet werden, ist den Patienten der Diamorphinambulanz bewusst. „Die Leute scheinen zu erwarten, dass wir uns in Luft auflösen, nachdem wir unsere Medikamente erhalten haben“, vermutet Chris. „Doch viele von uns kommen von weit her, andere sind obdachlos.“ Es fehle im direkten Umfeld der Praxis an geeigneten Aufenthaltsflächen.

An der Bushaltestelle in der Wilhelmstraße stehen einige Patienten der Diamorphinambulanz.
Lange Zeit sammelten sich die Patienten der Diamorphinambulanz an der Bushaltestelle. © Greis

„Wir tun niemandem etwas und räumen auch hinter uns auf. Wir wollen nur unsere Ruhe“, erklärt Alex. „Wir sind auch nur Menschen, auch wenn wir im Leben falsch abgebogen sind“, ergänzt Chris.

Eine Einschätzung, die von der Polizei geteilt wird: „Diese Leite sind nicht aggressiv“, erklärte der Leiter der Polizeiwache Unna, Uwe Bergmeier, bei der Vorstellung der Holzwickeder Kriminalitätsstatistik. „Die Personen, die harte Drogen konsumieren, sind nicht diejenigen, die Gewalt anwenden.“

Dennoch sorgt die Situation weiterhin für Unfrieden und Ängste im Norden der Gemeinde. Und natürlich kann das kleine Camp nicht dauerhaft zwischen den Altkleidercontainern bleiben. Das Ordnungsamt der Gemeinde hat sich der Sache angenommen, der Eintrag im Mängelmelder ist als „gelöst“ markiert.

Ordnungsamt nimmt sich der Sache an

„Hierzu wurde unser Außendienst beauftragt, den genannten Sachverhalt im Rahmen des Außendienstes zu kontrollieren“, heißt es auf der Website. „Eventuelle sich hieraus ergebende weitere Schritte werden von hier aus weiter bearbeitet.“

Wie diese Schritte aussehen, blieb zunächst offen. Auf das Ordnungsamt angesprochen, erklärten die anwesenden Patienten der Diamorphinambulanz am Dienstagmittag, dass sie bislang keinen Kontakt mit Mitarbeitern gehabt hätten.

Doch auch wenn Sofa und Teppich weggeräumt werden, werden die Patienten nicht verschwinden. Vielmehr werden sie sich dann an einem anderen Ort treffen.